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Lehrkräfte der Zukunft

Beim „Zukunftscampus Neue Lehrkräfte für Berlin“ haben sich an der Freien Universität Berlin etwa 130 Schülerinnen und Schüler über das Lehramtsstudium und den Lehrberuf informiert

26.03.2025

Im Jahr 2032 könnten diese jungen Menschen vor Berliner Schulklassen stehen. Sechs Semester Bachelor, vier Semester Master, 18 Monate Referendariat – insgesamt sechseinhalb Jahre dauert es, bis man das Staatsexamen in der Tasche hat.

Im Jahr 2032 könnten diese jungen Menschen vor Berliner Schulklassen stehen. Sechs Semester Bachelor, vier Semester Master, 18 Monate Referendariat – insgesamt sechseinhalb Jahre dauert es, bis man das Staatsexamen in der Tasche hat.
Bildquelle: Sören Maahs

Das könnten sie sein, die Lehrerinnen und Lehrer, die im Jahr 2032, vielleicht auch erst 2033, vor Berliner Schulklassen stehen werden. Etwa 130 Oberschülerinnen und -schüler haben sich zum Zukunftscampus Neue Lehrkräfte für Berlin an der Freien Universität versammelt, um praxisnahe Eindrücke aus Beruf und Studium zu erhalten. Junge Menschen, die sich für den Lehrberuf interessieren, sind in der Hauptstadt gefragter denn je. Ob sie nach dem Abitur tatsächlich den Weg ins Lehramt einschlagen, ist noch offen. Doch ein Interesse ist da, sonst säßen sie an diesem Tag nicht im Hörsaal 1A. Nun gilt es herauszufinden, ob aus Neugier eine handfeste Berufsentscheidung werden könnte.

Norik und Jakob vom Lichtenberger Immanuel-Kant-Gymnasium überlegen, ob Mathe und Physik an der Sekundarschule etwas für sie wäre. Soraya vom Melanchthon-Gymnasium in Hellersdorf kann sich vorstellen, Deutsch und Kunst an der Grundschule zu unterrichten. Und die 17-jährige Melia von der Paul-Dessau-Gesamtschule im brandenburgischen Zeuthen interessiert sich für das Fach Sonderpädagogik. Ein Berufspraktikum in der 9. Klasse an einer Grundschule hat ihr bereits gezeigt, dass sie „gut mit Kindern kann“, wie sie sagt. Beim Zukunftscampus wollte sich die Gymnasiastin nun über Inhalte, Zulassungsvoraussetzungen und Finanzierungsmöglichkeiten des Lehramtsstudiums informieren.

Mehr als nur Wissen vermitteln

Was macht eine gute Lehrkraft aus? „Wenn Sie Spaß daran haben, Wissen zu vermitteln und selbst immer wieder Neues zu lernen, sind Sie genau richtig in dem Beruf“, meint Professor Benjamin Pölloth, der an der Freien Universität neue Lehrkräfte im Fach Chemie qualifiziert. „Und man muss Menschen mögen – Kinder, Jugendliche, ihre Eltern.“ Studiert werden sollte, was einen am meisten bewegt und interessiert. „Sie sollten auf jeden Fall Kinder und Jugendliche für Ihr Fach begeistern können!“

Jetzt langsam die Natronlauge zugeben: Marei Zylka (dritte von links), Lehramtsstudentin in den Fächern Chemie und Physik, leitete einen Workshop an, bei dem Teilnehmende selbst synthetisches Indigo herstellen konnten.

Jetzt langsam die Natronlauge zugeben: Marei Zylka (dritte von links), Lehramtsstudentin in den Fächern Chemie und Physik, leitete einen Workshop an, bei dem Teilnehmende selbst synthetisches Indigo herstellen konnten.
Bildquelle: Sören Maahs

Besonders gesucht sind Absolventinnen und Absolventen in den Naturwissenschaften: „Wenn Sie sich für das Fach Chemie entscheiden, haben Sie super Jobaussichten. Chemielehrerinnen und -lehrer werden händeringend gesucht“, sagt Didaktiker Pölloth.

