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Berliner Ausstellung zur Geschichte der „Polenaktion“ nun in Warschau zu sehen

Eröffnung im Jüdischen Historischen Institut am 29. August 2019 um 19.00 / vorheriger Presserundgang ist möglich

Nr. 240/2019 vom 26.08.2019

Die Berliner Ausstellung zum Gedenken an die Deportation von Jüdinnen und Juden polnischer Staatsangehörigkeit im Oktober 1938 aus dem Deutschen Reich wird nun auch in Warschau gezeigt. Eröffnet wird die von Studierenden der Freien Universität erarbeitete Exposition am 29. August 2019 (19 Uhr), wenige Tage vor dem 80. Jahrestag des Überfalls des Deutschen Reiches auf Polen. Ausstellungsort ist das Jüdische Historische Institut der polnischen Hauptstadt. In dem mehrjährigen Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Gertrud Pickhan und Dr. Alina Bothe wurde die Geschichte der knapp 1500 aus Berlin ausgewiesenen Juden polnischer Staatsangehörigkeit erforscht. Gemeinsam mit dem Aktiven Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. wurde eine Ausstellung erarbeitet, die zwischen Juli 2018 und Februar 2019 in Berlin im Centrum Judaicum – Stiftung Neue Synagoge zu sehen war. Die Ausstellung über die damals sogenannte „Polenaktion“ hatte mehr als 40.000 Besucherinnen und Besucher. In Warschau wird sie bis 15. Dezember 2019 gezeigt. Die Ausstellung in Warschau ist dreisprachig; sie wird in polnischer, englischer und deutscher Sprache gezeigt. Medienvertreterinnen und –vertreter haben die Möglichkeit, vor der Eröffnung an einem Presserundgang teilzunehmen und der Eröffnung beizuwohnen. Interviewmöglichkeiten vorab bestehen.

Am letzten Oktoberwochenende 1938 wurden mehr als 17.000 Menschen in allen Städten und Regionen des Deutschen Reiches ohne vorherige Ankündigung brutal aus ihrem Alltag gerissen: Zumeist wurden sie in der Nacht oder am Morgen bei sich zuhause verhaftet, für einige Stunden eingesperrt und mit wenig oder keinem Gepäck in Sonderzügen der Deutschen Reichsbahn an die polnische Grenze transportiert. Dort wurden sie in strömendem Regen nachts querfeldein getrieben und unter Schusswaffeneinsatz gezwungen, die polnische Grenze zu überqueren. Unter ihnen waren erwachsene Männer und Frauen, Kinder, Familien und Greise. Sie alle wurden abgeschoben, weil sie Jüdinnen und Juden waren und die polnische Staatsangehörigkeit hatten. Die meisten von ihnen lebten seit Jahrzehnte in Deutschland oder waren hier geboren. Der inzwischen verstorbene polnische Historikers Jerzy Tomaszewski bezeichnete das von den Deutschen „Polenaktion“ genannte Verbrechen als „Auftakt zur Vernichtung“, als Beginn des Holocaust.

Im Zentrum der Ausstellung stehen sechs Familien, die im Oktober 1938 in Berlin von der „Polenaktion“ betroffen waren und auseinandergerissen wurden. Zu diesen sechs Familien gehört die Familie Adler. Vater Leo Adler und sein ältester Sohn Norbert wurden im Oktober 1938 in den Grenzort Zbąszyń ausgewiesen. Die Mutter blieb mit den jüngeren Geschwistern in Berlin, bis auch sie im Frühjahr 1939 von Polizisten gezwungen wurden, ihre Kreuzberger Wohnung zu verlassen und sofortig nach Polen auszureisen. Die jüngere Tochter, die damals zehnjährige Rita lebt heute in den USA. Anlässlich der Ausstellungseröffnung reist sie gemeinsam mit ihrem Mann Simon nach Warschau.

Das Jüdische Historische Institut ist als Ausstellungsort besonders, weil im Gebäude des heutigen Jüdischen Historischen Instituts 1938 und 1938 das Büro des polnisch-jüdischen Hauptkomitees für die „jüdischen Flüchtlinge aus Deutschland“ unter der Leitung des Warschauer Hauptrabbiners Prof. Dr. Moses Schorr seinen Sitz hatte.

Die Ausstellung und der Begleitband werden großzügig gefördert vom Projektfonds zur Förderung zeitgeschichtlicher und erinnerungskultureller Projekte der Senatsverwaltung für Kultur und Europa des Landes Berlin, von der Friede Springer Stiftung, von der Sanddorf Stiftung, von der Szloma-Albam-Stiftung, von der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität Berlin e. V. sowie vom/von der IES Chicago.

Im Metropol-Verlag ist ein Begleitband zur Ausstellung unter dem Titel „Ausgewiesen! Berlin, 28. Oktober 1938. Die Geschichte der „Polenaktion““ erschienen. Als Pressefotos können auf Anfrage zahlreiche Abbildungen zum historischen Ereignis und zu den einzelnen Familiengeschichten zur Verfügung gestellt werden.

Anmeldung zur Ausstellungseröffnung:

promocja@jhi.pl

Ausstellungsteam

  • Projektleitung: Dr. Christine Fischer-Defoy (Aktives Museum), Prof. Dr. Gertrud Pickhan (Freie Universität Berlin)
  •  Kuratorin: Dr. Alina Bothe
  • Koordination: Kaspar Nürnberg
  • Projektassistenz: Christine Meibeck
  • Gestaltung: eot Berlin – Lilla Hinrichs und Anna Sartorius

Beteiligte Institutionen:

Aktives Museum

Das Aktive Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e. V. ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel der „Aufklärung über deutsche, insbesondere Berliner Geschichte der NS-Zeit, über Entwicklungen, die die Machtübernahme der Nationalsozialisten ermöglichten und die Folgen und Kontinuitäten in der Zeit nach 1945“. Es ist kein Museum im traditionellen Sinne, sondern ein Verein, der für seine vielfältigen Ausstellungen, Diskussionsveranstaltungen und sonstigen Projekte mit anderen Institutionen in Berlin kooperiert.

https://www.aktives-museum.de

Arbeitsbereich Geschichte des Osteuropa-Instituts der Freien Universität Berlin

Der Arbeitsbereich Geschichte unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Gertrud Pickhan widmet sich in verschiedenen Forschungsprojekten der Geschichte Osteuropas und hat einen spezifischen Schwerpunkt auf der Geschichte der osteuropäischen Judenheiten. Dr. Alina Bothe, die Kuratorin der Ausstellung „Ausgewiesen!“, arbeitet gegenwärtig an einer Habilitationsschrift zur Verfolgung der Jüdinnen und Juden polnischer Staatsangehörigkeit im Deutschen Reich von 1938 bis 1942. Sie hat zur digitalen Geschichte promoviert.

https://www.oei.fu-berlin.de/geschichte/index.html

Ort und Zeit

  • Warschau, Jüdisches Historisches Institut
  • 29. August 2019, Beginn 19 Uhr; ein vorheriger Presserundgang ist möglich

Weitere Informationen und Vermittlung von Interview-Wünschen

Pressekontakt 

Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e. V., Telefon: 030-263989039, E-Mail: info@aktives-museum.de