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Frische Ideen für alte Meister

Wie lässt sich frühe italienische Malerei neu und anregend präsentieren? Kunstgeschichtsstudentinnen der Freien Universität haben in einem Seminar Vorschläge entwickelt und sie im thüringischen Lindenau-Museum vorgestellt

11.10.2019

Welche Farbkonzepte unterstützen die Bildwirkung der Werke? Wie lässt sich die Sammlungsgeschichte des Museums in der Ausstellung reflektieren? Am Anfang der Kooperation standen viele Fragen. Das Bild zeigt die Studierenden im Lindenau-Museum.

Welche Farbkonzepte unterstützen die Bildwirkung der Werke? Wie lässt sich die Sammlungsgeschichte des Museums in der Ausstellung reflektieren? Am Anfang der Kooperation standen viele Fragen. Das Bild zeigt die Studierenden im Lindenau-Museum.
Bildquelle: Patricia Nagel

Neue Farben, eine andere Hängung, eine App, die durch die Ausstellung führt – das sind einige Möglichkeiten aus der kuratorischen Praxis, um Kunstwerke neu zu präsentieren. Ende Juni waren Studierende der Kunstgeschichte der Freien Universität ins thüringische Altenburg aufgebrochen, um sich mit der Inszenierung der im Lindenau-Museum ausgestellten Sammlung spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher italienischer Malerei zu beschäftigen. Dort präsentierten die Studierenden kürzlich auch die Ergebnisse ihrer Arbeit – im Austausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Museums.

Klaus Krüger, Professor für Kunstgeschichte, und die Kunsthistorikerin Elke Werner von der Kolleg-Forschergruppe „BildEvidenz. Geschichte und Ästhetik“, beide Freie Universität Berlin, leiteten das Projektseminar. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema und den Kunstwerken war dank einer engen Kooperation mit dem Museum möglich. Das Haus, das seit Frühjahr 2017 von Roland Krischke geleitet wird und über eine international bedeutende Sammlung italienischer Gemälde des 13. bis 16. Jahrhunderts verfügt, blickt auf eine lange Geschichte zurück: Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Kunstsammlung von Bernhard August von Lindenau, einst Ministerpräsident im Königreich Sachsen, in einem Gebäude im Zentrum der ehemaligen Residenzstadt für die breite Öffentlichkeit zugänglich.

Das Lindenau-Museum, benannt nach Bernhard August von Lindenau, zeigt seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Kunstsammlung des einstigen Ministerpräsidenten im Königreich Sachsen.

Das Lindenau-Museum, benannt nach Bernhard August von Lindenau, zeigt seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Kunstsammlung des einstigen Ministerpräsidenten im Königreich Sachsen.

Von Lindenau wollte den Besucherinnen und Besuchern mit der Sammlung einen Überblick über die europäische Kunstgeschichte geben. Diesem Bildungsauftrag folgend gehören zahlreiche Kopien von Gemälden und Gipsabgüsse berühmter antiker und frühneuzeitlicher Skulpturen ebenso zu der Sammlung wie auch antike Vasen, Architekturmodelle, eine Kunstbibliothek und jene Werke italienischer Malerei aus dem 13. bis 16. Jahrhundert, die die Studierenden nun genauer untersucht haben. Seit dem 20. Jahrhundert wurde das Lindenau-Museum zudem um bedeutende Werke von der Klassischen Moderne bis zur Gegenwart erweitert.

Moderne Präsentation alter Werke

Die leitende Frage des Seminars lautete: Wie kann die Sammlung neu präsentiert und für die Werke ein Display – damit werden Präsentationsformen und Ausstellungskonzepte bezeichnet – geschaffen werden, das ihrer ursprünglichen Funktion und ihrem ästhetischen Reiz gerecht wird? Die Überlegungen sollten auch die Geschichte der Sammlung berücksichtigen.

Für ihr Projekt wählten die Studierenden einzelne Werke aus und stellten grundlegende Fragen der kuratorischen Praxis: Welche Farbkonzepte unterstützen die Bildwirkung der Werke? Wie lässt sich die Sammlungsgeschichte des Museums in der Ausstellung reflektieren? Sollen digitale Medien genutzt werden? Helfen klassische Audio-Informationen und Wandtexte bei der Kontextualisierung der Werke? Wie lassen sich sprachlich verschiedene Zielgruppen ansprechen? Nach einem vorbereitenden Besuch im Mai folgte im Juni ein zweitägiger Workshop im Lindenau-Museum. Hier wurden die von den Studierenden entwickelten Ausstellungsformen vorgestellt, eingehend diskutiert und im Austausch mit Benjamin Rux, dem Kustos der Sammlung, sowie der Kunstvermittlerin Angelika Forster weiterentwickelt.

Der pädagogische und bildungsnahe Ansatz des Sammlers August von Lindenau – der an das Museum eine Kunstschule zur handwerklich-gestaltenden Ausbildung angegliedert hatte, für die seine Sammlungen gewissermaßen das Anschauungsmaterial lieferten – wird noch heute umgesetzt: Angeboten werden vielfältige Vermittlungsformate und Kunstunterricht insbesondere für Kinder und Jugendliche. Die hochkarätige Sammlung früher italienischer Malerei, der sich die Studierenden in ihrem Seminar widmeten, erfährt dabei allerdings noch wenig Aufmerksamkeit. Das mag daran liegen, dass die oft kleinformatigen Tafelbilder mit überwiegend religiösen Themen heute nicht mehr ohne weiteres verständlich sind.

Exkursionsabschluss: Dr. Elke Werner (l.), Prof. Dr. Klaus Krüger (dahinter), Dr. Roland Krischke (hintere Reihe, 2. v. l.) und Studentinnen des Seminars der Freien Universität Berlin mit Angelika Forster (2. v. r.) vom Lindenau-Museum..

Exkursionsabschluss: Dr. Elke Werner (l.), Prof. Dr. Klaus Krüger (dahinter), Dr. Roland Krischke (hintere Reihe, 2. v. l.) und Studentinnen des Seminars der Freien Universität Berlin mit Angelika Forster (2. v. r.) vom Lindenau-Museum..
Bildquelle: Privat

In den kommenden Jahren soll das Museum umfassend neugestaltet und erweitert werden. Davon erhofft sich auch die Stadt Altenburg, die kulturtouristisch nach wie vor wenig erschlossen ist, einen starken Impuls. Aus diesem Anlass setzten sich die Studierenden der Freien Universität Berlin im Rahmen des Projektseminar mit der Sammlung der frühen Italiener auseinander: So wurden Farbkonzepte, Hängungen und Konstellationen erprobt, die den Besucherinnen und Besuchern neue Bezüge eröffnen sollen, und digitale Apps entworfen, um die komplexen Themen einzubetten. Gleichzeitig erhielten die Studierenden vertiefte Einblicke in die kuratorische museale Praxis – die Kooperation zwischen dem Kunsthistorischen Institut und dem Museum war für beide Seiten ein Gewinn.