Springe direkt zu Inhalt

Aktion in Glasgow

Interview mit Merle Bruske: Die Studentin hat für die Freie Universität an der UN-Klimakonferenz teilgenommen

25.11.2021

„Am meisten haben mich die Proteste beeindruckt“ – Merle Bruske machte sich ein eigenes Bild von der Weltklimakonferenz in Glasgow.

„Am meisten haben mich die Proteste beeindruckt“ – Merle Bruske machte sich ein eigenes Bild von der Weltklimakonferenz in Glasgow.
Bildquelle: privat

Zehntausende Delegierte aus rund 200 Staaten trafen sich Anfang November beim UN-Klimagipfel im schottischen Glasgow, um gemeinsame Maßnahmen gegen die globale Erderhitzung zu beschließen. Die Freie Universität Berlin ist als Nicht-Regierungsorganisation (NGO) beim Veranstalter UNFCCC, der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, eingetragen und kann Beobachterinnen und Beobachter für die „Conference of Parties“ (COP) nominieren. Merle Bruske hatte sich deswegen an Professor Stephan Pfahl vom Institut für Meteorologie gewandt, der an der Freien Universität die Nominierung mit dem UNFCCC koordiniert. Merle Bruske, die zurzeit das Einführungs- und Orientierungsstudium EinS@FU mit Schwerpunkt Kultur absolviert, war schon als Schülerin in der Fridays-for-Future-Bewegung aktiv. Im campus.leben-Interview berichtet sie über ihre Erfahrungen beim UN-Klimagipfel.

Frau Bruske, was war das eindrucksvollste Erlebnis in Glasgow?

Am meisten haben mich die Proteste beeindruckt. Natürlich waren auch das Konferenzgebäude und die dortigen Veranstaltungen eindrucksvoll, aber für mich waren es vor allem die Menschen, die während der COP auf der Straße waren. Besonders der Streik am 10. November, an dem mehr als 100.000 Menschen teilgenommen haben, war ein extrem wichtiges Signal und für mich persönlich ein Highlight. Auch den direkten Austausch mit Aktivist:innen aus aller Welt habe ich als Privileg und große Bereicherung empfunden.

Womit haben Sie überhaupt nicht gerechnet? Worauf hätten Sie verzichten können?

Es war für mich im Vorhinein sehr schwierig, konkrete Erwartungen zu formulieren. Was mich allerdings doch schockiert hat, waren die harten Maßnahmen zur Einschränkung von Protesten innerhalb der Verhandlungszone.

Auf der Konferenz vor zwei Jahren in Madrid haben zahlreiche Proteste stattgefunden, aber dieses Jahr in Glasgow wurden diese stark reguliert. Sie mussten vorher angemeldet werden, was nicht ungewöhnlich ist. Allerdings durften beispielsweise Firmen nicht direkt durch die Aktion kritisiert werden. Einschränkungen dieser Art habe ich als problematisch empfunden.

Proteste auf dem Gelände der Konferenz wurden auf der Glasgow-Konferenz stark reguliert, berichtet Merle Bruske.

Proteste auf dem Gelände der Konferenz wurden auf der Glasgow-Konferenz stark reguliert, berichtet Merle Bruske.
Bildquelle: privat

Wie konnten Sie sich persönlich beim Gipfel einbringen?

In der ersten Woche der COP habe ich vor allem an Demonstrationen, verschiedenen Workshops und Veranstaltungen teilgenommen. Diese Zeit habe ich genutzt, um mich zu vernetzen und weiterzubilden. In der zweiten Woche durfte ich in die offizielle Verhandlungszone und dort einigen Verhandlungen beiwohnen. Deren Ergebnisse haben mich zwar nicht überrascht, waren aber dennoch ernüchternd.

Außerdem habe ich in der zweiten Woche einen Workshop zum Thema „Framing“ als Teil des „People’s Summit“ gegeben, der parallel zu den Verhandlungen stattfand.  

Warum wollten Sie nach Glasgow zum Gipfel fahren?

Für mich war es wichtig, Menschen aus aller Welt persönlich zu treffen, die ich durch meine Arbeit als Aktivistin zwar kenne, aber noch nie umarmen konnte. Ich hatte keine besonders hohen Erwartungen an die Konferenz selbst, aber ich wollte dabei sein und selbst hören, wie die Verhandlungen ablaufen und wie sich die Teilnehmenden rechtfertigen.

Die COP ist der Herzschlag der internationalen Klimapolitik. Es war mir wichtig, mir ein eigenes Bild zu verschaffen und gleichzeitig an Aktionen mitzuwirken.

„Für mich war es wichtig, Menschen aus aller Welt persönlich zu treffen, die ich durch meine Arbeit als Aktivistin kenne“, sagt Merle Bruske (rechts), im Bild mit einer Freundin und Klimaktivistin aus der Türkei.

„Für mich war es wichtig, Menschen aus aller Welt persönlich zu treffen, die ich durch meine Arbeit als Aktivistin kenne“, sagt Merle Bruske (rechts), im Bild mit einer Freundin und Klimaktivistin aus der Türkei.
Bildquelle: privat

Was ist nach Glasgow Ihre persönliche Botschaft zum Thema Klimapolitik?

Die fossile Industrie hat auf dieser COP die größte Delegation gestellt. Die Sponsoren der Konferenz sind zugleich die Verursachenden der Krise, in der wir uns befinden. Die Entscheidungen, die auf solchen Konferenzen getroffen werden, werden hart erkämpft – und sie brauchen den Druck von außen. Es wird oft kein Fortschritt gewollt oder sogar aktiv dagegen gearbeitet. Aktive und demokratische (An-)Teilnahme von Mitgliedern der Zivilgesellschaft ist absolut unabdingbar. Die COP löst diese Krise nicht für uns.

Die Fragen stellte Christine Boldt