Den Start in mein Auslandssemester auf La Réunion als holprig zu bezeichnen, wäre noch untertrieben. Durch pures Ignorieren des Flugtickets bin ich in Berlin zum falschen Flughafen gefahren – weswegen ich am richtigen zu spät für die Gepäckabgabe war. Mit viel Glück habe ich den Flug noch bekommen. Während also all meine Sachen erst zwei Wochen später mit der Post ankommen sollten, trat ich meinen Weg in die südlichste Region Europas an.

Doch nicht nur, dass ich zunächst ohne Gepäck war, auch der chaotische Start an der Uni und die allgemeine Unsicherheit, die man an einem komplett neuen Ort verspürt, sorgten in mir für Verwirrung. Mit seinen dreckigen, ursprünglich mal weißen Häusern wirkt Saint-Denis wie eine typische, leicht heruntergekommene südeuropäische Stadt.

Obwohl die geographische Entfernung durch Flüge, Schiffe, Importe und Exporte heute theoretisch keine große Rolle mehr spielt, ist sie ganz praktisch durch viele kleine Dinge spürbar: Die Preise im Supermarkt zeigen, dass vieles importiert werden muss – bis auf die Lebensmittel, die wiederum in Europa importiert werden. So kann ich hier ohne schlechtes Gewissen relativ günstig eine Avocado kaufen, die nicht so geschmacklos ist wie die auf dem Teller der Berliner Influencerin. Diese Avocado auf einem klassisch französischen Baguette – et voilà: La Réunion! Frankreich auf einer tropischen Insel.

Europa ist hier gleichzeitig nah und fern, und das verwirrt. Trotz aller Reflexion habe auch ich bestimmte Bilder von hier und dort, Europa und anderswo, im Kopf: Europa ist Festland, Europa ist Weiß, Europa ist Bewegungsfreiheit, Europa ist Luxus. Einiges davon findet sich in Saint-Denis, anderes nicht. Ich war auf einen mir noch unbekannten Blick auf Europa gefasst gewesen. So hat mich anfangs die Gleichzeitigkeit des Innerhalb und Außerhalb überfordert.

So viel für heute zu meinen chaotischen ersten Eindrücken von der Insel, die noch sehr viel zu entdecken verspricht – Menschen, Natur, Uni, Sport und und und…