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Auch Beratungsprofis brauchen Rat

Erfahrungsaustausch der Beratungsstellen an Berliner und Brandenburger Universitäten fand in Dahlem statt

13.12.2017

Ob Fragen zu formalen Regeln oder dem persönlichen Engagement: Bei den Beraterinnen und Beratern, die zum Erfahrungsaustausch an die Freie Universität gekommen waren, war der Gesprächsbedarf groß.

Ob Fragen zu formalen Regeln oder dem persönlichen Engagement: Bei den Beraterinnen und Beratern, die zum Erfahrungsaustausch an die Freie Universität gekommen waren, war der Gesprächsbedarf groß.
Bildquelle: Nora Lessing

Welche Regeln gelten für Bewerbung und Zulassung internationaler Studierender? Was tun, wenn man als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter einer Studienberatung nicht weiterhelfen kann? Und wie informiert man Studierende zielgerichtet und effektiv? Solchen Fragen gingen Beraterinnen und Berater der Berliner und Brandenburger Universitäten im Rahmen der Netzwerk- und Austauschveranstaltung „Service für Studierende“ nach. Organisiert wurde diese auf Initiative der Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologischen Beratung von Neslihan Berrais, Sarah Hostmann und Sebastian Mebes, die selbst Studierende beraten und auch selbst Workshops anboten.

Familiäre Verpflichtungen oder persönliche Schaffenskrisen von Studierenden – Beraterinnen und Berater an Universitäten sind mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert und nicht immer haben sie spontan die passende Lösung parat. Einige wünschen sich mehr Fortbildung oder wollen kreative Beratungsmethoden erlernen. Andere fragen sich, mit welchen Kommunikationsmethoden schwierige Gespräche am besten zu bewältigen sind. Miteinander ins Gespräch kamen sie bei einem Workshop-Tag an der Freien Universität. Hier tauschten sie sich über Erfahrungen aus, erarbeiteten Lösungsvorschläge und überlegten gemeinsam, was gute Beratung ausmacht. Die rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten an vier verschiedenen Workshops teilnehmen und gaben sich dort im kleinen Kreis gegenseitig Hilfestellungen an die Hand.

Der Psychoanalytiker und ehemalige Leiter der Zentraleinrichtung Hans-Werner Rückert gab in seinem Workshop „Beratungsverhalten in der Praxis – Kollegiale Supervision“ Tipps zum Umgang mit schwierigen Beratungssituationen.

Der Psychoanalytiker und ehemalige Leiter der Zentraleinrichtung Hans-Werner Rückert gab in seinem Workshop „Beratungsverhalten in der Praxis – Kollegiale Supervision“ Tipps zum Umgang mit schwierigen Beratungssituationen.
Bildquelle: Nora Lessing

„Sie könnten sich unter anderem fragen, ob Sie tatsächlich für alles verantwortlich sind“, riet Hans-Werner Rückert in seinem Workshop „Beratungsverhalten in der Praxis – Kollegiale Supervision“. Der Psychoanalytiker und ehemalige Leiter der Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologische Beratung der Freien Universität Berlin, der inzwischen freiberuflich eine Praxis betreibt, kennt die Sorgen und Nöte von Studierenden aus eigener langjähriger Erfahrung. An diesem Tag fragten ihn acht Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer nach Methoden, ihre Klienten zu motivieren. Auch wollten sie wissen, wie sie als Beratende Grenzen ziehen können, wenn das Anliegen eines Ratsuchenden die eigene Kompetenz übersteigt.

Der berufliche Hintergrund der Teilnehmenden, die von verschiedenen akademischen Einrichtungen in Berlin und Brandenburg zum Workshop an die Freie Universität gekommen waren, ist vielfältig: Während eine Beraterin sich primär um Studierende mit körperlichen Einschränkungen kümmert, ist ein anderer für die Beratung in Sachen Studienfachwahl zuständig. Eine Teilnehmerin aus dem Studierenden-Service-Center einer weiteren Hochschule berichtet von einer Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben und 150 bis 350 Anfragen am Tag. „Man muss sehr konzentriert nachfragen, hat aber einfach nicht die Zeit, mit jedem Einzelnen ein tiefgründiges Gespräch zu führen.“ Das sind Probleme, mit denen sich viele, die zum Workshop gekommen sind, auseinandersetzen müssen. Hans-Werner Rückerts allgemeiner Ratschlag lautete, zunächst das konkrete Beratungsmodell zu klären. „Sehen Sie Ihre Aufgabe eher darin, zu moderieren und durch gezieltes Fragen Menschen bei der persönlichen Entwicklung zu helfen, oder sind Sie eher fachlicher Ansprechpartner und klären über konkrete Irrtümer auf?“

Zum Erfahrungsaustausch kamen rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Beratungsstellen an Berliner und Brandenburger Universitäten nach Dahlem.

