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„Eine Universität hat Vorbildfunktion“

Die studentische Fridays-for-Future-Gruppe hat dem Präsidenten der Freien Universität, Professor Günter M. Ziegler, ihre Forderungen übergeben – aus dem Treffen entspann sich eine fruchtbare Diskussion, die fortgesetzt werden soll

25.11.2019

Studierende übergeben Universitätspräsident Professor Günter M. Ziegler (3. v. l.) einen Forderungskatalog. Links: Andreas Wanke, Leiter Stabsstelle Nachhaltigkeit & Energie, und Vizepräsidentin Professorin Verena Blechinger-Talcott (2. v. l.).

Studierende übergeben Universitätspräsident Professor Günter M. Ziegler (3. v. l.) einen Forderungskatalog. Links: Andreas Wanke, Leiter Stabsstelle Nachhaltigkeit & Energie, und Vizepräsidentin Professorin Verena Blechinger-Talcott (2. v. l.).
Bildquelle: Jonas Huggins

Wie kann die Freie Universität noch stärker zum Klimaschutz beitragen? Zu dieser Frage hatte die Fridays-for-Future-Hochschulgruppe an der Freien Universität Ende Juni eine studentische Vollversammlung einberufen. Mehrere Hundert Studierende hatten teilgenommen und eine Liste mit Forderungen an die Universitätsleitung verabschiedet. Am 21. Oktober übergaben zwölf Studierende, die bei der Fridays-for-Future-Initiative engagiert sind, die Liste Universitätspräsident Professor Günter M. Ziegler und weiteren Mitgliedern des Präsidiums. Die Studierenden erläuterten ihren Forderungskatalog, der Präsident nahm Stellung und stand Rede und Antwort.

Auf die in dem Dokument formulierte Forderung, die Fridays-for-Future-Bewegung öffentlich zu unterstützen, erwiderte Günter M. Ziegler, dass das schon im Sommer erfolgt sei. Er zitierte aus dem einstimmig beschlossenen Protokoll der Sitzung des Akademischen Senats vom 10. Juli 2019: „Der Akademische Senat erklärt sich solidarisch mit den Zielen der Fridays-for-Future-Bewegung und fordert das Präsidium der Freien Universität Berlin auf, dies im Namen der gesamten Universität ebenfalls zu tun.“ Das, so Ziegler, habe das Präsidium bereits einige Tage zuvor getan.

Studierende fordern „substanzielle Klimaschutzmaßnahmen"

Bei der solidarischen Unterstützung sollte es den Studierenden zufolge aber nicht bleiben: Sie fordern substanzielle Klimaschutzmaßnahmen: „Bis 2025 soll die Freie Universität eine klimaneutrale Universität werden“, heißt es in dem von der studentischen Vollversammlung verabschiedeten Dokument. Um das zu erreichen, müsse die Universität bei allen künftigen Entscheidungen vor allem die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Blick haben. Das sei zwar ein sehr ambitioniertes Ziel, doch die Universität habe eine wichtige Vorbildfunktion für die Gesellschaft, argumentierten die Studierenden.

Freie Universität Berlin bei Senkung der CO2-Emissionen bundesweit vorbildhaft

Professorin Verena Blechinger-Talcott, als Vizepräsidentin unter anderem für das Thema Nachhaltigkeit in Forschung und Lehre zuständig, zeigte Verständnis für die studentische Forderung. Doch auch wenn sich die Universität auf gutem Wege befinde, sei Klimaneutralität bis 2025 nicht zu erreichen, gab sie zu bedenken. Zwischen 2001 und 2018 habe die Universität ihre CO2-Emissionen trotz wachsender Studierendenzahlen bereits um fast 40 Prozent gesenkt. Damit sei die Freie Universität bundesweit vorbildhaft, so Verena Blechinger-Talcott. Und im vergangenen Jahr habe sich die Hochschule in einer Klimaschutzvereinbarung mit dem Land Berlin verpflichtet, die Emissionen bis 2027 um weitere zehn Prozent zu senken. Dass die Studierenden trotz dieser vergleichsweise großen Einsparungen noch ehrgeizigere Ziele hätten, könne sie nachvollziehen: „Auch ich bin ungeduldig“, sagte sie.

