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Tanz über Gräben

Kongress, Gespräche, Aufführungen vom 14. – 17. November 2013 zu 100 Jahre »Le Sacre du Printemps«

Nr. 304/2013 vom 15.10.2013

Eingedrehte Füße, abgeknickte Köpfe, die Bewegungen eckig und abrupt, chorisch stampfend und zitternd. Am Ende der Erschöpfungstod, das inszenierte Opfer für den heidnischen Sonnengott. Tanzen – maßlos, wuchtig, verstörend. Die Premiere von Le Sacre du Printemps war ein Schock. Hundert Jahre später fragt die internationale Konferenz Tanz über Gräben nach der herausragenden Rolle des Stückes für die Tanzmoderne, nach seiner ungebrochenen Aktualität und Faszination. Ein umfangreiches Programm mit Konferenzbeiträgen, Künstlergesprächen und Performances lädt ein zur Auseinandersetzung mit den anhaltenden Resonanzen eines Jahrhundertwerks. Wohl kein anderes Werk kann auf eine so umfangreiche Tradition an Bearbeitungen und Neu-Inszenierungen verweisen wie Le Sacre du Printemps. Zahlreiche Choreografinnen und Choreografen haben sich in der Vergangenheit von Stravinskys Musik und Nijinskys Ballett inspirieren lassen. Anlässlich des 100jährigen Jubiläums der Uraufführung nimmt die internationale Konferenz Tanz über Gräben den historischen Kontext und die Aufführungsgeschichte in den Blick und eröffnet aktuelle Perspektiven auf die Relevanz des Stückes. Worin liegen die Sprengkraft und Modernität jener Choreografie, über die Jacques Rivière im November 1913 in seinem berühmten Kommentar schreibt: „Hier wurde mit allem neu begonnen, alles ist neu entworfen, alles neu erfunden.“?

Namhafte Experten wie Jan Assmann, Gabriele Brandstetter, Lynn Garafola, Jack Halberstam, Stephanie Jordan, Herfried Münkler, Michael Welker und Sigrid Weigel widmen sich dem kanonischen Werk in drei Sektionen: Im Mittelpunkt der interdisziplinären Beiträge stehen die Opferaspekte ›victim‹ und ›sacrifice‹, die Beziehung zwischen Abstraktion und Ornament sowie die eigentümliche Verschränkung von Modernismus und Primitivismus. Die moderierten Gesprächsrunden fragen danach, wie sich Choreografinnen und Choreografen heute mit den ästhetischen wie politischen Herausforderungen von Sacre auseinandersetzen. In Dialog treten unter anderem Kenneth Archer, Susan Barnett, Laurent Chétouane, deufert&plischke, Christine Graigg, Millicent Hodson, Henrietta Horn und Sasha Waltz.

Das umfangreiche künstlerische Veranstaltungsprogramm umfasst unter anderem die Rekonstruktion von Mary Wigmans Version mit den Tanzensembles der Theater in Osnabrück und Bielefeld. Millicent Hodson und Kenneth Archer präsentieren mit den Tänzern von Sasha Waltz & Guests Auszüge ihrer Rekonstruktion von Le Sacre du Printemps nach Vaslav Nijinsky. Josep Caballero García zeigt mit seinem Solo seine persönliche Auseinandersetzung mit dem historischen Material und den rechtlichen Fragen der Zugänge zu den von ihm getanzten Aufführungen. Am 14. November eröffnet in den Räumen des RADIALSYSTEM V die eigens für diesen Anlass entworfene Videoinstallation Le Cercle von Detlef Weitz und Dominique Müller. Das HAU Hebbel am Ufer, das in einem Open Call zur choreografischen Auseinandersetzung aufgerufen hat, präsentiert eine Auswahl junger zeitgenössischer Annäherungen an den Tanz über Gräben sowie Laurent Chétouanes Vision von Sacre als einem neuen Ritual für das fremdbelassene Fremde.

Konzeption: Gabriele Brandstetter / Zentrum für Bewegungsforschung.

Tanz über Gräben. 100 Jahre »Le Sacre du Printemps«

Kongress, Gespräche, Aufführungen

RADIALSYSTEM V und HAU Hebbel am Ufer, Berlin

14. – 17. November 2013

Detaillierte Informationen zum Programm

www.kulturstiftung-bund.de/sacre 

Eine Veranstaltung der Kulturstiftung des Bundes und des Zentrums für Bewegungsforschung an der Freien Universität Berlin in Kooperation mit TANZFONDS ERBE, dem RADIALSYSTEM V und dem HAU Hebbel am Ufer.