Springe direkt zu Inhalt

„Man nimmt die Welt aus einer anderen Sicht wahr"

Bis 31. Juli: Bewerben für den neuen Kombi-Bachelor-Studiengang Chinesische Sprache und Gesellschaft

23.06.2021

China verstehen: Zum Wintersemester startet der Kombi-Bachelorstudiengang „Chinesische Sprache und Gesellschaft“

China verstehen: Zum Wintersemester startet der Kombi-Bachelorstudiengang „Chinesische Sprache und Gesellschaft“
Bildquelle: Magda Ehlers / Pexels

Vom Wintersemester 2021/2022 an bietet die Freie Universität den neuen Kombi-Bachelor-Studiengang Chinesische Sprache und Gesellschaft an. Ein Gespräch mit Andreas Guder, Professor für die Didaktik des Chinesischen sowie Sprache und Literatur Chinas.

Herr Professor Guder, warum lohnt es sich, Chinesisch zu lernen?

Chinesisch ist nach wie vor die meistgesprochene Muttersprache der Welt. Inzwischen ist fast jede Wirtschaftsbranche in Europa mit China vernetzt, fast jede wissenschaftliche Disziplin mit China konfrontiert. Uns fehlen aber noch die Fähigkeiten, mit dem Land umzugehen, wie wir das innerhalb der westlichen Welt tun.

Der neue Studiengang wird es jungen Menschen ermöglichen, Chinesisch und China-Kenntnisse mit einem anderen Studienfach zu kombinieren. Außerdem werden wir Lehrerinnen und Lehrer für das Schulfach Chinesisch ausbilden. Die Sprache wird bundesweit an immerhin schon 100 Schulen unterrichtet. Die Lehrkräfteausbildung steckt jedoch noch in den Kinderschuhen, denn die Einführung von Chinesisch als Schulfremdsprache ging nicht von den Universitäten aus, sondern von den Schulen. Die wiederum reagieren auf die Bedürfnisse der Elternschaft.

Reicht es nicht, sich auf Englisch zu verständigen?

Englisch ist die weltweit erste Kommunikationssprache, klar. Die englische Sprache bedeutet für Sprecherinnen und Sprecher nichteuropäischer Muttersprachen aber einen enormen Lernaufwand. Während Englisch für uns eine vergleichsweise einfache Sprache ist, ist es für Muttersprachler des Chinesischen ähnlich herausfordernd wie das Chinesische für uns.

Die Englischkenntnisse sind in China nicht so groß, wie wir oft annehmen. Englisch wird zwar an fast allen Schulen unterrichtet, der Fokus liegt dabei aber vor allem auf der Lesekompetenz. Viele Teile der Welt, etwa Indien und ein Großteil Afrikas, sind durch Kolonialisierung von der englischen Sprache geprägt worden. Das war in China nicht der Fall.

Dass ein großer Teil der in China lebenden und arbeitenden Europäer und Amerikaner kaum Chinesisch lernt, ist erschreckend und verhindert naturgemäß ein tieferes Verständnis der dortigen gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten.

Die vielen Schriftzeichen schrecken viele davon ab, Chinesisch zu lernen. Ist die Sprache so schwierig wie ihr Ruf?

Chinesisch zu lernen, ist für uns ohne Zweifel schwieriger als eine europäische Sprache. Das hat zu einem großen Teil mit den Schriftzeichen zu tun, aber nicht nur: Wir müssen auch mit chinesischer Geschichte, mit den vielfältigen kulturellen und gesellschaftlichen Strukturen des Landes vertraut werden. Das macht das Fach besonders: Es erfordert von den Lernenden einen Perspektivwechsel, man nimmt die Welt aus einer anderen Sicht wahr. Das Studium des Chinesischen eignet sich so auch zu einer Reflexion der eigenen Identität. 

Fasziniert vom Schriftzeichensystem des Chinesischen: Andreas Guder, Professor für die Didaktik des Chinesischen sowie Sprache und Literatur Chinas.

Fasziniert vom Schriftzeichensystem des Chinesischen: Andreas Guder, Professor für die Didaktik des Chinesischen sowie Sprache und Literatur Chinas.
Bildquelle: Privat

Was genau lernen Studierende im neuen Studiengang?

Genau wie der Mono-Bachelor Chinawissenschaften beinhaltet der neue Kombi-Bachelor eine vollumfängliche Sprachausbildung sowie grundlegende Module zur chinesischen Geschichts-, Kultur- und Sozialwissenschaft. Es ist ein Sinologiestudium „light“, das im Gegenzug Platz für ein zweites Fach Platz lässt. Darin liegt ein besonderer Reiz: sowohl zu China zu arbeiten als auch ein Methodenfach aus den Geistes-, Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften zu studieren, kann sich produktiv ergänzen.

Auf welche Berufe bereitet der neue Studiengang vor?

Der Studiengang wird mit und ohne Lehramtsoption angeboten. Studierende können sich noch im zweiten Studienjahr entscheiden, ob sie diese Option wählen – dabei müssen sie nur beachten, dass ihr zweites Studienfach auch ein Lehramtsfach ist. Ansonsten können sie vielfältige Schwerpunkte setzen.

Sie qualifizieren sich damit für Berufe in allen Bereichen der Gesellschaft, in denen Chinakompetenz gefragt ist. In welche Richtung das geht, wird auch durch das Zweitfach mitbestimmt. Das kann etwa Politik- oder Wirtschaftswissenschaft, Theaterwissenschaft oder ein philologisches Fach sein. Die Freie Universität bietet einen Studiengang „Sprache und Gesellschaft“ an, der sich gut mit Chinastudien ergänzt. 

Was fasziniert Sie persönlich am Chinesischen?

Bei mir war es das Schriftzeichensystem. Es ist das einzige genuin andere Schriftsystem auf dieser Welt, das in einer komplexen Gesellschaft funktioniert. In dieser Hinsicht, aber auch in vielen anderen Aspekten unserer Lebenswelt, ist das Chinesische das ganz andere, in dessen Spiegel wir auch viel über uns selbst und unser Verhältnis zu Sprache und Schrift erfahren können.

Das war mein Zugang. Andere finden ihren Zugang zu China über ostasiatische Kampfsportarten, über chinesisches Essen oder darüber, dass sie ihren Onkel besuchen, der in China für ein Joint Venture arbeitet. Zugänge gibt es eine ganze Menge, denn alles, womit wir uns beschäftigen, gibt es natürlich auch in China – und das macht China zu einem so faszinierenden Studiengebiet.

Die Fragen stellte Jonas Huggins

Weitere Informationen

Die Bewerbungsfrist für den zulassungsbeschränkten Kombi-Bachelorstudiengang „Chinesische Sprache und Gesellschaft“ endet am 31. Juli 2021. Weitere Informationen finden Sie hier