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Dem Bachelor auf der Spur

Kathrin Leuze ist neue Juniorprofessorin am Institut für Soziologie

01.09.2009

Kathrin Leuze ist Juniorprofessorin am Institut für Soziologie der Freien Universität.

Kathrin Leuze ist Juniorprofessorin am Institut für Soziologie der Freien Universität.
Bildquelle: David Ausserhofer

Kathrin Leuze, neu berufene Juniorprofessorin am Institut für Soziologie der Freien Universität Berlin, hat sich intensiv mit den kontrovers diskutierten Umbrüchen im deutschen Hochschulwesen beschäftigt. In einem Ländervergleich zwischen alten Magister- und Diplom-Studiengängen in Deutschland und den angelsächsischen Bachelor- und Masterabschlüssen hat die Soziologin umfassende Daten zusammengetragen, die erste Prognosen über die Zukunft des deutschen Bildungssystems erlauben.

Werden Bachelor-Absolventen in Zukunft nach ihrem Abschluss sofort in den Arbeitsmarkt einsteigen – auch ohne Master? Werden Frauen mit Studienabschluss gleich viel verdienen wie Männer? Und warum suchen englische Absolventen eigentlich länger nach einem Job als ihre Konkurrenten aus Deutschland? Diese und andere Fragen hat sich die Soziologin Kathrin  Leuze gestellt, um prognostizieren zu können, wie sich die Bildungslandschaft in Deutschland entwickeln wird. Leuzes Vermutung: Die Bildungsstrukturen in Europa werden sich angleichen, wobei es länderspezifische Unterschiede auch weiterhin geben wird. Trotz aller Reformen.

Kathrin Leuzes detaillierte Auseinandersetzung mit Bildungsstrukturen begann an der Bremer Graduate School of Social Sciences. Dort forschte sie als Doktorandin in den Jahren 2003 bis 2006, nachdem sie ihr Diplom im Fach Soziologie an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität abgeschlossen hatte. Von Bremen aus brach sie dann für einen mehrmonatigen Aufenthalt nach Großbritannien auf, wo sie für ihre Dissertation empirische Analysen über deutsche und britische Absolventen durchführte. Leuze hat Hochschulabsolventen beider Länder miteinander verglichen und untersucht, welche beruflichen Wege die Probanden fünf Jahre nach ihrem Abschluss eingeschlagen hatten  - und vor allem: mit welchem Erfolg.

Vom Historiker zum Fondsmanager

„Dabei habe ich festgestellt, dass es in Deutschland eher einen glatten Übergang zwischen Studium und Beruf gibt, wohingegen in England ein holpriger Wechsel stattfindet. In Deutschland findet man nach Abschluss des Studiums relativ schnell einen Job. Außerdem verfügt man in der Regel über lange erste Beschäftigungsverhältnisse. In Großbritannien ist es eher so, dass man schnell einen Job findet, der aber qualitativ meistens nicht so gut ist wie hier.“

Zudem würden die alten Studiengänge in Deutschland viel stärker auf einen konkreten Beruf qualifizieren, wohingegen Englands Universitäten das Bachelor-Verfahren als ein „studium generale“ verstünden, das zuvorderst Allgemeinbildung vermitteln soll. Deshalb sei es in England durchaus üblich, dass ein Historiker später als Fondmanager arbeitet, wohingegen in Deutschland der berufliche Werdegang enger an den Studienabschluss geknüpft ist.

Doch durch die hiesigen Bachelor- und Masterreform könnte sich das ändern. „Ich denke, im gewissen Umfang wird sich das deutsche System an das britische angleichen“, sagt Leuze, wobei sie zu bedenken gibt, dass trotz der Reformen der deutsche Bachelor auch in Zukunft auf einen konkreten Beruf vorbereiten wird. „Außerdem“, fügt die Soziologin hinzu, „wird es eine totale Angleichung niemals geben können, weil sich die Arbeitsmärkte in Großbritannien und Deutschland fundamental voneinander unterscheiden.“

Kathrin Leuze, die sowohl an der Freien Universität als auch am renommierten Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung unterrichtet, ist über ihren Wechsel nach Berlin zufrieden. „Die technischen Möglichkeiten sind viel besser als an anderen Universitäten, die ich bislang gesehen habe. Ich kann wirklich nicht klagen“, freut sich Leuze über ihren neuen Arbeitsplatz an der Freien Universität. Auch wissenschaftlich weiß die 33-Jährige schon sehr genau, welche Richtung sie mit ihrer Forschung einschlagen will. Sie möchte das Ungleichgewicht in den Verdienstmöglichkeiten zwischen Männern und Frauen untersuchen. 

„Frauen haben bessere Bildungschancen als Männer, es gibt mehr Frauen, die ein Abitur kriegen, die Hochschulabsolventenquote ist ausgeglichen. Eine Entwicklung, die man in allen Ländern feststellen kann. Im Arbeitsmarkt gibt es aber immer noch eine Benachteiligung von Frauen. Die spannende Frage ist also, wann dies umspringen wird.“