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28. April 2022: Freie Universität beteiligt sich zum 20. Mal am Girls’Day

Zwei Studentinnen und eine Ehemalige informieren: Beim digitalen Mädchen-Zukunftstag und im MINToring erhalten Schülerinnen Einblicke ins wissenschaftliche Arbeiten

26.04.2022

„Wir brauchen mehr Botschafterinnen, also Frauen, die von ihren Erfahrungen berichten", sagt Selma Tabak-Balks.

„Wir brauchen mehr Botschafterinnen, also Frauen, die von ihren Erfahrungen berichten", sagt Selma Tabak-Balks.
Bildquelle: privat

Am 28. April öffnet die Freie Universität zum 20. Mal Labore, Seminarräume und Vorlesungssäle für Schülerinnen von der fünften bis zur achten Klasse. Zum Girls’Day, der wie im vergangenen Jahr digital stattfindet, bieten die Fachbereiche Mathematik und Informatik, Physik, Geowissenschaften, Wirtschaftswissenschaft, Philosophie und Geisteswissenschaften sowie Biologie, Chemie, Pharmazie Workshops an. Ziel ist es, das Spektrum an Studien- und Berufswünschen von Mädchen zu erweitern. Das MINToring-Programm soll das Interesse an den MINT-Fächern – die Abkürzung steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – fördern.

Der 29. März 2019 sollte ein besonderer Tag werden: Mit den beiden US-Amerikanerinnen Anne McClain und Christina Koch sollte erstmals ein rein weibliches Team der NASA einen Außeneinsatz im All durchführen. Doch wenige Tage vor dem Start wurde der Einsatz abgesagt. Der Grund: Es gab nur einen passenden Raumanzug. Die Spezialkleidung war  ausschließlich für Männer entwickelt worden – und diese sind in der Regel etwas größer und kräftiger gebaut als Frauen. Deshalb waren die meisten Raumanzüge den Astronautinnen zu groß.

Mädchen für MINT

Das Beispiel zeigt, dass es noch immer die Vorstellung gibt, Männer seien für bestimmte Berufe besser geeignet als Frauen. In der Schule und bei der Studien- oder Berufswahl können diese Geschlechterstereotype eine Rolle spielen. Insbesondere in den sogenannten MINT-Fächern und -Berufen sind Mädchen und Frauen häufig unterrepräsentiert. Eine Initiative, die daran etwas ändern möchte, ist der bundesweite Girls’Day, der in diesem Jahr am 28. April stattfindet. Ziel des Mädchen-Zukunftstags ist es, Schülerinnen die Vielfalt von MINT-Studienfächern und -Berufen vorzustellen.

Mit Vorurteilen aufzuräumen, ist ein Ziel, das Ina Fendel als studentische Mitarbeiterin im MINToring-Programm erreichen möchte. Sie selbst studiert Informatik.

Mit Vorurteilen aufzuräumen, ist ein Ziel, das Ina Fendel als studentische Mitarbeiterin im MINToring-Programm erreichen möchte. Sie selbst studiert Informatik.
Bildquelle: privat

Die Freie Universität beteiligt sich zum 20. Mal am Girls’Day. In Workshops und einer Diskussionsrunde mit Wissenschaftlerinnen können sich die Teilnehmerinnen zum Beispiel mit Quantencomputern befassen oder der Frage nachgehen, wie Licht dabei hilft herauszufinden, wodurch Ozeane verschmutzt werden.

Auch der Präsident der Freien Universität, Mathematikprofessor Günter M. Ziegler, bietet einen Workshop zum Thema „Mathe, Bilder – und lauter Zahlen“ an. Das Programm des Girls‘Day umfasst außerdem philosophische und Wirtschaftsthemen.

„Das Besondere am Girls’ Day ist, dass sich die Teilnehmerinnen auf Augenhöhe mit Studentinnen und Wissenschaftlerinnen austauschen können“, erklärt Selma Tabak-Balks, die von 2014 bis 2018 studentische Mitarbeiterin im Team der Zentralen Frauenbeauftragten war und in dieser Zeit den Girls’Day an der Freien Universität organisiert hat.

Heute arbeitet sie bei der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen und ist dort unter anderem im Projekt „Weiterbildungsmentor*innen“ tätig. Es gebe zwar viele Angebote für Mädchen, die sich für naturwissenschaftliche und technische Berufe interessieren, „aber oft fehlen Botschafterinnen, also Frauen, die von ihrem Werdegang und ihren Erfahrungen berichten“, sagt Selma Tabak-Balks.

