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Meine lange Nacht als DJ

Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität, stand im Postbahnhof am Mischpult

02.02.2016

Mit „Don't stop me now“ von Queen gab Peter-André Alt die Richtung für den Abend vor: Der Präsident...

Mit „Don't stop me now“ von Queen gab Peter-André Alt die Richtung für den Abend vor: Der Präsident...
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

...heizte den tanzenden Studierenden von Anfang an ein.

...heizte den tanzenden Studierenden von Anfang an ein.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Amateur-DJ und Profi: Der Präsident ließ sich kurz in die Technik des Mischpults einweisen. Und legte dann los.

Amateur-DJ und Profi: Der Präsident ließ sich kurz in die Technik des Mischpults einweisen. Und legte dann los.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Mein Prof ist ein DJ – unter diesem Motto laden jedes Jahr die Veranstalter der Professorennacht zum Szenenwechsel ein: Vom Hörsaal in den Club bitten sie Professorinnen und Professoren, damit diese dort ihre Lieblingsmusik auflegen – nicht nur musikalisch eine Herausforderung. Timo Schmid, Juniorprofessor für Angewandte Statistik von der Freien Universität, und Hochschulpräsident Peter-André Alt haben sich ihr gestellt. Campus.leben hat den Präsidenten gebeten, selbst zu berichten, wie es ihm ergangen ist.

Manche Tage haben es in sich. Am Freitag, 29. Januar, geht es morgens mit der Vorstellung des lange erwarteten Berichts der Imboden-Kommission los. Thema: Bewertung der Ergebnisse von knapp zehn Jahren Exzellenzinitiative, Vorschläge für die neue Wettbewerbsrunde. Knapp 70 Seiten sind zu lesen – am besten in 15 Minuten – und dann für die Öffentlichkeit zu kommentieren. Der restliche Tag vergeht mit internen Diskussionen und viel Pressearbeit.

Abends dann schnell nach Hause und den Anzug gegen die Jeans tauschen. Knapp 45 Minuten braucht man aus dem Südwesten der Stadt bis nach Friedrichshain zum Postbahnhof, wo die Professorennacht stattfindet und ich – wann genau, das weiß ich noch nicht – als DJ auftreten werde.

Um 22 Uhr wirkt alles noch ziemlich still. Wir werden über eine Wendeltreppe hinter der Bühne ins Büro begleitet. Insgesamt treten neun Kollegen und eine Kollegin in Paarungen gegeneinander an. Manche haben schon Erfahrung aus früheren Jahren; wir Neuen sind dagegen unsicher, was uns erwartet. Der professionelle DJ begrüßt uns und gibt eine kurze Einweisung in die Benutzung des Mischpults. Anschließend geht er in getrennten Sitzungen mit allen die vorher eingereichte Playlist durch. Das dauert fast anderthalb Stunden – er lässt sich bei jedem Zeit. Ich bin sicher, dass ich eine optimale Reihenfolge festgelegt habe. Er hat trotzdem einen Verbesserungsvorschlag: „Sex on Fire" von den „Kings of Leon" – Edel-Punk mit Crescendo-Rhythmus – sei so dynamisch, das müsse an den Schluss. Überzeugt mich, so machen wir es.

Dann stellt sich der Moderator vor und erläutert seine Rolle. Er sei der ‚Einheizer', bringe das Publikum auf Touren und sei unser ‚Tanzpartner'. Moment mal: Tanzen? Klar, es geht nicht nur darum, hinter dem Mischpult zu stehen und die Regler zu bedienen. Inzwischen ist es Mitternacht. Jetzt fängt es an, wir haben uns in den zwei Stunden gut über Hochschulgrenzen hinweg unterhalten und fänden es im Grunde ganz nett, wenn der Abend so weiterginge: altersgerecht bei einem Glas Sekt oder einem Bier zusammensitzen und reden. Aber jetzt müssen wir ins kalte Wasser springen, es hilft nichts.

Am Anfang rockt ein Kollege von den Wirtschaftswissenschaften mit seiner Band und spielt sich durch ein veritables „Stones"-Repertoire, danach beginnt der eigentliche Wettbewerb. Inzwischen hat sich die Tanzfläche gefüllt, die einzelnen Fangruppen haben sich mit Plakaten ausgestattet und machen sich warm. Ich bin als Dritter an der Reihe, in einer Paarung mit meinem Präsidentenkollegen Klaus Semlinger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft. Wir sind ganz froh, dass wir erst einmal Gelegenheit haben, die vor uns Auftretenden in Augenschein zu nehmen. Der Einsatz ist hoch: Ein Kollege von der Technischen Universität treibt den Saal mit Elektro-Beats auf Hochtouren; ein Professoren-Ehepaar swingt als Doppel-DJ über die Bühne. Es ist klar: Hier muss richtig losgelegt werden, damit der Funken überspringt.

Um zwei Uhr morgens habe ich meinen Gig. Während der Moderator mich ankündigt, denke ich für einen Moment daran, dass ich jetzt doch lieber den Imboden-Bericht kommentieren würde. Aber in dem Moment, da ich vor dem Pult stehe, ist alles andere vergessen. Der Anfang mit „Queen" läuft gut, danach kommen zwei Nummern Elektro-Swing, dann die ewige Disco-Queen Gloria Gaynor, am Ende die schon erwähnten „Kings of Leon“. Es macht Spaß zu sehen, wie die Leute tanzen – und aus den Augenwinkeln sehe ich: Sogar meine Kritiker vom AStA machen, ein bisschen wider Willen, mit. Vielleicht sollten wir in Zukunft im Akademischen Senat öfter mal zusammen Musik machen, denke ich.

Dass am Ende der Goldene Notenschlüssel für die Freie Universität heraussprang, war schön, aber nicht so wichtig wie das Dabeisein. Um fünf Uhr war ich im Bett. In ein paar Jahren gern wieder.

Weitere Informationen

Präsidenten-Playlist

1. Queen - Don't stop me now

2. Emeli Sandé and The Bryan Ferry Orchestra - Crazy In Love (Kid Koala Version)

3. Parov Stelar - Libella Swing

4. Fergie and GoonRock and Q-Tip - A Little Party Never Killed Nobody (All We Got)

5. David Bowie - Let’s dance

6. Gloria Gaynor - I will survive

7. Kings of Leon - Sex on fire