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Gut ankommen an der Freien Universität

Damit der Unistart gelingt: Zwei Mentorinnen erzählen, wie sie selbst von der Begleitung zu Studienbeginn profitiert haben und jetzt Studienanfängerinnen und -anfänger unterstützen

07.10.2019

Waren selbst einmal Mentees: Jurastudentin Christine Naumann (l.) und Meteorologiestudentin France-Audrey Magro. Jetzt helfen sie Erstsemesterstudierenden beim Anfang an der Freien Universität.

Waren selbst einmal Mentees: Jurastudentin Christine Naumann (l.) und Meteorologiestudentin France-Audrey Magro. Jetzt helfen sie Erstsemesterstudierenden beim Anfang an der Freien Universität.
Bildquelle: Sören Maahs

Zu Beginn des Studiums ist vieles neu: der Campus, das Studienprogramm, die Kommilitoninnen und Kommilitonen. Das Mentoring-Programm möchte für alle, die an der Schwelle zwischen Schule und Studium oder am Beginn des Studiums an der Freien Universität stehen, eine Brücke bauen.

Die noch unbekannten Anforderungen eines akademischen Studiums, aber auch die neue Umgebung sollen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch das Mentoring-Programm nähergebracht werden: „Es geht vor allem darum, praktische Tipps für den Studienalltag und zur Studienorganisation zu geben sowie die Mentees in die Fachkultur einzuführen und so langfristig den Studienerfolg zu fördern“, sagt Elias Boike, der das Mentoring-Programm im Fach Grundschulpädagogik am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie koordiniert. Er ist einer der universitätsweit 13 Mentoring-Referentinnen und -Referenten, die für Auswahl, fachliche Qualifizierung, Coaching und Betreuung der Mentorinnen und Mentoren verantwortlich sind.

Das Mentoringkonzept beruht auf einer intensiven Betreuungsphase zu Studienbeginn, einer Begleitung während des Bachelorstudiums und auf Angeboten zum Studienende.

Das Mentoringkonzept beruht auf einer intensiven Betreuungsphase zu Studienbeginn, einer Begleitung während des Bachelorstudiums und auf Angeboten zum Studienende.
Bildquelle: Freie Universität Berlin

Studierende aus höheren Semestern betreuen die Erst- und Zweitsemester und geben dabei auch ihre eigenen Erfahrungen weiter. Hierzu werden mindestens fünf Treffen zwischen Mentorin bzw. Mentor und Mentees in Kleingruppen von durchschnittlich 20 Studierenden organisiert. Um die Studierenden auch im weiteren Studienverlauf zu unterstützen, werden im Rahmen des Mentoring-Programms außerdem fachspezifische Workshops und Veranstaltungen zur Verbesserung von studienrelevanten Kompetenzen, zum Beispiel wissenschaftliches Schreiben oder Kenntnisse spezifischer Anwendungssoftware, angeboten. Berufspraxistage und gezieltes Bewerbungstraining gehören zum Studienausgangs-Mentoring und werden zum Ende des Bachelorstudiums angeboten.

Mentees sind Studierende im ersten und zweiten Semester, Mentoren und Mentorinnen sind Studierende ab dem dritten Semester. Viele von ihnen waren früher selbst mal Mentees – wie die Meteorologiestudentin France-Audrey Magro und die Jurastudentin Christine Naumann. Sie betreuen seit fünf beziehungsweise drei Jahren akademische Neuankömmlinge.

Hilfe auf Augenhöhe

In erster Linie seien sie studentische Ansprechpartnerinnen, sagt France-Audrey Magro: „Wir beantworten im Grunde alle Fragen, die nicht fachlich sind: zur Studienplanung, zum Zeitmanagement, zu Lern- und Arbeitsstrategien und zur sozialen Einbindung.“ Ganz konkret bedeutet das, gemeinsam Bibliothek und Mensa zu besuchen, einen Stundenplan zu erstellen, erste Formalien wissenschaftlichen Arbeitens oder schlichtweg die Kommilitoninnen und Kommilitonen kennenzulernen.

Auf Augenhöhe: Manches Problem lässt sich für Studierende im Gespräch mit studentischen Mentorinnen und Mentoren leicht lösen.

Auf Augenhöhe: Manches Problem lässt sich für Studierende im Gespräch mit studentischen Mentorinnen und Mentoren leicht lösen.
Bildquelle: Freie Universität Berlin

Wie organisiere ich mein Studium? Wie bereite ich mich am besten auf eine Prüfung vor? Wo bekomme ich während meines Studiums Hilfe, wenn es mal nicht so läuft? Wie ist das Studium aufgebaut und welche Kurse muss ich wählen? Was bietet die Freie Universität neben dem Studium? Dies seien typische Erstsemester-Fragen, sagt Christine Naumann. Außerdem informieren die Mentoren ihre Mentees über Studienfinanzierung, Praktika, Auslandsaufenthalte und Berufsperspektiven. Bisweilen gehe es auch um persönlichere Angelegenheiten, etwa Überforderung, Versagensängste oder Zweifel an der Fachwahl. „Manchmal braucht es auch nur ein bisschen Aufmunterung“, sagt die Mentorin. „Und manche brauchen einfach ein WG-Zimmer und bitten mich deswegen um Hilfe“, erzählt France-Audrey Magro lachend.

