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„Ein guter Moment, um über unser Selbstverständnis nachzudenken“

Ausblick in eine Zeit nach der Corona-Pandemie: die Themenwoche „Das Leitbild leben“ an der Freien Universität Berlin

14.12.2021

Fahrt ins Futur II: Wie werden sich Studium und Lehre durch die Corona-Pandemie verändert haben? Wie digitale Werkzeuge fächerbezogen klug eingesetzt werden können, auch darüber wurde an der Freien Universität diskutiert.

Fahrt ins Futur II: Wie werden sich Studium und Lehre durch die Corona-Pandemie verändert haben? Wie digitale Werkzeuge fächerbezogen klug eingesetzt werden können, auch darüber wurde an der Freien Universität diskutiert.
Bildquelle: picture alliance / Jörg Carstensen

Unter der Überschrift „Das Leitbild leben. Gute Lehre (post-)pandemisch gestalten“ fand Ende November an der Freien Universität eine Themenwoche statt: Vom 22. bis 25. November drehte sich alles darum, wie das am Ende des anderthalbjährigen Strategieprozesses „Studium und Lehre 2030. Zukunft gemeinsam gestalten“ im Sommer verabschiedete Leitbild in die Praxis umgesetzt werden kann.

Der Fokus richtete sich dabei auf die Lehre nach der Pandemie. Eröffnet wurde die Themenwoche mit einer Diskussion von am Strategieprozess zentralen Beteiligten und einem Impulsvortrag von Professor Sönke Knutzen von der Technischen Universität Hamburg.

Rückblick, Vorschau, Staffelstab

„Was nehmen Sie mit aus dem Strategieprozess, und wie soll es jetzt weitergehen?“ Ihre Frage richtete Katja Reinecke vom Dahlem Center for Academic Teaching, die die digitale Eröffnung moderierte, an vier Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer, die den Strategieprozess Studium und Lehre 2030 aus ganz unterschiedlichen Perspektiven mitgestaltet haben: Kunstgeschichtsstudentin Lena Hirschfelder und Karina Kriegesmann, promovierte Historikerin und Studiendekanin am Lateinamerika-Institut, Professor Klaus Hoffmann-Holland, Erster Vizepräsident der Freien Universität, und Professor Hauke Heekeren, ehemaliger Vizepräsident für Studium und Lehre.

Hauke Heekeren hatte den Strategieprozess im vergangenen Jahr initiiert und im Sommer 2021 mit der Verabschiedung des Leitbilds durch den Akademischen Senat zu einem ersten wichtigen Ergebnis gebracht. Weil er die Freie Universität Berlin zum Ende des Wintersemesters verlässt und Präsident der Universität Hamburg wird, übergab er den Staffelstab an seinen Kollegen Klaus Hoffmann-Holland. Dieser nahm ihn gerne an und betonte als Wunsch für die Zukunft „im Gespräch zu bleiben und von hier aus, getragen von Wertschätzung und einem partizipativen Ansatz, weiterzudenken“, damit der Strategieprozess eine nachhaltige Wirkung entfalten könne.

Das Leitbild werde in Zukunft Bezugspunkt sein, um die gemeinsame Vision von Studium und Lehre zu realisieren sowie vorgeschlagene Maßnahmen sukzessive anzugehen. Damit dies gelingt, sei „Austausch und Vernetzung grundlegend, um Ziele und Wege, Handlungsnotwendigkeiten und Lösungen immer wieder gemeinsam zu diskutieren.“ Die Themenwoche solle ein Forum für Austausch und Vernetzung sein – diesmal mit dem Themenschwerpunkt des (Post-)Pandemischen.

„Geschlagene Kommunikationsbrücken aufrechterhalten“, dafür plädierte Lena Hirschfelder. Dafür, dass die 2020er Jahre an der Freien Universität als „Dekade Studium und Lehre“ in die Uni-Chronik eingehen, Karina Kriegesmann. Sie wünscht sich auch, dass „das Leitbild Studium und Lehre in Prüfungsordnungen und Vorlesungsverzeichnissen“ zu erkennen sei.

Hauke Heekeren hob den partizipativen Prozess hervor, durch den eine neue Kultur der Kommunikation an der Uni angestoßen und vorangebracht worden sei. Er dankte „für den Mut zur Vision, für die Kraft und das Vertrauen, sich darauf einzulassen“: „In rund 20 Arbeitsgruppen wurden viele neue Ideen eingebracht, und das in einer der schwierigsten Phasen, die wir jemals durchgemacht haben.“ Damit spielte er auf die Corona-Pandemie an, die so vieles und auch den Strategieprozess verändert hat.

Der Strategieprozess Studium und Lehre 2030 mündete in das Leitbild Studium und Lehre. Er soll nicht als abgeschlossen verstanden werden, denn wie gutes Lernen und Lehren aussehen kann, ist im stetigen Wandel.