Gesamtstädtische und nationale Aufgabe

Klimaneutralität sei ein komplexes und kleinteiliges Thema. Auf große Bereiche der CO2-Emissionen, die an der Freien Universität anfallen, habe die Universität leider keinen direkten Einfluss, erläuterte Andreas Wanke, Leiter der Stabsstelle Nachhaltigkeit & Energie. So seien zwei Drittel der Wärme, mit der die Universität ihre Gebäude beheizt, Fernwärme, vor allem aus dem Heizkraftwerk Lichterfelde, das von Vattenfall betrieben wird. Das erdgasbetriebene Kraftwerk gehöre zwar zu den modernsten seiner Art, doch letztlich basiere es auf einer fossilen Energiequelle. „Der Zeitpunkt, wann die Fernwärmeerzeugung auf erneuerbare Energieträger umgestellt sein wird, ist gegenwärtig noch nicht absehbar“, sagte Wanke. Dies sei aber eine gesamtstädtische, wenn nicht sogar nationale Aufgabe, die absehbar nicht bis 2025 abgeschlossen sein werde.

Ziel: ganzheitliche Klimaschutzstrategie

Die Kanzlerin der Freien Universität Andrea Bör plädierte dafür, die im Nachhaltigkeitsbereich bereits bestehende Steuerungs- und Partizipationsstruktur zu ergänzen und den bestehenden Steuerungskreis Nachhaltigkeit um den Themenbereich Klimaschutz zu ergänzen. Neue Initiativen für Klimaschutz benötigten vor allem Überzeugungs- und Vernetzungsarbeit, ergänzte Andreas Wanke. „Das Ziel muss in der Tat eine ganzheitliche Klimaschutzstrategie sein“, sagte auch Universitätspräsident Ziegler. Die Erarbeitung einer solchen Strategie solle die Kernaufgabe des „Steuerungsgremiums Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ sein.

Einladung zur Mitarbeit

„Sie sind herzlich eingeladen, sich in dem Steuerungsgremium und den zugehörigen Arbeitsgruppen einzubringen“, sagte Andreas Wanke zu den Studierenden. Man werde diesen Prozess so schnell wie möglich mit einem Workshop für alle Beteiligten beginnen. Diese Arbeit setze jedoch einen langen Atem und auch die Bereitschaft voraus, sich in die Logiken unterschiedlicher Verwaltungen, rechtlicher Regelungen und viele Details einzuarbeiten.

Um viele solcher Details ging es auch in der darauffolgenden Diskussion: Etwa wie Dienstreisen mit dem Flugzeug vermieden werden können, ohne die Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes zu verletzen; wie sich Energiestandards beim Gebäudebau erhöhen lassen, inwieweit sich die Erdgasversorgung auf Biogas umstellen lasse oder ob auf dem Campus weitere öffentliche Trinkwasserspender installiert werden können.

Nach zwei Stunden endete die Diskussion. Ein einmaliges Ereignis soll sie nicht bleiben. Neben der Teilnahme von Studierenden in den Arbeitsgruppen des Nachhaltigkeits-Steuerungsgremiums sollten sich die studentische Gruppe und das Universitätspräsidium auch in Zukunft austauschen, sagte Günter M. Ziegler: „Denn das Problem des Klimawandels ist noch lange nicht gelöst.“

Weitere Informationen

Nachhaltigkeitsleitbild der Freien Universität Berlin

Nachhaltigkeitsbericht 2018 der Freien Universität Berlin

Stabsstelle Nachhaltigkeit & Energie der Freien Universität Berlin

Friday for Future Freie Universität Berlin