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Deutsche Forschungsgemeinschaft verlängert zwei Sonderforschungsbereiche an der Freien Universität Berlin

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen Dynamiken des Zusammenlebens und die Einrüstung von Membranen

Nr. 146/2019 vom 23.05.2019

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat zwei Sonderforschungsbereiche (SFB) in Sprecherschaft der Freien Universität verlängert. Bewilligt wurde eine neue Förderperiode des SFB 958 zur Untersuchung Membran-naher Protein-Gerüste über ein Spektrum biologischer Entitäten und dynamischer Prozesse. Für eine neue Laufzeit gefördert wird auch der SFB 1171 „Affective Societies“, in dem die Dynamiken des Zusammenlebens in bewegten Welten untersucht werden. Die Projekte werden über vier Jahre gefördert, wie die DFG am Donnerstag in Bonn mitteilte.

Sonderforschungsbereich 1171 "Affective Societies. Dynamiken des Zusammenlebens in bewegten Welten"
Sprecherin: Prof. Dr. Birgitt Röttger-Rössler, Sozial- und Kulturanthropologie

Am SFB 1171 beteiligt sind in der zweiten Laufzeit neben der Freien Universität, der Charité – Universitätsmedizin Berlin und den Staatlichen Museen Berlin die Universität Hamburg, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie das Max-Planck-Institut für Ethnologische Forschung in Halle (Saale). Der Forschungsverbund wird für weitere vier Jahre mit insgesamt mehr als zehn Millionen Euro gefördert.

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus insgesamt zehn Disziplinen der Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften setzen sich in insgesamt 16 Teilprojekten mit Affekten und Emotionen als grundlegende Momente des Sozialen und als wesentliche Faktoren für das Gelingen oder Scheitern des Zusammenlebens auseinander. Ziel des Verbunds ist es, ein neues Verständnis von Gesellschaften zu etablieren, das der fundamentalen Bedeutung von Affekten und Emotionen in den mobilen, vernetzten und mediatisierten Welten des 21. Jahrhunderts Rechnung trägt.

„In der ersten Förderphase hat der Verbund ein neues, relationales Verständnis von Affekt und Emotionen entwickelt und empirisch Kernbereiche des gesellschaftlichen Miteinanders analysiert“, sagt die Sprecherin des SFB, Prof. Dr. Birgitt Röttger-Rössler. „Gesellschaft hat sich im Lichte unserer Forschung als eine von vielfältigen affektiven Dynamiken bestimmte Formation erwiesen, die innerhalb historischer und struktureller Rahmungen beständiger Veränderung unterliegt.“.

In der zweiten Laufzeit werden die mit transnationalen Mobilitäten, Entgrenzungen und damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen in den Mittelpunkt gerückt. „Wandel infolge von Mobilität und Entgrenzung fordert nicht nur formale Regelwerke als stabilisierende Momente des Sozialen heraus, sondern schlägt sich ebenso in den ungeschriebenen Regeln und Routinen gesellschaftlicher Institutionen nieder“, betont Birgitt Röttger-Rössler. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des SFB wollen daher ergründen, welche affektiven und emotionalen Prozesse den Wandel gesellschaftlicher Institutionen und die Transformation von Öffentlichkeit bedingen; betrachtet werden Einflüsse von Migration, Ungleichheit, politischer Polarisierung sowie neuer Medientechnologien. „Künftig stehen damit solche affektiven Bezugsformen im Zentrum der Forschung, die das Zusammenleben unterschwellig prägen, indem sie Praktiken, Wahrnehmungen und Lebensweisen vorzeichnen und Werte verankern. Ziel ist ein geschärftes Verständnis dieser Veränderungen und ihrer oft spannungsreichen Aushandlungen“, erläutert die Ethnologin.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Birgitt Röttger-Rössler, Sonderforschungsbereich 1171 der Freien Universität Berlin, Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften, Institut für Sozial- und Kulturanthropologie, Telefon: 030 / 838- 57847, E-Mail: birgitt.roettger-roessler@fu-berlin.de

Im Internet:

www.sfb1171.de

Sonderforschungsbereich 958 „Einrüstung von Membranen – Molekulare Mechanismen und zelluläre Funktionen“
Sprecher: Prof. Dr. Stephan Sigrist, Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie

