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„China nutzt den Krieg für eigene Propaganda.“

Schwerpunkt: Krieg in der Ukraine

16.02.2023

Genia Kostka, Professorin für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt auf der Politik Chinas

Genia Kostka, Professorin für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt auf der Politik Chinas
Bildquelle: Hertie School of Governance

Der Krieg in der Ukraine hat den Kampf verschiedener Machtblöcke mit unterschiedlichen politischen Systemen und Ideologien in den Vordergrund gerückt. China ist schon seit Langem Russlands größter Handelspartner. Russland wiederum ist der wichtigste Energielieferant Chinas. Im Zuge des Krieges haben sich die Handelsbeziehungen zwischen Russland und China noch einmal verstärkt. Darüber hinaus bekräftigte der chinesische Präsident Xi wiederholt, dass China bereit sei, die Kooperation mit Russland zu vertiefen. 

China unterhält sowohl mit Russland als auch der Ukraine weiterhin normale wirtschaftliche Beziehungen und unterstützt keine Seite militärisch. China hat selbst in großem Umfang in der Ukraine investiert und muss Schäden bei Schiffsbauprojekten, Eisen- und Stahl-Schmieden, Autobahnen und anderer Infrastruktur verkraften. Durch den Krieg wurden chinesische Investitionsprojekte in Milliardenhöhe zerstört. Durch die Ukraine verlief ein wichtiger Transitweg für die neue Seidenstraße, der nun zerstört ist. Auch für Chinas Nahrungsmittelsicherheit ist die Ukraine relevant, vor allem durch Getreidelieferungen. Hier werden nun andere Länder wie Kasachstan, Russland, Belarus und Polen für China an Bedeutung gewinnen. 

Chinas Verweigerung, Russland offen zu kritisieren, muss vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA eingeordnet werden. Angesichts des Handelskrieges mit den USA möchte sich China schlicht nicht von Russland distanzieren. Wenn sich China an den internationalen Sanktionen gegen Russland beteiligte, würde das einer Unterwerfung gegenüber den USA gleichkommen. So nutzt Peking den Krieg für eigene Propaganda und betont immer wieder eine Mitverantwortung und Mitschuld Washingtons an dem Krieg. Der geopolitische Spagat, den China hier versucht, um wirtschaftliche und politische Eigeninteressen zu sichern, verstärkt eine Spirale des gegenseitigen Beschuldigens, die wir momentan auf globaler Ebene erleben.

Dieser Artikel ist am 19.02.2023 in der Tagesspiegel-Beilage der Freien Universität Berlin erschienen.