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Deutsche Meisterin mit Universiade-Gold

Bei den „Finals – Berlin 2019“ am 4. August siegte Caterina Granz über 1500 Meter – erst kurz zuvor hatte die Psychologiestudentin von der Freien Universität bei der Sommer-Universiade in Neapel Gold geholt

09.08.2019

Lauf zum Meistertitel: Caterina Granz siegte am 4. August in Berlin auf der Distanz über 1500 Meter.

Lauf zum Meistertitel: Caterina Granz siegte am 4. August in Berlin auf der Distanz über 1500 Meter.
Bildquelle: Dirk Fußwinkel

Zwei Siege kurz hintereinander – die 25-jährige Psychologiestudentin Caterina Granz erzielt derzeit einen sportlichen Erfolg nach dem anderen. Nur wenige Wochen, nachdem sie in Neapel bei der 30. Universiade – dem größten Multisportevent der Welt nach den Olympischen Spielen – die einzige Goldmedaille für die Studierenden-Nationalmannschaft geholt hat, landete sie am vergangenen Sonntag bei den Deutschen Meisterschaften über die 1500-Meter-Distanz auf dem 1. Platz.

Sie sind Deutsche Meisterin über 1500 Meter – herzlichen Glückwunsch, Frau Granz! Was war das für ein Lauf am Sonntag?

Ein sehr besonderer. Es ist mein erster Meistertitel bei den Deutschen Meisterschaften der Aktiven und dann auch noch im Berliner Olympiastadion. Die Stimmung im Stadion, als ich auf die letzte Runde gegangen bin, war wirklich überwältigend. Noch nie vorher habe ich das so wahrgenommen.

Spitzensportlerin an der Freien Universität Berlin: Caterina Granz beginnt im Wintersemester ihr Psychologie-Masterstudium. Im Juli hat sie bei der Universiade in Neapel Gold gewonnen.

Spitzensportlerin an der Freien Universität Berlin: Caterina Granz beginnt im Wintersemester ihr Psychologie-Masterstudium. Im Juli hat sie bei der Universiade in Neapel Gold gewonnen.
Bildquelle: Leon Holly

Nach 300 Metern sind Sie den anderen auf und davon gelaufen. War der Ausreißer geplant?

Ja, da war ich etwas erstaunt, als ich mich umgedreht habe. Eigentlich hatte ich gehofft, mit Hanna Klein ein schnelles Rennen vorne machen zu können und die WM-Norm anzugreifen. Dann musste ich kurzerhand meinen Plan ändern und habe beschlossen, es alleine zu versuchen. Ich war bis 200 Meter vor Schluss perfekt in der Zeit, aber hinten raus haben die Kräfte gefehlt, das Tempo zu halten. Alleine von vorne 1500 Meter schnell laufen ist echt schwerer als in einem Feld.

Sie haben die WM-Norm um nur drei Sekunden verpasst – überwiegt der Stolz dennoch die Enttäuschung?

Direkt im Ziel, war ich so fertig, dass ich mich noch gar nicht freuen konnte. Ein paar Sekunden später habe ich dann realisiert, dass ich zum ersten Mal den Titel geholt habe. Und darum ging es an diesem Tag auch. Deshalb überwiegt der Erfolgsstolz. Aber auch mit dem Rennen bin ich sehr zufrieden und bereue es nicht, dass ich es versucht habe.

Glückwunsch auch zur Goldmedaille bei der Universiade! Was hat Sie in Neapel zum Erfolg geführt?

Danke! Ich glaube, dass ich dieses Jahr physisch gut in Form bin, und das war mir im Vorfeld bewusst. Kurz vor dem Wettkampf werden die Teilnehmerlisten veröffentlicht, dann kennt man schon die Konkurrenz. Man kann sich dann ungefähr einordnen und weiß, in welchem Bereich man gerankt ist. Da wusste ich, dass ich auf jeden Fall um eine Medaille laufen möchte.

Die Platzierung kam also nicht überraschend?

Es war mein Ziel zu gewinnen. Aber das habe ich mir nicht andauernd eingeredet, sondern mich einfach auf die Sache an sich konzentriert. Ich wollte das beste Rennen machen und an diesem Tag alles rausholen. Das hat geklappt, und ich war fast schon überrascht, dass es so „einfach“ lief, als ich als Erste ins Ziel kam.

Wie war Ihre mentale Verfassung in Neapel?

Das war das erste Rennen, bei dem ich durchgehend an vorderster Position gelaufen bin. Meist ist man schneller, wenn man im Windschatten hinterherrennt, doch diesmal musste ich Verantwortung übernehmen und das Tempo kontrollieren. Dafür braucht man ein sehr gutes Gefühl. Ich habe mich im Rennen gut einfinden können und bin selbstbewusst gelaufen. Das macht mich im Nahhinein schon ein bisschen stolz.

Hat man auf der Strecke Augen für die Konkurrentinnen?

Manchmal gibt es in Stadien große Bildschirme, auf denen man sich und die anderen sehen kann. In Neapel habe ich gar nicht draufgeguckt. Ich wusste bis zum Schluss nicht, ob die zweitplatzierte Australierin Georgia Griffith noch direkt hinter mir ist. Dann läuft man mit einer Ungewissheit, weshalb ich auf den letzten Metern eher Angst hatte, dass sie noch aufholt, anstatt schon dem Sieg entgegenzulaufen. Ich konnte mich erst richtig freuen, als ich über die Ziellinie gelaufen bin und ein paar Sekunden später den Sieg realisiert habe.