Der Strategieprozess Studium und Lehre 2030 mündete in das Leitbild Studium und Lehre. Er soll nicht als abgeschlossen verstanden werden, denn wie gutes Lernen und Lehren aussehen kann, ist im stetigen Wandel.
Bildquelle: Elias Domsch

Rund um den Strategieprozess Studium und Lehre 2030
Der Strategieprozess Studium und Lehre 2030. Zukunft gemeinsam gestalten ist während der Corona-Pandemie, im Sommersemester 2020, gestartet und musste kurzfristig komplett von Präsenz- auf digitale Formate umgestellt werden. Rund 300 interessierte Universitätsmitglieder aus allen Statusgruppen haben teilgenommen: Studierende, Beschäftigte, Lehrende haben sich in den zentralen Veranstaltungen engagiert, in rund 20 Arbeitsgruppen haben mehr als 120 Personen Ideen und Vorschläge entwickelt, Projekte geplant und das Leitbild als gemeinsame Vision formuliert. Am 14. Juli 2021 wurde das Leitbild Studium und Lehre durch den Akademischen Senat der Freien Universität Berlin beschlossen; es formuliert grundsätzliche Zielvorstellungen, die sich in Strategien und Maßnahmen für die fortlaufende Weiterentwicklung von Studium und Lehre an der Freien Universität Berlin sowie in ihren Studien-, Lehr- und Serviceangeboten widerspiegeln.

Nicht nur Einschnitt – ein Paradigmenwechsel

Dass ein Ereignis wie die weltweite Pandemie nicht nur eine Zäsur ist, sondern auch Auslöser für einen Paradigmenwechsel sein kann und als Innovationstreiber wirkt, illustrierte Professor Sönke Knutzen. Der Studiendekan Gewerblich-technische Wissenschaften der TU Hamburg und Leiter des dortigen Instituts Technische Bildung und Hochschuldidaktik hatte seinen in Teilen interaktiv gestalteten Vortrag mit „Hochschullehre in einer digitalen Welt – wo stehen wir? – wo wollen wir hin? – was ist zu tun?“ überschrieben.

Die Digitalisierung, die im Bildungsbereich durch die Notwendigkeit, Präsenzformate in virtuelle Formen des Austauschs zu übertragen, einen Riesenschub erhalten habe, „durchfließt schon jetzt unser Leben“, sagte Sönke Knutzen: „Unsere Handys sind heute so leistungsfähig wie früher die NASA-Computer.“ Das habe die Welt insgesamt zu einer „VUCA“-Welt gemacht – volatil, unsicher, komplex, mehrdeutig. Mit Auswirkungen auch auf die Arbeits- und Bildungswelt – was eine Bildungseinrichtung als Auftrag begreifen müsse.

Der VUCA-Welt entgegensteuern

Als Lehre aus der Pandemie empfahl Sönke Knutzen deshalb: „Kreativ mit der veränderten Arbeits- und Bildungswelt umgehen.“ Digitale Medien sollten als Werkzeug eingesetzt werden, nicht als Selbstzweck. In der anschließenden Diskussion machte der Hochschuldidaktiker deutlich, dass das Wesen und die Inhalte einer Disziplin jeweils den Einsatz von digitalen Instrumenten bestimmen müssten: „Man muss sich aus der Fachlichkeit dem digitalen Lernen widmen.“

Den Hochschulen insgesamt riet Knutzen, den paradigmatischen Augenblick aufzugreifen: „Wir können eine tolle Rolle spielen, die sollten wir annehmen. Es ist ein guter Moment, um über unser Selbstverständnis nachzudenken.“

Mit der Auftaktveranstaltung war das Panorama der Herausforderungen (post)pandemischer Lehre umrissen, und ausgehend vom Leitbild Studium und Lehre der Freien Universität gaben die Veranstaltungen während der Themenwoche Raum zum vertiefenden Austausch über zentrale Fragen: Neben Digitalität und Innovation standen die Aspekte Internationalisierung der Lehre, Tutorienarbeit sowie neue Formen der Lehrevaluation im Mittelpunkt.

Die statusübergreifende Zusammenarbeit und das Engagement, das den gesamten Strategieprozess geprägt hatte, spiegelte sich im Angebot der Themenwoche wider: So hatten Studierende beispielsweise einen Workshop organisiert, in dem sie gemeinsam mit Lehrenden und lehrunterstützenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über neue Möglichkeiten der studentischen Partizipation in der Lehrentwicklung diskutierten.

Im Gespräch bleiben

Organisiert wurde die Themenwoche vom DCAT, dem Dahlem Center for Academic Teaching, in Kooperation mit UB/Dienste für Lehre und Studium und dem Career Service sowie Lehrenden und Studierenden.

Auch zukünftig sind Formate wie die Themenwoche geplant. Denn gemeinsames Nachdenken über das Selbstverständnis der Freien Universität Berlin, darüber, wie man im Gespräch miteinander bleiben kann, wird weiterhin wichtig sein, wenn es darum geht, das Leitbild Studium und Lehre der Freien Universität mit Leben zu füllen.