Friederike von Raumer gehört zu den 33 Prozent weiblicher Physik-Studierenden an der Freien Universität.

Friederike von Raumer gehört zu den 33 Prozent weiblicher Physik-Studierenden an der Freien Universität.
Bildquelle: privat

Mit Vorurteilen aufräumen

Zwei dieser Botschafterinnen sind die Physik-Studentin Friederike von Raumer und Ina Fendel, die Informatik studiert. Die beiden sind studentische Mitarbeiterinnen im Programm „MINToring für Mädchen* in Physik, Informatik und Geowissenschaften; mit dem Asterisk sollen alle Personen angesprochen werden, die sich als Mädchen definieren. Das Programm richtet sich an Schülerinnen ab der Klassenstufe sieben und beinhaltet Workshops und Praktika in verschiedenen Forschungsgruppen, die den Teilnehmerinnen Einblicke in den wissenschaftlichen Alltag geben.

Physik habe sie schon immer interessiert, aber erst im Studium habe sie gemerkt, wie vielfältig das Fach ist, sagt Friederike von Raumer. „Am meisten fasziniert mich die Astrophysik. In der Schule war das aber überhaupt kein Thema.“ Der Unterricht sei häufig sehr theoretisch gewesen. „Schulen haben ja oft gar nicht die Ausstattung und die Materialien, mit denen Forschende an der Universität arbeiten. Ein Tag im Labor kann vollkommen neue Einblicke in ein Fach geben.“

Nur ein Viertel der Informatik-Studierenden ist weiblich, in der Physik ist es ähnlich

Über das MINToring wollen Friederike von Raumer und Ina Fendel nicht nur ihre Begeisterung für ihre Studienfächer weitergeben. „Unser Ziel ist es, mit Vorurteilen aufzuräumen und so die Hemmschwelle für Mädchen abzubauen“, erklärt Ina Fendel. Als Informatikstudentin gehört sie an der Freien Universität zu einer Minderheit; nur etwa ein Viertel der Studierenden in diesem Studiengang ist weiblich. Ähnlich verhält es sich im Studienfach Physik, in dem der Anteil weiblicher Studierender bei rund einem Drittel liegt. „Trotzdem oder gerade deswegen erlebe ich immer wieder, wie groß der Zusammenhalt unter uns weiblichen Studis ist“, sagt Friederike von Raumer.

Vorbilder kennenlernen

Vorstellungen darüber, was „typisch männlich oder typisch weiblich“ sei, gibt es schon lange. Dass sich Frauen das Wahlrecht erkämpfen mussten, lag auch daran, dass sie als zu emotional galten, um politisch aktiv zu sein. Logisch zu denken und technisch versiert zu sein, wurden hingegen als männliche Fähigkeiten angesehen. Solche Sichtweisen sind auch deshalb problematisch, da sie ein Verständnis von ausschließlich binären geschlechtlichen Identitäten vermitteln.

Letztlich trügen unterschiedlichste gesellschaftliche Faktoren dazu bei, Geschlechterstereotype aufrechtzuerhalten, sagt Selma Tabak-Balks. „Schon die Kleidung und das Spielzeug vermitteln Kindern bestimmte Rollenbilder.“ Umso wichtiger sei es, dass die Teilnehmerinnen des Girls’Day oder des MINToring-Programms Studentinnen und Wissenschaftlerinnen kennenlernen, die in mathematischen, naturwissenschaftlichen und technischen Fächern tätig sind und damit mit traditionellen Rollenbildern brechen.

Es tut sich was

In einigen MINT-Studiengängen der Freien Universität ist die Geschlechterverteilung unter den Studierenden ausgeglichener, in Biologie und Pharmazie liegt der Frauenanteil bei mehr als 60 Prozent.

Und auch die NASA zieht mit: Nachdem der Einsatz der Astronautinnen Anne McClain und Christina Koch im März 2019 abgesagt werden musste, machten sich Christina Koch und Jessica Meir im Herbst 2019 als erstes ausschließlich weibliches Team auf den Weg zur Internationalen Raumstation.

Weitere Informationen

Girls’Day an der Freien Universität

MINToring für Mädchen* in Physik, Informatik und Geowissenschaften

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