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Satelliten zeigen hohe Produktivität im US-amerikanischen Corn Belt

Auswertung von Satellitendaten durch NASA-Wissenschaftler und Forscher der Freien Universität Berlin

Nr. 102/2014 vom 01.04.2014

Der Mittlere Westen der USA weist einer Studie von Wissenschaftlern der amerikanischen Weltraumbehörde NASA und von Forschern der Freien Universität Berlin zufolge eine höhere photosynthetische Aktivität auf als jede andere Region der Erde. Dies ergab eine Auswertung von Satellitendaten. Gesunde Pflanzen wandeln durch die Photosynthese Licht in chemische Energie um. Dabei emittiert das Chlorophyll jedoch auch einen Teil der absorbierten Strahlung als für das menschliche Auge unsichtbares, fluoreszierendes Scheinen. Für eine bestimmte Region kann die Stärke dieser Fluoreszenz dabei als exzellenter Indikator für die Photosyntheserate oder die sogenannte Bruttoprimärproduktion verwendet werden. Untersuchungen, die 2013 unter der Leitung von Joanna Joiner vom NASA Goddard Space Flight Center in Greenbelt in Maryland durchgeführt wurden, zeigten, dass die von Pflanzen abgegebene Fluoreszenzstrahlung aus bereits vorhandenen Satellitenmessungen abgeleitet werden kann. Die hierfür verwendeten Satelliten-Instrumente waren dabei ursprünglich für vollkommen andere Zwecke entworfen worden. Bei neueren Forschungsaktivitäten, die unter der Leitung von Luis Guanter an der Freien Universität Berlin stattfanden, wurden diese Daten verwendet, um die Photosynthese-Raten für landwirtschaftlich genutzte Flächen zu bestimmen. Die Ergebnisse wurden am 25. März in der renommierten Publikation Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht. Luis Guanter ist Leiter der Emmy-Noether-Forschungsgruppe GLOBFLUO am Institut für Weltraumwissenschaften der Freien Universität.

Co-Autor Christian Frankenberg vom NASA Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien erklärte: „Die Veröffentlichung zeigt, dass Fluoreszenz ein sehr viel besserer Indikator für landwirtschaftliche Produktivität ist als alles andere, das wir bisher herangezogen haben. Dies kann weitreichende Folgen für die Überwachung und vielleicht sogar die Vorhersage regionaler Ernteerträge haben.“

Die Zusammenarbeit zwischen Guanter, Joiner und Frankenberg begann 2012 bei einem Workshop mit dem Schwerpunkt auf satellitengestützter Photosynthese-Messung, der am Keck Institute for Space Studies am California Institute of Technology in Pasadena stattfand. Hier fanden sie heraus, dass die Tropen zwar auf einer jährlichen Basis die höchste Produktivität aufweisen, der Corn Belt im Mittleren Westen der USA jedoch während der Wachstumsphase der Nordhemisphäre weit produktiver ist. „Es gibt kein anderes Gebiet auf der Welt, welches eine solch hohe Produktivität aufweist“, so Frankenberg.

Die Wissenschaftler untersuchten daraufhin sehr gründlich die gemessenen Spektren des Global Ozone Monitoring Instrument (GOME-2), welches auf dem meteorologischen Satelliten Metop-A der Europäischen Weltraumagentur installiert ist. Die Daten offenbaren, dass der Corn Belt im Mittleren Westen im Juli ein um 40 Prozent höheres Fluoreszenzsignal aufweist als die Regenwälder des Amazonas. Vergleiche mit bodengestützten Systemen zur Messung der Kohlenstoffdioxidbilanz und Ertragsstatistiken bestätigten die Resultate.

Die Übereinstimmung zwischen den bodengestützten Messungen mit den vom Satelliten erfassten war eine „erfreuliche Überraschung“, sagte Joanna Joiner, eine Co-Autorin der Veröffentlichung. Bodengestützte Messungen haben eine Auflösung von etwa einem Quadratkilometer, wohingegen Satelliten nur eine Auflösung von 3000 Quadratkilometern erreichten. Damit bestätigen die Untersuchungen, dass selbst mit niedrig aufgelösten Satellitenmessungen für relativ homogene Regionen – beispielsweise der Corn Belt im Mittleren Westen der USA – eine genaue Abschätzung der Photosynthese-Aktivität erreicht werden kann, also dessen, was sich in den Pflanzen auf molekularer Ebene abspielt.

