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Große Bühne für die Acker-Schmalwand

Biologiestudentin Miriam Lohr von der Freien Universität Berlin ist mit dem Katharina-Heinroth-Preis ausgezeichnet worden

20.01.2017

Die Laborarbeit gefällt Miriam Lohr an ihrem Biologiestudium besonders gut. Eine Zukunft als Wissenschaftlerin kann sie sich gut vorstellen.

Die Laborarbeit gefällt Miriam Lohr an ihrem Biologiestudium besonders gut. Eine Zukunft als Wissenschaftlerin kann sie sich gut vorstellen.
Bildquelle: Peter Schraeder

Arabidopsis thaliana ist eine kleine, unscheinbare Pflanze, die an den Rändern von Äckern oder Wäldern wächst. Für Miriam Lohr, die ihre Bachelorarbeit über die gemeine Acker-Schmalwand geschrieben hat, wie die Pflanze auf Deutsch heißt, ist es ein besonderes Gewächs. Schließlich hat sie ihr eine Auszeichnung verschafft: Die Biologiestudentin hat für ihre Abschlussarbeit im Bereich Genetik mit dem Titel „The role of BBX20 in photomorphogenesis in A. thaliana" den Katharina-Heinroth-Preis bekommen.

Verliehen wird er jährlich von der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin, ausgezeichnet werden „hervorragende studentische Abschlussarbeiten im Bereich Biologie“. Erwartet hatte Miriam Lohr die Auszeichnung nicht: „Ich habe noch nie etwas gewonnen“, sagt sie lachend. Es sei schon eine Ehre gewesen, für den Preis überhaupt vorgeschlagen worden zu sein.

Bachelor-Arbeit über unscheinbare Pflanze

Erst während des Bachelorstudiums hatte die 23-Jährige ihr Interesse an der Genetik entdeckt – dabei hatte sie zunächst Zahnmedizin studieren wollen. Als sie den Studienplatz damals nicht bekam, entschied sie sich für Biologie – und ist damit heute sehr zufrieden.

Später möchte sie in der Forschung arbeiten. Ihre Bachelor-Arbeit hat sie daher gleich auf Englisch geschrieben, denn wer biologische Ergebnisse veröffentlichen will, tut das ohnehin meist auf Englisch. Der Titel ihrer Arbeit dürfte für Laien erstmal kryptisch klingen: „The role of BBX20 in photomorphogenesis in A. thaliana". Was bedeutet das?

Die drei Preisträgerinnen (v. l. n. r.): Julia Kraft (HU Berlin), Pauline Sell (HU Berlin), Miriam Lohr (Freie Universität).

Die drei Preisträgerinnen (v. l. n. r.): Julia Kraft (HU Berlin), Pauline Sell (HU Berlin), Miriam Lohr (Freie Universität).
Bildquelle: Prof. Dr. Walter Sudhaus

Arabidopsis thaliana ist für Biologen ein Modellorganismus: Aufgrund ihrer Eigenschaften eignet sich die Acker-Schmalwand besonders gut für die Forschung. Mit Photomorphogenese bezeichnen Biologen den Einfluss, den Licht auf die Entwicklung und Gestalt einer Pflanze hat, also zum Beispiel wie Stängel oder Blätter ausgeformt sind. Gesteuert wird dieser Prozess unter anderem von dem Protein BBX20.

Miriam Lohr hat in ihrer Arbeit untersucht, was mit den Keimlingen der Acker-Schmalwand passiert, wenn die Pflanze mehr dieser Proteine produziert als üblich – oder aber gar keine. Dafür hat sie den genetischen Code der Pflanze mit der neuartigen CRISPR/Cas-Methode verändert – ein erst vor wenigen Jahre entwickeltes Verfahren, mit dem sich der genetische Code sehr viel präziser und kostengünstiger schneiden und verändern lässt, als das früher der Fall war. Die Biologie-Studentin veränderte das Genom so, dass kein funktionsfähiges BBX20 mehr produziert wurde. Das Ergebnis: Die Gestalt der Keimlinge veränderte sich stark. Damit konnte Miriam Lohr nachweisen, dass BBX20 ein entscheidender Faktor für die Entwicklung der Pflanze ist.

Berufswunsch Biologin

Ein Masterstudium im Bereich Molekulare Lebenswissenschaft hat Miriam Lohr inzwischen an der Humboldt-Universität zu Berlin aufgenommen. Im Labor des Instituts für Angewandte Genetik der Freien Universität ist sie weiterhin regelmäßig, denn seit Dezember arbeitet sie als studentische Hilfskraft bei Henrik Johansson. Der promovierte Biologe am Institut für Angewandte Genetik hatte ihre Bachelorarbeit betreut und sie auch für den Katharina-Heinroth-Preis vorgeschlagen.

Wenn Miriam Lohr nicht gerade in Vorlesungen sitzt oder die Pipette zur Hand nimmt, liest sie gerne, trifft Freunde, macht Yoga – oder sie strickt. Für die Arbeit im Labor interessiert sie sich auch deshalb, weil sie gerne mit den Händen arbeitet. Bei der feierlichen Preisverleihung hat sie ihre Arbeit vorgestellt, eine Zusammenfassung wird sie in der Zeitschrift der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin veröffentlichen. Ein wichtiger Schritt auf ihrem Weg zur Wissenschaftlerin.

Weitere Informationen

Ein weiterer Katharina-Heinroth-Preis (insgesamt wurden drei verliehen) ging an Pauline Sell. Die Pharmazie-Absolventin befasst sich in ihrer Masterarbeit mit der „Kultivierung und Funktion mikrobieller Symbionten aus dem Substrat von Termitenkolonien“. Hierbei konnte sie zeigen, dass Termiten eine Vielzahl von Mikroorganismen aktiv kultivieren, die ihnen helfen, den Nestbereich weitestgehend keimfrei zu halten. Die Arbeit trägt somit zur Suche nach neuen Antibiotika bei.

Die Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin e. V. wurde 1773 gegründet und ist die älteste privat gegründete noch aktive wissenschaftliche Vereinigung Deutschlands. Seit 1955 ist sie eng mit der Zoologie der Freien Universität Berlin verbunden. Anliegen der Gesellschaft ist es, zur Vertiefung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse beizutragen. Zu ihren Mitgliedern gehörten unter anderem Alexander von Humboldt, Ernst Haeckel, Rudolf Virchow und Walther Arndt sowie Konrad Lorenz. Den Katharina-Heinroth-Preis schreibt die Gesellschaft seit 1994 aus.