Springe direkt zu Inhalt

Wie Gier das Verhalten beeinflusst

Elektrophysiologische Studie zu Fairness und Eigennutz bei kooperativen Handlungen

Nr. 228/2019 vom 29.07.2019

Personen, die sich selbst als gierig einschätzen, zeigen nach einer Studie der Freien Universität Berlin und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg auch dann ein eigennütziges Verhalten, wenn es erkennbar auf Kosten anderer geht. In der elektrophysiologischen Studie unter Leitung von Prof. Dr. Patrick Mussel von der Freien Universität Berlin und Prof. Dr. Johannes Hewig von der Universität Würzburg zum Persönlichkeitsmerkmal Gier spielten die Probandinnen und Probanden ein sogenanntes Öffentliche-Güter-Spiel: Sie bewirtschafteten gemeinsam mit einem Partner eine gemeinsame Ressource, in diesem Fall einen Fischteich. Wenn sich beide Partner an eine gemeinsame Absprache halten, ist der Ertrag insgesamt am höchsten. Jedoch kann durch eigennützige Entscheidungen – mehr fischen als vereinbart – der individuelle Gewinn auf Kosten des Partners erhöht werden.

Das Spiel wurde unter unterschiedlichen Bedingungen wiederholt: Spielten die Probandinnen und Probanden um Geld statt um Punkte, war der Effekt noch größer. Hier zeigt sich nach Ansicht der Wissenschaftler, dass Geld das Persönlichkeitsmerkmal Gier aktiviert. Ein ähnlicher Effekt zeigte sich in Bezug auf den Partner: Der Effekt von Gier war höher, wenn die Personen gegen eine reale Person spielten statt gegen einen Computer. Personen, die sich als weniger gierig einschätzten, waren hingegen deutlich zurückhaltender, wenn sie gegen eine reale Person spielten. „Möglicherweise sind es Gründe von Empathie, Fürsorge oder Fairness, die weniger gierige Personen leiten. Personen, die sich als gierig einschätzten, ließen sich nicht davon abhalten, dass ihr Verhalten anderen schadet“, erläutert Prof. Dr. Patrick Mussel vom Arbeitsbereich Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik der Freien Universität Berlin.

Während des Spiels wurde ein Elektroenzephalogramm, kurz EEG, abgeleitet. Es habe sich gezeigt, dass sich gierige und nichtgierige Personen auch auf neuronaler Ebene bezüglich ihrer kognitiven Verarbeitung unterschieden. „Gierige Personen zeigen auf neuronaler Ebene eine verminderte Reaktion auf positive und negative Feedbackreize, was darauf hindeuten könnte, dass sie weniger gut in der Lage sind, ihr Verhalten an entsprechende Reize aus der Umwelt anzupassen“, sagt Prof. Dr. Johannes Hewig von der Universität Würzburg. „Das ist ein Muster, das auch bei Psychopathen beobachtet wurde.“

Weitere Informationen

Studie

Patrick Mussel und Johannes Hewig: A neural perspective on when and why trait greed comes at the expense on others, in: Scientific Reports, www.nature.com/articles/s41598-019-47372-5

Kontakt

Prof. Dr. Patrick Mussel, Arbeitsbereich Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik, Freie Universität Berlin, Telefon: 030 / 838 61850, E-Mail: patrick.mussel@fu-berlin.de