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Vom Klang der Totenkopfpfeife

Sommerschule Musikarchäologie im Topoi-Haus in Dahlem, internationale Tagung im Ethnologischen Museum, Konzert: 10. September, 20 Uhr

02.09.2014

Alte Musikkulturen neu erwecken: Die Musikarchäologen Arnd Adje Both, Olga Sutkowska und Jana Kubatzki (v.l.) spielen auf Nachbauten von jahrhundertalten Instrumenten.

Alte Musikkulturen neu erwecken: Die Musikarchäologen Arnd Adje Both, Olga Sutkowska und Jana Kubatzki (v.l.) spielen auf Nachbauten von jahrhundertalten Instrumenten.
Bildquelle: Annika Middeldorf

Pfeifen wie die Römer, zirpen wie die Maya und trommeln wie die Griechen: Mit historisch getreuen Instrumenten-Nachbauten erwecken Musikarchäologen den Klang vergangener Musikkulturen wieder zum Leben. Anlässlich einer kleinen Sommerschule des Berliner Antike Kollegs am 7. und 8. September und des 9. Symposiums der International Study Group on Music Archaeology (ISGMA) vom 9. bis 12. September können Interessierte mehr zum Studium antiker Musik erfahren. Am Mittwoch, 10. September, findet um 20 Uhr ein Konzert im Ethnologischen Museum statt.

Wenn sich Arnd Adje Both, Jana Kubatzki und Olga Sutkowska zur Jam-Session treffen, gibt es keinen Verstärker und kein Keyboard – dafür Froschflöten aus der Maya-Zeit oder 700 Jahre alte Totenkopfpfeifen der aztekischen Kultur. Die drei Musikarchäologen spielen auf Nachbauten von Instrumenten, die mehrere Jahrhunderte alt sind. „Der Klang dieser Instrumente ist sehr speziell und unserem Musikverständnis zum Teil entgegengesetzt“, sagt Arnd Adje Both.

Der Wissenschaftler des Deutschen Archäologischen Instituts und Lehrbeauftragte am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin erforscht insbesondere die Musikkultur des vorspanischen Amerikas. „Damals war Musik vor allem ein Mittel, um ekstatische Zustände zu provozieren“, erklärt Both. „Das Spiel der Instrumente war nur bestimmten Personen wie Schamanen oder Priestern vorbehalten und Teil eines rituellen Geschehens, zu dem meist auch die Einnahme psychoaktiver Substanzen gehörte“, sagt Both.

Aus der griechischen Antike sind zahlreiche Musiktexte und -abbildungen überliefert

„Nach unserem heutigen Musikverständnis kann jeder musizieren, um Konsonanz, also wohlklingende Töne, zu erzeugen. Das war aber nicht immer so“, ergänzt Jana Kubatzki. Die Musikarchäologin hat zur Musik im antiken Opferkult promoviert. Für diese Epoche – 8. bis 4. Jahrhundert vor Christus – sei die Quellenlage vergleichsweise gut: „Aus der griechischen Antike sind viele Texte und Abbildungen überliefert, die Musiker, Instrumente und die Anlässe zum Musizieren beschreiben“, sagt Kubatzki. Auch der sogenannte Aulos – ein Blasinstrument aus der griechisch-römischen Antike – der von der Doktorandin Olga Sutkowska erforscht und auch selbst gespielt wird, findet sich in zahlreichen historischen Quellen.

Musikinstrumente als Grabbeigaben

Bei deutlich älteren Musikkulturen, die in den drei- bis viertausend Jahren der Kulturentwicklung Amerikas entstanden sind, ist die Quellenlage dürftiger: „Manchmal ist das Instrument selbst die einzige Forschungsgrundlage“, sagt Arnd Adje Both. „Wenn es in einem guten Zustand ist, ist das schon ein echter Glücksfall. Aber es bleibt ein großer Interpretationsspielraum über die Verwendung des Instruments.“ Der Raum für Spekulationen werde durch den archäologischen Kontext eingegrenzt, etwa wenn Instrumente in Gräbern gefunden werden. Das war der Fall bei den papagaienförmigen Pfeifengefäßen aus Keramik aus der Moche-Kultur, von denen Both einen Nachbau besitzt. Die südamerikanische Kultur entwickelte sich vom 1. bis zum 8. Jahrhundert. Aber auch bei diesem Instrument bleiben Fragen offen: Waren die Instrumente Teil eines Bestattungsrituals? Oder waren es persönliche Gegenstände der Verstorbenen, die ihnen mit ins Grab gegeben wurden? „Das alles wissen wir nicht. Aber den Klang können wir mit unseren Nachbauten wiedergeben“, sagt Both.

Weitere Informationen

Concert Demonstrations

Zeit und Ort

  • Mittwoch, 10. September 2014 um 20 Uhr
  • Ethnologisches Museum, Lansstraße 8, 14195 Berlin (U-Bhf. Königin-Luise-Straße, U3)
  • Programm: Einführung: Lars-Christian Koch – Ricardo Eichmann

VentOs – Contemporary Music for Paleolithic Flutes and Percussion (Anna Friederike Potengowski – Georg Wieland Wagner)

-no title- (Steev Kindwald)

La Vihuela Marianita de Quito (Carlos Gonzalez – begleitet von: Mabel Ruiz)

Mood Music: Personal Songs from a Singing Archaeologist (Sander Macquoy)

Kleine Sommerschule „Musikarchäologie” – Eine Einführung in das Studium antiker Musik

Eine Veranstaltung des Berliner Antike-Kollegs in Kooperation mit EMAP („European Music Archaeology Project“).

Zeit und Ort

  • Sonntag, 7. September, 9.30 bis 18.45 und Montag, 8. September, 10 bis 18 Uhr
  • Topoi Haus Dahlem, Vortragssaal, Hittorfstr. 18, 14195 Berlin (U-Bhf. Thielplatz, U3)
  • Programm

9th Symposium of the International Study Group on Music Archaeology:
Klang – Objekt – Kultur – Geschichte

Die internationale Tagung wird vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) und dem Ethnologischen Museum Berlin ausgerichtet.

Zeit und Ort

  • Dienstag, 9. September bis Freitag, 12. September
  • Ethnologisches Museum, Lansstraße 8, 14195 Berlin, Germany
  • Programm