Kleine Gruppe, starker Zusammenhalt

Die geringe Nachfrage nach Chemie auf Lehramt bekommt auch die Lehramtsstudentin Marei Zylka zu spüren, allerdings nicht zu ihrem Nachteil: „In meinem Chemiejahrgang ist die Gruppe zwar klein, der Zusammenhalt dafür umso größer. Stundenlang steht man im Labor nebeneinander – das schweißt die Leute zusammen wie vielleicht in keinem anderen Fach.“

An diesem Tag leitet Marei Zylka einen Workshop an, bei dem Jugendliche im Mitmachlabor NatLab selbst experimentieren dürfen. Mit Laborkittel und Schutzbrille ausgestattet, löst die 17-jährige Schülerin Delane ein gelblich-bröckeliges Pulver – 2-Nitrobenzaldehyd – unter Rühren in einem Becherglas mit Aceton auf. Nach langsamer Zugabe von Natronlauge setzt sich in der dunkelbraunen Lösung ein tiefblauer Feststoff ab: synthetisches Indigo, das vor allem zum Färben von Textilien und Garnen verwendet wird.

Delane, die in Berlin-Lichtenrade die Carl-Zeiss-Oberschule besucht, möchte später als Chemie- und Biologielehrerin arbeiten. „Mir haben im Unterricht immer die Experimente gefallen, wenn die Theorie quasi greifbar wird“, erklärt sie ihre Motivation. Etwas Bammel hatte sie allerdings vor dem mathematischen Teil des Studiums. Ob denn viele Studierende durch die Matheprüfung fallen? Marei Zylka kann entwarnen: In unbenoteten Zusatztutorien können alle Grundlagen in entspanntem Rahmen aufgefrischt werden. „Wer daran teilnimmt, hat bei der Prüfung in der Regel kein frustrierendes Erlebnis.“

Einblicke ins Lehramtsstudium: Studierende der vier großen Berliner Universitäten beantworten Fragen von Schülerinnen und Schülern zu Fachwechsel, Doppelstudium, Finanzierung und neuen Freundschaften.

Einblicke ins Lehramtsstudium: Studierende der vier großen Berliner Universitäten beantworten Fragen von Schülerinnen und Schülern zu Fachwechsel, Doppelstudium, Finanzierung und neuen Freundschaften.
Bildquelle: Sören Maahs

Der Zukunftscampus, der seit 2016 jährlich stattfindet, ist ein gemeinsames Projekt der vier Berliner Universitäten, die Lehramtsstudiengänge anbieten, und dem Netzwerk für Lehrkräfte mit Migrationshintergrund. Die Freie Universität und die Humboldt-Universität haben fast das gesamte Spektrum der Schulfächer im Programm, wobei es einzelne Schwerpunktbildungen gibt. So kann man zum Beispiel Politikwissenschaft nur an der FU, Sport nur an der HU studieren. Wer ein künstlerisches Fach studieren will, kann dies an der Universität der Künste tun. Die Fächer der beruflichen Bildung werden fast ausschließlich von der Technischen Universität angeboten.

Gespräche unter Kolleginnen und Kollegen

Wie ist es wirklich, Lehrkraft zu sein? In insgesamt 17 Workshops, Vorträgen und Talk-Runden berichteten erfahrene Fachleute aus ihrem Berufsalltag. Die Gespräche sind erfrischend ehrlich. Die Schülerinnen und Schüler – die ja bislang vor allem die Perspektive von der anderen Seite des Lehrerpults kennen – dürfen alles fragen, und man antwortet ihnen nicht wie Kindern, sondern wie künftigen Kolleginnen und Kollegen.