Im SFB 958 kooperieren Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Freien Universität (Sprecheruniversität), der Charité – Universitätsmedizin Berlin, des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), des Leibniz-Instituts für Molekulare Pharmakologie (FMP), des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) sowie außerhalb Berlins der Universität Potsdam, des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke und der Tel Aviv University.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des SFB beschäftigen sich mit Membran-basierten Protein-Gerüsten. Das sind typischerweise dynamische, metastabile Strukturen, die eine Matrix aus verschiedenen molekularen Komponenten mit starken multivalenten Bindungen bilden. Die bisherige Arbeit des SFB 958 habe gezeigt, dass der räumlich und zeitlich kontrollierte Auf- und Abbau dieser Strukturen eine entscheidende Rolle für den Membranverkehr und die Remodellierung von Membranen spielt und auch zelluläre Signalwege sowie Differenzierungs- und Entwicklungsprozesse entscheidend steuert, der Sprecher des Sonderforschungsbereichs, Prof. Dr. Stephan Sigrist von der Freien Universität Berlin. „Die kombinierten multidisziplinären Ansätze innerhalb des SFB 958 haben zur Identifizierung generischer molekularer Mechanismen geführt, mithilfe derer dynamisch organisierte Protein-Gerüste Zellmembranen strukturieren und funktionalisieren.“ Dies werde in einem besseren Verständnis dessen, wie Protein-Gerüste zelluläre und schließlich organismische Funktionen ausüben, resultieren. Stephan Sigrist ist Wissenschaftler des Exzellenzclusters NeuroCure der Charité – Universitätsmedizin, des gemeinsamen medizinischen Fachbereichs der Freien Universität und der Humboldt-Universität. Stephan Sigrist ist seit 2014 Einstein-Professor; die Professur wird aus Mitteln der Einstein-Stiftung gefördert.

Das Spektrum biologischer Entitäten und dynamischer Prozesse, mithilfe derer Membran-nahe Protein-Gerüste untersucht werden, reicht von der zellulären Signalgebung über sensorische Weiterleitung bis hin zu Phänomenen des intrazellulären Transports und der Mechanotransduktion. Die Forscherinnen und Forscher nutzen neue Techniken, insbesondere multiple Formen der hochauflösenden Lichtmikroskopie, Kryo-Elektronentomographie und verschiedene physiologische Untersuchungen. Diese Untersuchungen sollen zu verstehen helfen, wie Phänomene auf molekularer und zellulärer Ebene definierte Entscheidungen komplexer biologischer Systeme ermöglichen und steuern.

In der neuen Förderperiode soll die theoretische Modellierung zu einem noch umfassenderen Verständnis der Gerüstmechanismen führen. Um dieses Feld zu verstärken, wurde Michael Kozlov von der Tel Aviv University (Israel) für die Kooperation gewonnen; der Forscher hat die Untersuchung der Membran-Protein-Ensemble-Dynamik durch theoretische biophysikalische Ansätze vorangetrieben. Darüber hinaus werden die kürzlich erreichten Fortschritte in der Kryo-Elektronenmikroskopie in das neue Projekt Z05 eingebracht, das von Christian Spahn (Charité) geführt wird. Schließlich wurden zwei zusätzliche Projekte in das Konsortium aufgenommen, die von den neuen Mitgliedern Francesca Bottanelli und David Owald geleitet werden. Sie untersuchen die Rolle von Proteingerüsten für die Segregation und Sortierung spezifischer Membran-Proteine (Bottanelli) beziehungsweise die Funktionalität statischer und dynamischer Synapsen (Verschaltungen zwischen Nervenzellen), und ergänzen so das wissenschaftliche Spektrum des SFBs in methodischer und biologischer Hinsicht.

Diese Änderungen in der Struktur des Konsortiums sollen, zusammen mit den innovativen Technologien und der im Laufe der vergangenen Förderperioden im SFB entwickelten Expertise zu einem verfeinerten molekularen Verständnis der studierten Gerüste führen.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Stephan Sigrist, Sprecher des Sonderforschungsbereichs 958 der Freien Universität Berlin, Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie, Telefon: 030 / 838-56940, E-Mail: stephan.sigrist@fu-berlin.de

Im Internet:

www.sfb958.de