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Unser Jüngster

Güney Roman Ertürk studiert mit 16 Jahren im ersten Semester Biochemie an der Freien Universität

18.01.2016

Könnte mit 21 Jahren seinen Masterabschluss in der Tasche haben: Güney Roman Ertürk ist der jüngste Student der Freien Universität.

Könnte mit 21 Jahren seinen Masterabschluss in der Tasche haben: Güney Roman Ertürk ist der jüngste Student der Freien Universität.
Bildquelle: Annika Middeldorf

Es sollte sein Geheimnis bleiben, zumindest am Anfang – das hatte sich Güney Ertürk für den Start ins Studium vorgenommen. Doch schon in der Einführungswoche ging es bei einem Kennenlernspiel ums Alter der Erstsemester im Fach Biochemie. Und Güney sorgte für eine Überraschung bei den neuen Kommilitonen: Denn mit seinen sechzehneinhalb Jahren ist er der jüngste Studierende der Freien Universität Berlin.

Der Altersunterschied von meist mehreren Jahren sei für ihn und seine Kommilitonen aber kein Problem, sagt der gebürtige Berliner. „Manche fragen interessiert nach, wie es kommt, dass ich so jung schon an der Uni bin. Aber inzwischen ist es fast kein Thema mehr. Wir machen längst Witze darüber.“

Trotzdem ist für Güney Ertürk manches anders als für seine Studienkollegen: „Weil ich noch nicht volljährig bin, ist es für mich nicht einfach, einen Nebenjob zu finden. Und für Semesterpartys bräuchte ich eigentlich einen ‚Mutti-Zettel‘“, sagt Güney, schiebt den Gedanken daran allerdings gleich mit einer Handbewegung zur Seite. Der sogenannte Mutti-Zettel ist ein Formular, mit dem Eltern für einen Abend eine volljährige Person mit der Aufsicht ihres minderjährigen Kindes beauftragen können. Mit solch einem Zettel dürfte Güney Ertürk dann auch bis nach Mitternacht mit seinen Kommilitonen ausgehen.

Mit dem Expresszug durch die Schulzeit

Minderjährig und an der Uni – noch vor vier Jahren, im Wintersemester 2012/2013, gab es an der Freien Universität nur etwa 90 Studierende unter 18 Jahren. In diesem Wintersemester sind es schon mehr als 150. Der jüngste unter ihnen, Güney Ertürk, ist Anfang Juli 1999 geboren und studiert im Bachelorstudiengang Biochemie am Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität. Absolviert er sein Studium in der Regelstudienzeit und führt es im Master fort, wird er mit gerade mal 21 Jahren seinen zweiten akademischen Abschluss in der Tasche haben.

Und dann? „Im Moment plane ich, anschließend eine Doktorarbeit zu schreiben. Aber ob ich dabei bleibe, weiß ich noch nicht“, sagt Ertürk, der, wie die meisten Kinder, mit sechs Jahren eingeschult worden ist. Aber schon die zweite Grundschulklasse übersprang er. Am Hildegard-Wegscheider-Gymnasium in Berlin-Grunewald nahm er dann den „Expresszug“ – ein Förderprogramm für Hochbegabte, die die achte Klasse überspringen. Sein Abitur schloss der Hobby-Schachspieler und Basketballfan im Frühjahr 2015 mit einem Schnitt von 1,5 ab.

Umziehen? Kompliziert, wenn man minderjährig ist

„Eigentlich wollte ich unbedingt Nanowissenschaften studieren“, sagt Ertürk. Bloß: Das Studienfach gibt es an keiner  Berliner Universität. Und den Wohnort zu wechseln, kam für ihn nicht in Frage. „Umzuziehen, eine Wohnung anzumieten – das alles ist als Minderjähriger etwas kompliziert“, sagt der 16-Jährige. Im Fach Biochemie, in dem mit chemischen und molekularbiologischen Methoden die Lebensvorgänge in Organismen untersucht werden, fand er schließlich seine Interessen in einem Fach vereint, wie er erzählt: „Alles, was mit dem Menschen zu tun hat, hat mich schon immer interessiert.“

„Man ist für sich selbst verantwortlich“

In Chemie, Physik und Mathematik war Güney Ertürk in der Schule am besten. Für Tests und Arbeiten in diesen Fächern brauchte er kaum zu lernen. Im ersten Semester an der Universität ist das anders, hier muss er schon mal büffeln: „Gerade das Auswendiglernen, beispielsweise von Formeln, ist für mich neu und ungewöhnlich“, sagt er.

Die größte Umstellung sei aber die neue Freiheit gewesen – und was daraus folgt: „An der Uni ist man stärker für sich selbst verantwortlich als in der Schule“, sagt Ertürk. Mit welcher Note man eine Klausur besteht oder ob man sie überhaupt besteht, dafür müsse man sich selbst motivieren, sagt Güney. „Ihr Sohn steht in diesem oder jenem Fach auf Note Fünf – solche Anrufe gibt es an der Universität nicht“, sagt Güney und lächelt. Aber solch ein Gespräch mussten seine Eltern bislang ja sowieso nicht führen.