„Gerade bei eher informellen Fragen trauen sich Studienanfängerinnen und -anfänger oft nicht, Dozierende oder die Studienfachberatung anzusprechen“, sagt France-Audrey Magro. „Die Mentorinnen und Mentoren kennen sich schon besser aus als ihre Mentees, gleichzeitig sind sie noch nah genug dran, um Anfangsprobleme nachvollziehen zu können“, ergänzt Christine Naumann. Sie selbst hätte sich eine Mentorin gewünscht mit mehr Zeit für ihre Mentees. „Meine Mentorin steckte schon in der Vorbereitung zum Staatsexamen. Die Hilfe, die mir damals gefehlt hat, möchte ich heute weitergeben.“ Als Erste in ihrer Familie, die studiert, weiß sie aus eigener Erfahrung, wie wichtig Vorbilder und Rückhalt sind.

Wegweiser am Studienanfang

Auch gebe es Studierende, die sich in einem Hörsaal mit 400 Kommilitoninnen und Kommilitonen sehr einsam fühlen oder zu schüchtern sind, auf andere zuzugehen. Auch hier kann das Mentoring helfen: „In einer kleinen Gruppe lernt man sich besser kennen als in einer Massenveranstaltung. Ich habe bis heute zwei Freunde, die ich beim ersten Mentoring-Treffen kennengelernt habe“, sagt Christine Naumann.

Eines gibt France-Audrey aber auch zu bedenken: „Wir sind keine Ersatzeltern und auch keine Psychotherapeuten. Wir haben nicht auf alle Fragen eine Antwort.“ Es gehe darum, Unterstützung anzubieten und die richtigen Ansprechpersonen zu vermitteln. Die können etwa in der Studienfachberatung sitzen, in der Psychologischen Beratung, im Familienbüro, bei den Gleichstellungsbeauftragten.

Christine Naumann und France-Audrey Magro verstehen sich als „Überzeugungstäterinnen“, die Spaß daran haben, Wissen an „die nächste Generation“ weiterzugeben. Das sei wichtig, sagen sie, denn die Tätigkeit als Mentor oder Mentorin ist ehrenamtlich, und das Engagement gehe oft weit über die Aufwandsentschädigung hinaus. „Man ist mit dem Herzen dabei. Noch Monate später frage ich mich, wie es dem einen oder anderen Mentee wohl ergangen ist“, sagt France-Audrey Magro.

Nicht nur die Mentees, auch die Mentorinnen und Mentoren profitieren vom Ehrenamt. „Wir bereichern uns gegenseitig“, sagt France-Audrey Magro. „Es macht mir Spaß, jedes Jahr neue Menschen kennenzulernen.“ Und nicht selten ergeben sich bleibende Kontakte – mit vielen ehemaligen Mentees ist sie noch Jahre später im Austausch.

Erfolgreiches Programm

Auch Mentoring-Referent Elias Boike sieht Vorteile durch den Austausch: „Über die Mentorinnen und Mentoren gelangen viele Ideen und Vorschläge der Studierenden zu den Lehrenden und zur Studiengangskoordination, mitunter bis zum Studiendekan.“ Das Mentoring-Programm schaffe so eine Verbindung zwischen Studierenden und Fachbereich und verbessere die Kommunikation zwischen den Ebenen. Bei der Zusammenstellung des Mentoring-Teams in der Grundschul- und Sonderpädagogik achtet Elias Boike besonders auf Diversität, etwa das Alter der Mentorinnen und Mentoren: „Quereinsteiger oder Personen, die im Alter von 40 Jahren anfangen zu studieren oder ihr Studium mit Kind fortführen, sind angetan von Mentorinnen oder Mentoren, die im gleichen Alter sind und selbst Kinder haben.“

Seit 2012 gibt es das Mentoring-Programm an der Freien Universität Berlin, seitdem hat sich die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Mentoring-Programm deutlich erhöht. Das Programm werde sehr gut angenommen: „In vielen Studiengängen melden sich mehr als 90 Prozent der Studierenden zur Teilnahme an.“ Auch die Anzahl der Mentorinnen und Mentoren wurde universitätsweit aufgestockt, um den wachsenden Studierendenzahlen vor allem im Lehramt zu begegnen. Kümmerte sich Elias Boike an seinem Fachbereich anfangs um rund 10 Mentorinnen und Mentoren, habe sich die Zahl bis heute verdreifacht. Im Wintersemester 2019/2020 betreuen an der Freien Universität Berlin 330 Mentorinnen und Mentoren Erstsemesterstudierende in 56 Bachelorstudiengängen.

Weitere Informationen

Mentee, Mentorin oder Mentor werden

Studierende, die gerne als Mentor oder Mentorin arbeiten möchten, können sich bei den Mentoring-Referaten der jeweiligen Fachbereiche melden.

Studienanfängerinnen und -anfänger, die am Mentoring-Programm teilnehmen möchten, können sich während der Orientierungstage vor Ort anmelden oder den Mentoringreferaten schreiben, wenn sie während der Orientierungstage verhindert sein sollten. Weitere Informationen erhalten alle Erstsemester per E-Mail oder Post vor Semesterbeginn.