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Von Studierenden für Studierende – Tutorien haben eine lange Tradition an der Freien Universität

1. Juni: deutschlandweiter Tag der Tutorienarbeit

10.05.2023

Mentoring-Qualifizierung

Mentoring-Qualifizierung
Bildquelle: Career Service

Wer selbst studiert und gern mit Kommiliton*innen arbeitet, im eigenen Fachgebiet viel Sachkenntnis mitbringt und mindestens im dritten Semester ist, kann sich an der Freien Universität Berlin als Tutorin oder Tutor bewerben. Deren Aufgabe ist zum Beispiel, eine Vorlesung zu begleiten und Studierenden so die Möglichkeit zu bieten, den Lernstoff in kleinen Gruppen zu üben und zu vertiefen. „Tutorien sind seit den 1950er Jahren ein wichtiger Baustein der universitären Lehre, weil sie im Gegensatz zu großen Vorlesungen individuelle Unterstützung der Studierenden ermöglichen“, sagt Jördis Vassiliou, Koordinatorin für die Qualifizierung für Mentoring und Tutoring im Career Service der Freien Universität.

Wie alles anfing: Zur Geschichte der Tutorienarbeit an der Freien Universität Berlin

Das Foto von 1956 zeigt eine Tutorengruppe des Friedrich-Meinecke-Instituts auf einer Exkursion nach Bonn.

Das Foto von 1956 zeigt eine Tutorengruppe des Friedrich-Meinecke-Instituts auf einer Exkursion nach Bonn.
Bildquelle: Universitätsarchiv der Freien Universität Berlin

1952: Erstes studentisches Tutorienprogramm startet als Orientierungshilfe für Studienanfänger*innen am Friedrich-Meinecke-Institut für Geschichtswissenschaft mit acht Tutoren. Vermittelt werden Methoden und die Organisation des Universitätsbetriebs, zudem gibt es Hilfe bei individuellen Problemen.
1954: Nach nur zwei Jahren gibt es bereits 52 studentische Tutoren.
1964: Der Akademische Senat verabschiedet die Tutorenordnung. Sie enthält Rahmenbedingungen der Tutorienarbeit (etwa Kompetenzabgrenzung, Aufgaben der Tutor*innen, Voraussetzungen und Vergütung). Die Zahl der studentischen Tutoren liegt bei 133.
1965: Wissenschaftliche Tutorien sollen überlaufene Lehrveranstaltungen entlasten, indem Studierende fachlich und pädagogisch mitbetreut werden. Das Programm startet mit 35 Tutor*innen.
1968/69: Erste Didaktik-Seminare für Tutor*innen (Inhalte: Denkeinstellung zur Wissenschaft, Anregung des produktiven Denkens, Arbeitsmotivation, Möglichkeiten und Grenzen der Rationalisierung des Lernens, Selbstkontrolle des unterrichtlichen Tuns, Ursachen und Überwindung von Studienkrisen, Probleme der Selbstblockierung). Es gibt bereits 165 wissenschaftliche Tutor*innen.
WS 1988/89: Studierende fordern Möglichkeiten selbstbestimmten Lernens und der kritischen Auseinandersetzung mit dem Wissenschaftsbetrieb: „Projekttutorien“ werden eingerichtet, sie werden bis zum SS 2002 angeboten.
2012/13: Das universitätsweite Mentoring-Programm „Support“ startet unter dem Motto „Ankommen – reinkommen – klarkommen“. Studierende unterstützen Studienanfänger*innen künftig als Peers in ihren ersten Semestern an der Freien Universität. Bis 2016 wird das Support-Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, es läuft bis 2020 weiter.
seit 2012: Der Career Service organisiert die überfachliche Qualifizierung für Mentoring und Tutoring. Vermittelt wird didaktisches und methodisches Wissen zum Lehren und Lernen, zu Umgang und Kommunikation mit Gruppen, zur Konfliktlösung sowie zur konkreten Planung von Lehrveranstaltungen. Ab 2018 wird das Angebot in zwei parallel laufende Weiterbildungsprogramme aufgeteilt: Qualifizierung für Tutoring und Qualifizierung für Mentoring (seit 2021: ABV-Kurs „Gruppenleitung in Lehr-Lern-Kontexten“).
2018: Die Freie Universität Berlin wird Mitglied im Netzwerk Tutorienarbeit an Hochschulen.
2019: Das Netzwerk Tutorienarbeit an Hochschulen ruft den deutschlandweiten Tag der Tutorienarbeit ins Leben. Die Freie Universität beteiligt sich u.a. mit einem Insta-Takeover von Tutor*innen.
2021: Die Berlin University Alliance (Verbund aus Freier Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technischer Universität Berlin und Charité -Universitätsmedizin) fördert erstmals die von Studierenden initiierten X-Tutorials: Studentische Teams forschen dabei für bis zu zwei Semester eigenständig zu einem Thema ihrer Wahl.
2023 sind rund 200 Mentor*innen und 350 Tutor*innen in allen Fachbereichen der Freien Universität Berlin im Einsatz.