Zum Erfahrungsaustausch kamen rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Beratungsstellen an Berliner und Brandenburger Universitäten nach Dahlem.
Bildquelle: Nora Lessing

Eine weitere Teilnehmerin berichtete von Hilfesuchenden, die derart belastet sind, dass aus ihren Studienvorhaben gar nichts werden könne, was sie als Beraterin in eine knifflige Lage versetzen würde. Auch hierfür hat Hans-Werner Rückert eine Erklärung: Hintergrund seien häufig unrealistische Erwartungen. Klienten wünschten sich, dass Beraterinnen und Berater ihnen gut zuredeten und Sicherheit gäben. „Es geht darum, Komplexität zu reduzieren“, sagte Rückert. „Sie als Beraterin sollen bei der richtigen Entscheidung helfen und sagen: Das klappt schon. Das ist aber nicht immer der Fall. Wenn jemand mit dem Kopf durch die Wand will, sollten Sie ihn nicht dazu ermutigen, dass er das fortsetzt.“

Hier empfiehlt der Workshop-Leiter, behutsam die Einsicht zu vermitteln, dass es nicht für alles eine Lösung gibt und ein Scheitern manchmal unvermeidlich ist. „Bob Dylan singt: There’s no success like failure.“ Was zunächst belastend und traurig klänge, könnte ganz unterschiedliche Ursachen haben und sähe mit etwas Abstand auch häufig wieder ganz anders aus. „Holen Sie in so einer Situation nicht sofort die Taschentücher heraus, sondern grenzen Sie sich innerlich ab und machen Sie sich klar, dass sie nicht die ganze Wahrheit kennen. Was uns in dem Moment als Katastrophe erscheint, ist vielleicht eigentlich eine relative Katastrophe.“

Organisierten die Netzwerk- und Austauschveranstaltung „Service für Studierende“ in Dahlem: Neslihan Berrais, Sarah Hostmann und Sebastian Mebes (v.l.n.r.) von der Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologische Beratung.

Organisierten die Netzwerk- und Austauschveranstaltung „Service für Studierende“ in Dahlem: Neslihan Berrais, Sarah Hostmann und Sebastian Mebes (v.l.n.r.) von der Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologische Beratung.
Bildquelle: Nora Lessing

Neben den Workshops von Hans-Werner Rückert bot Organisatorin Neslihan Berrais einen Kurs zur Bewerbung, Zulassung und Beratung internationaler Studieninteressierter an. Einem weiteren Dauerthema in der Beratung von Studierenden widmete sich Sarah Hostmann in ihrem Workshop „Informationsveranstaltungen wirkungsvoll gestalten“. Hier erarbeiteten die Teilnehmenden eine Liste mit Tipps zur interaktiven Gestaltung von Informationsveranstaltungen. Am Nachmittag trafen sich alle bei Kaffee und Häppchen, um sich kennenzulernen und zukünftige Kooperationen anzustoßen.

„Unsere Idee war, aktiv für mehr Austausch zwischen den verschiedenen Beratungseinrichtungen zu sorgen“, erläutert Sebastian Mebes die Hintergründe der Veranstaltung. Bereits im Mai hatte das engagierte Team einen Workshop-Tag organisiert und war auch da auf große Nachfrage und positive Resonanz gestoßen. „Diesmal sind unter anderem Beraterinnen und Berater von der Humboldt-Universität, der Universität Potsdam, der Deutschen Film- und Fernsehakademie und der Hochschule für Musik Hanns Eisler dabei“, sagt Neslihan Berrais. Insgesamt seien Kolleginnen und Kollegen von 20 Hochschulen aus dem Umkreis vertreten gewesen. Aufgrund der positiven Erfahrungen wollen die Initiatoren eine dauerhafte Kooperation anstoßen und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer animieren, in Zukunft selbst Workshops anzubieten. „Wir wünschen uns einen regelmäßigen Austausch zu Dauerthemen in der Studienberatung“, resümiert Sarah Hostmann. „Daraus darf auch ruhig eine Tradition werden.“