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Leiter der Philologischen Bibliothek in den Ruhestand verabschiedet: Klaus Ulrich Werner

Ein Berufsleben für die Leserinnen und Leser

07.09.2021

Klaus Ulrich Werner hat 21 Jahre die Philologische Bibliothek der Freien Universität geleitet.

Klaus Ulrich Werner hat 21 Jahre die Philologische Bibliothek der Freien Universität geleitet.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Nach 21 Jahren als Leiter der von Lord Norman Foster entworfenen Philologischen Bibliothek der Freien Universität wurde Klaus Ulrich Werner in den Ruhestand verabschiedet. Sein Lieblingsthema, die Grüne Bibliothek, wird er aber auch in Zukunft weiterverfolgen. Dafür hat er nun mehr Zeit.

Welches Bild macht man sich eigentlich von einem Bibliothekar? Es ist jedenfalls nicht jemand, der die Bücher schützen will, um der Bücher willen. Sondern jemand, der alles daran setzt, dass die Bücher Leserinnen und Leser finden, dass sie genutzt und benutzt werden.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum Klaus Ulrich Werner Fotografien von Bibliothekaren nicht leiden kann, in denen stets „der obligatorische Bücherstapel“ im Hintergrund abgebildet ist. Von sich schlägt er zur Bebilderung dieses Artikels ein Foto vor, auf dem ihn ein Bücher-Raum, ein Lese-Raum umgibt: es ist die Kuppel der Philologischen Bibliothek der Freien Universität, deren Leiter Klaus Ulrich Werner seit dem Jahr 2000 war, und die von dem Architekten Norman Foster gebaut wurde.

Werner nennt den preisgekrönten Fosterschen Bibliotheksbau ein „riesengroßes Geschenk“. Er wurde zwar erst zum Leiter der neu entstandenen Philologischen Bibliothek ernannt – im Jahr 2000 – als der Architekturwettbewerb dafür schon drei Jahre zurück lag und ein Sieger schon feststand, ja die Bauunterlagen schon ausgearbeitet wurden. Doch Werner konnte noch die Bauphase, die Eröffnung und den Erstbezug miterleben und mitgestalten.

Die Radikalität des Baus von Norman Foster passte zu den Vorstellungen, wie Klaus Ulrich Werner eine Bibliothek begriff: Als „Einraumbibliothek“, nicht nur aus Energiespargründen, sagt Werner, sondern aus der Beschäftigung mit der Frage: „Was macht eine Bibliothek im Kern aus? Das sind die Menschen, die die Bücher lesen, die mit den Büchern ins Gespräch kommen.“

Ein großer Bücher-Raum

Deshalb gibt es in der Dahlemer Bibliothek keine Büros, keine Verwaltungsräume, keine weggesperrten Bücher in Kellern und Magazinen: Sondern nur den einen, großen Bücher- Raum. Deshalb gibt es aber auch die roten Schalensessel, die in Fosters ursprünglichem Projekt gar nicht existierten: Klaus Ulrich Werner schlug sie vor, weil er fand, dass es neben den Studierplätzen auch Orte „zum Anderssitzen, zum Entspannen“ geben sollte: andere Lesemöglichkeiten für die Nutzerinnen und Nutzer. Denn ein Bibliothekar ist nicht jemand, der die Bücher schützen will, sondern jemand, der Bildungs- und Kulturarbeit leistet.

Seit 1. August ist Klaus Ulrich Werner nun im Ruhestand, was so viel heißt wie: Er macht weiter das, was ihm gefällt. Und was ist das? „Die Spezialisierung, die ich mir im Laufe meines Berufslebens erarbeitet habe, weiterzuführen: Also die Beschäftigung mit Bibliotheksarchitektur, mit Bibliotheksdesign und -gestaltung.“

Grüne Bibliothek

Und mit dem Thema „grüne Bibliothek“, das in den vergangenen Jahren „ein Lieblingsthema“ geworden sei. Werner wird jetzt als „Library Consultant“, als Berater für Bibliotheken das weitermachen, was er seit gut zehn Jahren schon in seiner Freizeit und seinen Urlauben gemacht hat: Vorträge halten, sich austauschen mit Kollegen in vielen anderen Ländern, Bibliotheken und Bibliotheksverbände beraten, wie sie nachhaltig und ökologisch werden können.

Er schließt damit an einen Berufswunsch an, den er als junger Mann nach dem Germanistikstudium eigentlich hatte: Für das Goethe-Institut um die Welt zu reisen, oder, wie das heißt: „ein Goethe-Leben zu leben“. Damals ging dieser Wunsch nicht in Erfüllung, Werner entschied sich für seinen Plan B, eine Laufbahn als Bibliothekar. Das habe er nie bereut, sagt er, angefangen bei seiner Ausbildung an der Unibibliothek in Freiburg über das John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität bis zur Philologischen Bibliothek.

Aber seit zehn Jahren holt er das Goethe-Leben doch noch nach. Er reist für Vorträge nach China und Indien, hält Vorträge über bibliothekarische Weiterbildung und über die Vergrünung von Bibliotheken. Wahrscheinlich hat Werner zur ökologischen Transformation des chinesischen Bibliothekswesen einen nicht unerheblichen Beitrag geleistet. Er sagt, bei drei Vortragsreisen innerhalb von fünf Jahren zum Thema Grüne Bibliothek in China habe er beim ersten Mal „noch in leere Gesichter geblickt, da kamen keine Fragen, es gab keine Diskussion, gar nichts.“ Doch das habe sich schon beim zweiten und ganz besonders beim dritten Mal geändert, am Ende berichteten die chinesischen Kollegen bereits von eigenen Projekten, wie sie ihre Bibliothek nachhaltig neu ausgerichtet hatten.

Die Vortragstätigkeit wurde allerdings, ebenso wie der Bibliotheksbetrieb, im letzten Jahr pandemiebedingt arg eingeschränkt, beziehungsweise in den digitalen Raum verlagert. Umso glücklicher war Werner, dass er mit seinem Eintritt in den Ruhestand die Philologische Bibliothek ein weiteres Mal für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, für die Studentinnen und Studenten öffnen konnte: Damit die Lesenden endlich wieder ihren Buch- und Lernraum mit Leben – und die Bücher ihren Sinn – erfüllen konnten.