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Wer zeugt für den Zeugen? - Positionen jüdischen Erinnerns im 20. Jahrhundert

Vorlesungsreihe beginnt am 14. April 2011 an der Freien Universität Berlin

Nr. 102/2011 vom 13.04.2011

Eine Vorlesungsreihe zum Thema „Die Positionen jüdischen Erinnerns im 20. Jahrhundert“ findet in diesem Sommersemester an der Freien Universität Berlin statt. Im Mittelpunkt stehen die verschiedenen Formen, mit denen die Künste an der Schaffung eines Erinnerungs- und Gedächtnisraumes für die sechs Millionen während des Nationalsozialismus ermordeten Juden teilhaben. Zum Auftakt am 14. April hält die Germanistin Prof. Dr. Irene Heidelberger-Leonard einen Vortrag zum Thema „Imre Kertész im Dialog mit Jean Améry“.

Die Veranstaltungsreihe wird vom Institut für Deutsche und Niederländische Philologie und der Friedrich-Schlegel-Graduiertenschule der Freien Universität in Kooperation mit dem Centrum Judaicum und der Jüdischen Volkshochschule organisiert. Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung nicht erforderlich. Konzipiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Irmela von der Lühe von der Freien Universität Berlin. Die Veranstaltung wird aus Mitteln der Ursula-Lachnit-Fixson-Stiftung gefördert.

Im diskursiven Feld einer sogenannten Kunst nach Auschwitz hat es vielfältige Versuche gegeben, der Monstrosität der Shoah mit literarischen Mitteln nahezukommen. Dabei ist nach wie vor umstritten, auf welche Weise die Künste an der Schaffung eines Erinnerungs- und Gedächtnisraumes teilhaben können. Nach wie vor müssen sie sich dem Vorwurf der Instrumentalisierung und Ästhetisierung des Schreckens stellen. Das Dilemma von Literatur und Kunst – die ihnen aufgetragene Bürde, einen gemeinsamen und möglichst verbindlichen Gedächtnisraum zu schaffen – zeigt sich in anschaulicher Weise in den Diskussionen, die der Errichtung des Berliner „Denkmals für die ermordeten Juden Europas“ vorausgingen. Die Instabilität der Erinnerung an die Shoah wird aber auch in solchen Diskussionen deutlich, wie sie Tomasz Gross mit seinem Buch „Nachbarn“ in Polen ausgelöst hat, das die Frage einer polnischen Mitverantwortung aufwirft.

Die Vortragsreihe untersucht diese unterschiedlichen Diskurse und stellt die Frage, inwiefern die europäisch-jüdische Literatur an der Shoah-Erinnerung teilnimmt und inwiefern umgekehrt die Shoah-Erinnerung einen europäischen Erinnerungsraum zu konstituieren vermag.

Weitere Veranstaltungen

21.4.2011, Prof. Dr. Jeffrey A. Barash (Paris): Was ist kollektive Erinnerung?

28.4.2011, Prof. Dr. Rainer Kampling (Berlin): „Denn unsere Erinnerungen sind ihr einziges Grab.“ Institutionalisierte Formen der Erinnerung

5.5.2011, Prof. Dr. Dorothee Gelhard (Regensburg): Dichten in „exilierter“ Sprache

12.5.2011, Prof. Dr. Stephan Braese (Aachen): Danach, westmitteleuropäischer Zeit. Barbara Honigmann und Soazig Aaron

19.5.2011, PD Dr. Kerstin Schoor (Berlin/Frankfurt an der Oder): Jüdische Autorinnen und Autoren im nationalsozialistischen Deutschland – ein vergessenes Kapitel in den Geschichten deutschsprachiger Literatur

26.5.2011, Prof. Dr. Vivian Liska (Antwerpen): Auf den Plätzen des Schweigens. Späte Begegnungen mit Paul Celan

9.6.2011, Prof. Dr. Liliane Weissberg (Philadelphia, USA): Claude Lanzmanns „Shoah“ – eine Bootsfahrt auf dem Styx

16.6.2011, Prof. Dr. Joanna Jabłkowska (Łódz): Schreiben als Überlebensstrategie – literarische Texte aus dem Lodzer Ghetto (Ghetto Litzmannstadt)

23.6.2011, Prof. Dr. Verena Dohrn (Berlin/Göttingen): Trauma und Erinnerungen eines russischen Juden im Weimarer Berlin. David Koigens „Apokalyptische Reiter“

30.6.2011, Andreas Isenschmid (Berlin): Peter Szondi – Philologie und jüdische Erfahrung

7.7.2011, Prof. Dr. Hanni Mittelmann ( Jerusalem): Vom Totengedächtnis zur Amnestie? Von den Möglichkeiten des Weiterlebens im Roman „Nachts unter der steinernen Brücke“ von Leo Perutz

14.7.2011, Prof. Dr. Stefanie Schüler-Springorum (Hamburg/Berlin): Wie man Mord beschreibt – jüdische Stimmen, deutsche Akten und die Fallstricke der Erinnerung

Ort und Zeit

  • Hörsaal 2, Habelschwerdter Allee 45, Hörsaal 2, 14195 Berlin-Dahlem,
  • U-Bahnhof Dahlem-Dorf oder Thielplatz (U3); Bus 110, M11, X11
  • Donnerstag, Beginn 16.15 Uhr; Beginn: 14. 4. 2011

Weitere Informationen

Prof. Dr. Irmela von der Lühe, Telefon:  030 / 838-55656, E-Mail: vdluehe@zedat.fu-berlin.de