Herausforderungen bestehen jedoch weiterhin in der Abschätzung der Produktivität von bruchstückhaft verteilten, landwirtschaftlichen Flächen, die durch gegenwärtige, satellitengestützte Instrumente nicht korrekt aufgelöst werden können. Hier können zukünftige Missionen mit besserer räumlicher Auflösung helfen. Eine davon, welche auch die sonneninduzierte Fluoreszenz messen soll, ist der durch die NASA geleitete Orbiting Carbon Observatory-2 Satellit, der im Juli 2014 starten soll.

Die Untersuchungen können Wissenschaftlern auch dabei helfen, die Computermodelle zu verbessern, welche den globalen Kohlenstoffkreislaufs simulieren und die genutzt werden, um die komplexen Zusammenhänge zwischen den Kohlenstoffzyklen des Ozeans, der Landmassen und der Atmosphäre zu verstehen. So fand Luis Guanter heraus, dass die Modelle die Photosyntheserate des Corn Belt im Mittleren Westen der USA um 40 bis 60 Prozent unterschätzen.

Anders als bei den meisten Vegetationstypen, liegt das Augenmerk bei Nutzpflanzen auf einer Maximierung des Ertrages. Daher wird ihnen reichlicher Nährstoff- und Wasserzugang ermöglicht. Der Corn Belt in den USA erhält beispielsweise Wasser, das vom Mississippi abgeleitet wird. Das Einbeziehen der Bewässerung stellt gegenwärtig eine große Herausforderung für die Modelle dar. Dies ist einer der Gründe, warum die Produktivität in landwirtschaftlichen Regionen unterschätzt wird.

„Wenn Bewässerungsaktivitäten und andere Einflüsse des Menschen in Agrargebieten nicht berücksichtigt werden, ist eine korrekte Ableitung der von Pflanzenbeständen – insbesondere von Getreide – aufgenommenen Kohlenstoffmenge nicht möglich”, sagt Joanna Joiner. „Getreidepflanzen sind sehr leistungsfähig bei der Assimilation von Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre. Das muss berücksichtigt werden in weiteren Bemühungen, Vorhersagen über die von Getreide gebundene Kohlenstoffdioxidmenge zu treffen, wenn sich die klimatischen Bedingungen verändern.“

Frankenberg zufolge sind die nun verfügbaren Fernerkundungsmethoden gut geeignet, die Versorgungssicherheit mit Nahrung zu überwachen. Dies gilt besonders für Daten von OCO-2 und anderen neuen Satelliten, wie Soil Moisture Active Passive von der NASA, der in diesem Jahr in Betrieb genommen werden soll.

Die NASA überwacht die Vitalzeichen der Erde mit einer Flotte von Satelliten sowie ausgedehnten Flugzeug- und bodengestützten Messkampagnen. Um die Zusammenhänge im Erdsystem genauer zu beobachten und zu verstehen, arbeitet die NASA laufend an neuen Wegen die relevanten Prozesse genauer zu erfassen. Diese Langzeitbeobachtungen und speziellen Werkzeuge zur statistischen Analyse sollen dabei helfen, die Veränderungen auf der Erde zu erkennen. Die Agentur teilt dieses einzigartige Wissen mit der weltweiten Öffentlichkeit und arbeitet dabei zusammen mit US-amerikanischen und internationalen Instituten um den blauen Planeten zu verstehen und zu beschützen.

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Im Internet

www.nasa.gov

Pressefotos

Folgende Pressefotos stehen Medienvertretern zum Download zur Verfügung. Sie sind honorarfrei bei Angabe der Quelle © NASA bei Verwendung im Kontext der Pressemitteilung.

Fluoreszenz im "Corn Belt"
© NASA

 

Maisfeld
© NASA