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Burkhart Kroeber wird August-Wilhelm-von-Schlegel-Gastprofessor für Poetik der Übersetzung an der Freien Universität Berlin

Der Münchner Übersetzer Burkhart Kroeber wird im kommenden Wintersemester die August-Wilhelm-von-Schlegel Gastprofessur für Poetik der Übersetzung bekleiden.

Nr. 113/2008 vom 28.04.2008

Die vom Deutschen Übersetzerfonds und der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2007/08 ins Leben gerufene Gastprofessur ist die erste Professur für Poetik der Übersetzung im deutschsprachigen Raum und wird jährlich im Wintersemester am Peter-Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft eingerichtet. Der Deutsche Übersetzerfonds ermöglicht die Dotation der Professur aus Mitteln des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM).

Burkhart Kroeber gehört zu den namhaftesten Übersetzern deutscher Sprache, seine Übersetzungen haben Maßstäbe gesetzt. Mit ungewöhnlicher Stilsicherheit und zupackender Prägnanz gestaltet er die deutsche Sprachwelt seiner Autoren. Kroeber wurde 1940 in Potsdam geboren, studierte Ägyptologie, Romanistik und Politologie in Tübingen, Heidelberg und Paris. Promotion zum Dr. phil. im Jahr 1969. Die ersten Übersetzungen aus dem Englischen, Französischen und Italienischen publizierte er in den siebziger Jahren, darauf folgten fünf Jahre als Sachbuchlektor im Carl Hanser Verlag. Seit 1982, dem Jahr des Erscheinens seiner Übersetzung von Umberto Ecos „Der Name der Rose“, ist er freier Übersetzer, vor¬wiegend aus dem Italienischen (Autoren: Umberto Eco, Italo Calvino, Andrea De Car¬lo, Carlo Fruttero & Franco Lucentini, Roberto Cotroneo). Daneben übersetzte er diverse Klassiker: Alessandro Manzonis „I Promessi Sposi“ (dt. „Die Brautleute“, Hanser Verlag 2000), Charles Dickens’ „The Mystery of Edwin Drood“, John Steinbecks „Travels with Charley: In Search of America“. 1985 erhielt er den Literaturpreis des Kulturkreises des Bundesverbands der Deutschen Industrie, 2001 den Johann-Heinrich-Voß-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und 2006 den Übersetzerpreis der Stadt München. Burkhart Kroeber hat sich darüber hinaus für die berufspolitischen Belange und – als sprachmächtiger Streiter – für die „Sichtbarkeit“ der Übersetzer engagiert, insbesondere als Vorsitzender des Übersetzerverbandes VdÜ von 1991-1997. Am Aufbau des Deutschen Übersetzerfonds war er als stellvertretender Vorsitzender (1997-2006) maßgeblich beteiligt. Seit 2003 ist er Sprecher der Deutschen Literaturkonferenz e.V.

Das Seminar, das Burkhart Kroeber an der Freien Universität anbieten wird, trägt den Titel „Die Ordnung der Wörter: Von der Logik des Satzes zur Freiheit des Stils“. Ausgehend von der Differenz zwischen den syntaktischen Strukturen und stilistischen Traditionen des Deutschen einerseits und der romanischen Sprachen sowie des Englischen andererseits soll anhand literarischer Texte untersucht werden, mit welchen Mitteln und Strategien Übersetzer die im Original intendierten Effekte in ihrer Zielsprache neu hervorbringen können. Die öffentliche Antrittsvorlesung findet Ende Oktober statt. Burkhart Kroeber wird dabei von seinem Vorgänger im Amt Frank Günther vorgestellt.

“Poetik der Übersetzung“ – der anspruchsvolle Titel der Professur ist Programm. Denn ihr Zweck sind nicht übersetzungspraktische Fingerübungen für Literaturwissenschaftler, sondern die kritische Reflexion eigener und fremder Übersetzungsmethoden sowie die vergleichende Textanalyse (Original und Übersetzung, Übersetzungsvarianten). Zudem soll die Professur ein exponierter Ort der historischen Reflexion von Methoden und Theorien literarischen Übersetzens werden. August Wilhelm von Schlegel symbolisiert als Namenspatron der Professur einen solchen Anspruch.  Schlegel verband in seinem Schaffen philologische Forschung, eigene Dichtung und literarische Übersetzung miteinander.

Der Deutsche Übersetzerfonds und das Peter-Szondi-Institut verstehen die August-Wilhelm-von-Schlegel-Gastprofessur als einen markanten Schritt zu einer Aufwertung der literarischen Übersetzung als einer eigenständigen künstlerischen Leistung. Wenn jedes Jahr im Wintersemester ein Vertreter oder eine Vertreterin der Zunft die Herausforderung annehmen wird, ästhetische, geschichtliche und methodische Probleme der Übersetzung mit Literaturstudenten zu diskutieren, soll damit zugleich der immer noch verbreiteten Unterschätzung des literarischen Übersetzens als eines zweitrangigen „Kunsthandwerks“ entgegengewirkt werden.

Weitere Informationen

Informationen:

Jürgen Jakob Becker
Deutscher Übersetzerfonds
Am Sandwerder 5
14109 Berlin
Telefon: 030 / 81 69 96 25
E-mail: becker@lcb.de
www.uebersetzerfonds.de

Prof. Dr. Georg Witte
Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Habelschwerdter Allee 45
14195 Berlin
Telefon: 030 / 838-561 23
E-Mail: witte@zedat.fu-berlin.de