Engagement wertschätzen

Als Sprecherin des „Netzwerks Tutorienarbeit an Hochschulen“ hat Jördis Vassiliou den bundesweiten Tag der Tutorienarbeit im Jahr 2019 mit ins Leben gerufen, am 1. Juni findet er – pandemiebedingt – zum zweiten Mal statt. „Studierende, die Tutorien leiten oder im Mentoring tätig sind, investieren neben ihrem eigenen Studium viel Zeit und unterstützen damit andere Studierende. Das ist eine enorme Leistung“, sagt Jördis Vassiliou. „Wir wollen die Arbeit der Tutorinnen und Tutoren, Mentorinnen und Mentoren sichtbarer machen und mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen einmal mehr wertschätzen.“

Eine von ihnen ist Julia Weisfeld. Als Mentorin hat die BWL-Studentin Erstsemester am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft in der Orientierungswoche auf den Studienstart vorbereitet und bei der Prüfungsvorbereitung sowie der Auswahl der Seminare fürs zweite Semester unterstützt. Im Bereich Unternehmensrechnung und Wirtschaftsprüfung am Department Finance, Accounting, Taxation & Supplements (FACTS) leitet Julia Weisfeld zudem jede Woche drei Tutorien. Sie sagt: „Tutorien sind eine ideale Klausurvorbereitung. Natürlich muss man die Inhalte selbstständig auch noch einmal lernen, aber die Tutorien bieten für das Wiederholen und Üben eine gute Grundlage.“

Auch Konstantin Waubke ist im FACTS-Department als Tutor tätig: „In unseren Tutorien begegnen wir Studierenden auf Augenhöhe. Das ist sehr wichtig, da über Tutorinnen und Tutoren der Zugang zu dem Modul oder dem Department einfacher gelingt.“ Sein Ziel sei dabei nicht nur, dass die Studierenden ihre Klausuren bestehen. „Ich bemühe mich auch, dass Studierende gerne und vielleicht sogar mit etwas Vorfreude in die Tutorien kommen und sie nicht als reine Pflichtveranstaltungen ansehen."

Vorlesungsstoff auf Augenhöhe vermitteln

Wie wertvoll Tutorien sind, weiß auch Professorin Barbara Vetter, die am Institut für Philosophie jährlich für bis zu 300 Studierende die Einführungsmodule zum „Philosophischen Argumentieren“ verantwortet. „Ohne meine unglaublich kompetenten, hochmotivierten und in jeder Hinsicht wunderbaren Tutorinnen und Tutoren wäre das Modul überhaupt nicht denkbar“, sagt Barbara Vetter. „Tutorinnen und Tutoren können den Vorlesungsstoff auf Augenhöhe vermitteln, Raum und Ruhe geben, um aus Fehlern zu lernen, und nicht zuletzt finden sie immer wieder didaktische Methoden, von denen ich mir selbst noch eine Scheibe abschneiden kann.“

„Wertvoller Beitrag zur Lehr- und Lerngemeinschaft“

Dieses Engagement soll am 1. Juni gewürdigt werden. Während der Pandemie war der Tag der Tutorienarbeit mit öffentlichen Aktionen nicht möglich, umso wichtiger ist es Jördis Vassiliou, dieses Jahr möglichst viele Fachbereiche der Universität anzusprechen, damit auch sie an diesem Tag die Arbeit ihrer Tutorinnen und Tutoren in den Mittelpunkt stellen.

Professor Sven Chojnacki, Vizepräsident für Studium und Lehre, betont: „Tutorinnen und Tutoren sowie Mentorinnen und Mentoren leisten einen wertvollen Beitrag zu unserer Lehr- und Lerngemeinschaft, und ich freue mich daher sehr, dass wir das beim diesjährigen Tag der Tutorienarbeit würdigen und sichtbar machen. Solche Peer-to-peer-Konzepte bergen ein ganz besonderes Potenzial für den gemeinschaftlichen Wissens- und Kompetenzerwerb, aber auch für neue Ansätze der Lehre.“

Riesiger Applaus

Wie sehr die Studierenden die Arbeit der Tutorinnen und Tutoren wertschätzen, zeige sich immer wieder in den Veranstaltungen selbst, sagt Tutorin Julia Weisfeld: „Manchmal kommen Studierende zu mir und bedanken sich für eine gute Erklärung oder sprechen anderweitig ein Lob aus. Das freut mich immer sehr und bedeutet mir viel.“ Das gilt auch für Tutor Konstantin Waubke: „Mich motiviert es jedes Mal aufs Neue, wenn die Studierenden zufrieden und mit neuem Wissen aus den Tutorien rausgehen.“ Philosophie-Professorin Barbara Vetter sagt: „Völlig zu Recht erhalten die Tutorinnen und Tutoren in meiner Vorlesung jedes Semester einen riesigen Applaus.“

Weitere Informationen

1. Juni 2023 Tag der Tutorienarbeit an der Freien Universität Berlin

Am 11. und 12. Mai findet das bundesweite Treffen des „Netzwerks Tutorienarbeit an Hochschulen“ im Seminarzentrum der Freien Universität statt. Die Veranstaltung in Kooperation mit der Technischen Universität Berlin, zu der 60 Teilnehmende erwartet werden, wird die Rahmenbedingungen der Tutorienarbeit in den Fokus nehmen und deren Weiterentwicklung diskutieren. Sie ist der Auftakt für das durch die „Stiftung Innovation in der Hochschullehre“ geförderte Projekt „Tutorienarbeit vernetzen und nachhaltig gestalten“ im Rahmen der Ausschreibung „Fokus Netzwerke. Stärkung von Netzwerken als innovationsbefördernde Akteure“.