Abseits vom Laufen: Was hat Ihnen bei der Universiade besonders gut gefallen?

Es ist toll mit Studierenden aus aller Welt zusammenzukommen und einen Wettkampf zu bestreiten. Es geht zwar kompetitiv zu, aber man fühlt sich trotzdem verbunden, und es ist kein pures Gegeneinander: Einige meiner größten Konkurrentinnen sind gleichzeitig meine besten Freundinnen. Aber es war auch großartig, die deutschen Sportler aus den anderen Disziplinen, wie Tennis und Segeln, kennenzulernen. Was man immer von solchen Veranstaltungen mitnimmt, sind die Kontakte zu den Menschen, die man trifft.

Sie studieren selbst Psychologie. Inwiefern spielen mentale und psychologische Aspekte für Sie eine Rolle beim Sport?

Ich glaube, dass das ganz entscheidend ist. Man muss extreme Kräfte aufwenden, um vorwärts zu kommen. Gleichzeitig ist es wichtig, im Brustbereich ruhig und gelassen zu sein. Man kann seinen Körper wie ein Weltmeister trainieren, aber man muss auch mit dem Kopf anwesend sein. Daran habe ich in den vergangenen zwei Jahren viel gearbeitet. Ich versuche, vor dem Lauf einen Fokus und innere Ruhe zu erlangen, um auch mit der Nervosität zurechtzukommen. Dafür mache ich fast täglich Mentaltraining in Form von Meditation und bin bei einer Sportpsychologin.

Außerdem ist es wichtig, mit Schmerzen zurechtzukommen, da man in unserem Sport immer an die körperlichen Grenzen geht. Egal wie fit man ist, man wird im Rennen alles rausholen. Was mir vorher Angst gemacht hat, war nicht die Tatsache, dass ich gegen andere laufe oder eine Platzierung erreichen muss, sondern die Einsicht, dass ich mich bis zum Ende verausgaben muss.

Die 1500-Meter-Strecke ist Ihre Lieblingsdistanz – was reizt Sie daran?

Ich laufe auch 10-Kilometer-Wettkämpfe, bei denen es stark auf Ausdauer ankommt. Aber ich mag es, schnell zu laufen. Bei 1500 Metern kommen Ausdauer und Schnelligkeit zusammen – ein ganz spannender Anstrengungsgrad: Nach 400 Metern ist es schon sehr anstrengend, trotzdem schafft man es, das Tempo sehr lange aufrechtzuerhalten. Mental sind 1500 Meter die anspruchsvollste Strecke: Wenn man versteht, dass man sich nach der ersten Runde schon schlecht fühlen darf und trotzdem ins Ziel kommt, kann man viel schneller rennen.

Sie sind im 12. Semester – was nimmt gerade mehr Raum ein in Ihrem Leben: das Laufen oder das Studium?

Momentan das Laufen. Das Training und die Motivation für die Wettkämpfe am Wochenende fordern viel Energie. In der Psychologie nennt man das Ego-Depletion (auf Deutsch: „Selbsterschöpfung“). Man verfügt nur über eine begrenzte Kapazität an Motivation, irgendwann ist sie erschöpft. Ich lasse mir mehr Zeit für das Studium, um die Dinge, die ich mache, richtig zu machen und dabei zu sein. Nichtsdestotrotz brauche ich neben dem Training etwas für den Kopf und möchte akademisch weiterkommen. Meinen Bachelor habe ich abgeschlossen, jetzt im Wintersemester, im Oktober, möchte ich mit dem Master anfangen.

Was sind Ihre nächsten sportlichen Ziele?

Ich möchte mich noch für die Weltmeisterschaften im Oktober qualifizieren und nächstes Jahr im Juli auch gerne das erste Mal an den Olympischen Spielen in Tokio teilnehmen – das ist mein großes Ziel.

Wie entscheidet sich, ob Sie sich für Olympia qualifizieren?

Pro Nation und Disziplin dürfen drei Leute an den Start gehen. Um sich zu qualifizieren, muss man bei der Deutschen Meisterschaft, die nächstes Jahr im Juli stattfinden, unter den Top-3 landen und eine bestimmte Zeit unterbieten, die liegt bei 4:04 Minuten. Oder man landet unter den Top-3 in Deutschland und ist im World Ranking unter den ersten 45 platziert. Die Punkte von der Universiade zählen schon für das Olympia-Ranking, was natürlich von Vorteil für mich ist.

Auf welchem Platz sind Sie derzeit weltweit?

Auf Platz 23.

Also stehen die Chancen gut?

Derzeit schon. Wenn ich die Leistung halten kann, habe ich gute Chancen.

Wir drücken die Daumen.

Danke!

Die Fragen stellten Leon Holly und Sören Maahs

Weitere Informationen

Die Freie Universität Berlin ist Mitglied im Verbundsystem für die Spitzensportförderung an den Hochschulen in Berlin. Grundlage dafür ist der Kooperationsvertrag mit dem Olympiastützpunkt Berlin. In diesem Vertrag bekennt sich die Hochschule zu den besonderen Förderungsbedarfen, die studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler haben, um die „Duale Karriere“ im Leistungssport und der akademischen Ausbildung erfolgreich bewältigen zu können.