So erfahren sie etwa, dass der Berufseinstieg auch Herausforderungen mit sich bringt: „Mein erstes Dienstjahr war das schwerste“, erinnert sich Engin Çatik, seit Januar Leiter der Bergius-Schule in Friedenau. „Ich hatte eine Lerngruppe, donnerstags siebte und achte Stunde, die mich jedes Mal auseinandergenommen hat. Es hat lange gedauert, eine Beziehung zu den Jugendlichen aufzubauen, ihnen zu vermitteln: Ich will euch doch gar nichts Böses.“

„Die Vielfalt im Klassenzimmer braucht die Vielfalt im Lehrerzimmer", sagte Secil Olcaytürk (zweite von links) in der Talk-Runde mit Lehrerinnen und Lehrern aus verschiedenen Schultypen.

„Die Vielfalt im Klassenzimmer braucht die Vielfalt im Lehrerzimmer", sagte Secil Olcaytürk (zweite von links) in der Talk-Runde mit Lehrerinnen und Lehrern aus verschiedenen Schultypen.
Bildquelle: Sören Maahs

Vielfalt im Lehrerzimmer

Ein besonderes Anliegen des Zukunftscampus ist es, auch mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund für das Lehramt zu gewinnen. „Die Vielfalt im Klassenzimmer braucht die Vielfalt im Lehrerzimmer“, ist Secil Olcaytürk überzeugt. Sie ist Grundschullehrerin in Rixdorf und Landeskoordinatorin des Berliner Netzwerks für Lehrkräfte mit Migrationshintergrund. „Kinder brauchen Vorbilder, und wenn Kinder mit Migrationshintergrund eine Lehrkraft mit Migrationsgeschichte haben, dann sehen sie: Hey, es geht, es ist alles möglich“. Als kleines Mädchen war Secil Olcaytürk eins von zwei Kindern mit Migrationshintergrund in der Klasse, berichtet sie. „Ich habe unheimlich viel Unterstützung von meinen Lehrerinnen und Lehrern bekommen. Später hat es mich gereizt, diese Unterstützung an meine Schülerschaft weiterzugeben“.

Und dann ist da noch die Frage nach der Work-Life-Balance. Üppige Ferien, mittags Schluss – manche Klischees halten sich hartnäckig. Doch die Realität in Zeiten der Ganztagsschule sieht anders aus: Klausurenkorrektur, Elterngespräche, diverse Sitzungen, Klassenfahrten, Weiterbildungen. „In Vollzeit arbeiten Sie im Schnitt 48 Stunden pro Woche, um für die Ferien vorgearbeitet zu haben“, sagt Engin Çatik. Zudem seien Ferien für Lehrkräfte nicht nur Freizeit. In diese Zeit gehört die Vorbereitung des Unterrichts für das neue Schuljahr. „Als Lehrer haben Sie oft das Gefühl, niemals fertig zu sein.“

Bei einer Sache sind sich alle einig: Es ist ein erfüllender Beruf. „Als Klassenlehrerin kann ich 25 Persönlichkeiten kennenlernen und gemeinsam mit ihnen lernen“, sagte Grundschullehrerin Ilknur Geze. „Das ist das Schöne daran – und das Herausfordernde.“

Weitere Informationen

Praktisch
Sie möchten wissen, wie das Lehramtsstudium an der Freien Universität konkret aussieht? Schauen Sie einmal in unsere Video-Reihe Praktisch: Lehramtsstudium an der Freien Universität Berlin.

Einen Tag auf Lehramt studieren
Schülerinnen und Schüler, die sich für ein lehramtsbezogenes Studium interessieren, können im Juni eine bzw. einen Lehramtsstudierende*n durch den Studienalltag begleiten. Informationen zur Anmeldung finden Sie hier.

Uni im Gespräch
Am 21. Mai 2025 informieren Expert*innen der Dahlem School of Education zum Thema Lehramtsstudium. Sie haben die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Weitere Informationen hier.