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„Respektvoller und wertschätzender Umgang im digitalen Raum“

Verhaltenskodex für digitale Lehrveranstaltungen an der Freien Universität – campus.leben-Interview mit Vizepräsidentin Professorin Verena Blechinger-Talcott zum „Code of Conduct“

06.07.2020

Für ein gutes digitales Miteinander: In der Online-Lehre gelten – neben den üblichen akademischen Standards und allgemeinen Umgangsformen – spezielle Verhaltensregeln.

Für ein gutes digitales Miteinander: In der Online-Lehre gelten – neben den üblichen akademischen Standards und allgemeinen Umgangsformen – spezielle Verhaltensregeln.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Vieles ist in diesem Semester anders als sonst. Eines aber gilt in der Online-Lehre ebenso wie in Präsenzveranstaltungen: der Grundsatz, dass Lehrende und Studierende sich respektvoll begegnen und behandeln. Weitere Regeln, die sich aus den üblichen akademischen Standards sowie aus einschlägigen Gesetzen und Richtlinien ableiten lassen, und solche, die explizit für die digitale Lehre gelten, hat die Freie Universität in einem „Code of Conduct“ festgelegt. Campus.leben sprach mit Professorin Verena Blechinger-Talcott, als Vizepräsidentin der Freien Universität Berlin auch zuständig für die Themen Internationales, Diversity und Gleichstellung, über das Verhaltensregelwerk.

Frau Professorin Blechinger-Talcott, warum gibt es den „Code of Conduct“?

Schon zu Beginn des digitalen Semesters gab es Hinweise aus der Studiendekane-Runde, seitens der Zentralen Frauenbeauftragten und vor allem aus der AG „Digitalisierung der Lehre und von Prüfungen“, dass es für eine erfolgreiche und alle Studierende gleichermaßen einbindende Lehre wichtig ist, einen Orientierungsrahmen für die digitale Lehre zu schaffen, der für die gesamte Freie Universität gültig ist.

Als Vizepräsidentin, die für Diversity und Gleichstellung zuständig ist, war es mir und dem gesamten Präsidium ein wichtiges Anliegen sicherzustellen, dass sich alle Universitätsmitglieder stets auf Augenhöhe und mit Respekt in einem wertschätzenden und diskriminierungsfreien Umfeld begegnen.

Wer hat die Regeln entwickelt?

Der „Code of Conduct“ wurde unter meiner Federführung in Kooperation mit dem Bereich Studium und Lehre erarbeitet. Wir haben Anregungen der Fachbereiche und Zentralinstitute aufgenommen sowie die Expertise des Rechtsamts, des CeDiS und der AG „Digitalisierung der Lehre und von Prüfungen“.

Was steht im „Code of Conduct“?

Der „Code of Conduct“ thematisiert zunächst einmal das respektvolle Miteinander in der digitalen Umgebung, also die Grundregeln der Zusammenarbeit in einem virtuellen Raum. Das beginnt mit der Empfehlung, dass alle, die gerade nicht sprechen, ihre Mikrofone stumm schalten, um die Diskussion nicht durch Hintergrundgeräusche zu stören.

Auch die Privatsphäre und der Schutz individueller Daten der Teilnehmenden müssen gewahrt werden. Viele dieser Hinweise finden sich bereits an anderer Stelle, etwa in den Nutzungsbedingungen von Cisco WebEx oder im FU-Wiki. Im „Code of Conduct“ werden sie gebündelt und so deutlich sichtbarer gemacht.

Zentral sind aber vor allem die Grundsätze eines respektvollen und wertschätzenden Umgangs im digitalen Raum und die klare Kommunikation, welche Maßnahmen wir gegen Verstöße gegen diese Regeln ergreifen werden. Gerade wenn die Teilnehmenden einer Lehrveranstaltung jeweils für sich allein vor dem Rechner sitzen und beispielsweise über die Chatfunktion private Nachrichten versenden, die nur für einzelne Nutzerinnen und Nutzer sichtbar sind, ist es wichtig, Einzelne vor unangemessener Kommunikation, etwa Spam oder diskriminierenden oder belästigenden Kommentaren, zu schützen.

Wer an digitalen Lehrveranstaltungen teilnimmt, muss seine Rechte und Pflichten kennen und über Beschwerdewege und die Konsequenzen von unerwünschtem Verhalten Bescheid wissen: Verstöße gegen die im „Code of Conduct“ festgehaltenen Regeln können bis zum Ausschluss von der Lehrveranstaltung führen.

Gab es vor der Veröffentlichung des „Code of Conduct“ Hinweise darauf, dass respektvolles Verhalten während digitaler Lehrformate nicht immer gegeben war?

Ja, uns hatten im Präsidium einzelne Berichte unangebrachten Verhaltens erreicht, etwa Spamming oder sexualisierte Belästigung in digitalen Lehrveranstaltungen. Einige Institute hatten daher bereits eigene Kodices aufgestellt. Unserer Ansicht nach sollte es für die Freie Universität universitätsweite Regeln geben – auch, um zu zeigen, dass wir das Thema für sehr wichtig halten.

Mit dem „Code of Conduct“ können wir sowohl rechtlich relevante als auch den „guten Umgang“ betreffende Themen ansprechen und damit für alle Mitglieder der Universität eine gute Basis auch für die Lehre im digitalen Raum schaffen.

Die Fragen stellte Melanie Hansen