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Wie arbeiten Archäologinnen und Archäologen?

Interaktive Ausstellung im Neuen Museum mit Live-Ausgrabungen durchgeführt von Archäologie-Studierenden der Freien Universität Berlin bis zum 19. April

Nr. 006/2020 vom 08.01.2020

Aufgrund von Maßnahmen gegen eine Ausbreitung des Coronavirus findet diese Veranstaltung nicht statt. Dies gilt auch für alle weiteren öffentlichen Veranstaltungen an der Freien Universität Berlin bis zum 20. Juli.

Wie Archäologinnen und Archäologen bei Ausgrabungen vorgehen, ihre Funde zeitlich einordnen und Lebenswelten vergangener Zeiten nachgestalten zeigt eine interaktive Ausstellung im Neuen Museum. Die Rekonstruktion archäologischer Funde und Befunde können Interessierte zum Beispiel live erleben bei sogenannten Blockbergungen, die von Archäologie-Studierenden der Freien Universität Berlin im Museum vorgenommen werden. Bei Blockbergungen werden archäologische Objekte in einem Block aus Erde geborgen, damit die Ausgrabungen später im Labor detaillierter als unter freiem Himmel dokumentiert werden können. Die Objekte stammen aus Ausgrabungen eines eiszeitlichen Fundplatzes in Biesdorf-Habichtshorst im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf; die Blockbergungen sind Teil einer Lehrgrabung bei der brandenburgischen Ortschaft Flatow im Jahr 2018. Die Live-Ausgrabungen finden immer donnerstags und freitags von 14 Uhr bis 17 Uhr außer an Feiertagen statt. Die Ausstellung „Forschungsareal Biesdorf“ wurde konzipiert vom Museum für Vor- und Frühgeschichte in Kooperation mit dem Landesdenkmalamt Berlin. Beteiligt sind zudem das Stadtmuseum Berlin, ein vom Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung gefördertes Jugendprojekt sowie die Studierenden der Freien Universität. Die Ausstellung findet bis zum 19. April statt.

„An Universitäten wird die Herangehensweise von Blockbergungen in der Regel nicht gelehrt, da sie nur sehr selten stattfinden. Und dies betrifft auch das Umgehen mit den Urnen in den Blöcken nach der Bergung“, sagt der Archäologe Dr. Morten Hegewisch von der Freien Universität Berlin, der die Ausgrabungen bei Flatow leitete. Da dies bei den betreffenden Ausgrabungen der Fall war, bot der Archäologe im Sommersemester 2018 ein Seminar an, in dessen Rahmen Studierende die entsprechenden Methoden auf dem Gräberfeld und im Anschluss in der Universität lernen und anwenden konnten. „Blockbergungen haben den Vorteil, dass die geborgenen Objekte deutlich später unter kontrollierten Laborbedingungen und ohne Zeitdruck geöffnet und weiter ausgegraben werden können“, erklärt Morten Hegewisch. Auf diese Weise konnten zum Beispiel in Urnen enthaltene Leichenbrände gefestigt und später nach Alter, Geschlecht oder Krankheiten ausgewertet werden. Auch hätten sich auf diese Weise korrodierte Überreste beigegebener Objekte wie Messer oder Gewandspangen freilegen und für eine wissenschaftliche Auswertung oder museale Zwecke sichern lassen.

Mehr als 50 Urnen eines Urnengräberfeldes konnten im Rahmen der Ausgrabungen geborgen werden. „Die Bestattungen aus dem 6. bis 1. Jahrhundert v. Chr. erfolgten in Keramikgefäßen. Die Verstorbenen wurden verbrannt, die verbliebenen Knochenreste aufgelesen, in alltägliche Siedlungsgefäße oder organische Leichenbrandbehältnisse wie Beutel und Holzkästchen gefüllt und schließlich im Boden und weitestgehend ungeschützt auf Geröllpflaster beigesetzt“, erklärt Dr. Morten Hegewisch. Durch Landwirtschaftsarbeiten wie den Einsatz von Pflügen seien viele der Keramikgefäße zerstört worden, sodass nur wenige Überreste erhalten blieben etwa die Unterteile der Urnen, in denen der Leichenbrand lag. „Diese kärglichen, dennoch aussagekräftigen Reste wurden unter großem Zeitdruck freigelegt, mit Folien umwickelt und schließlich als intakte Blöcke geborgen“, sagt der Archäologe.

„Die Studierenden waren sehr engagiert und brachten bei der weiteren Freilegung der Urnen in der Universität neue Methoden zur Dokumentation ein, etwa das sogenannte Structure-from-Motion-Verfahren“, sagt Morten Hegewisch. Bei diesem wird aus mehreren Bildern ein dreidimensionales Modell eines aufgenommenen Objektes erstellt. Erforderlich ist hierfür eine Aufnahme der zu rekonstruierenden Fläche aus zwei bis drei verschiedenen Richtungen. Am Ende entsteht eine frei im Raum drehbare dreidimensionale Aufnahme.

Aus den Gefäßen untersucht wurden auch Metallobjekte, etwa sogenannte Segelohrringe – filigrane Ohrringe aus Bronze in der Form eines geblähten Segels. Mithilfe einer Materialuntersuchung am Deutschen Archäologischen Institut konnte Morten Hegewisch zufolge die exakte Zusammensetzung der Bronze erkannt werden. „Dies wiederum floss in den Nachguss eines solchen Schmuckstücks im Freilichtmuseum Düppel ein, ein Objekt, das gegenwärtig auf der Museumsinsel im Neuen Museum ausgestellt wird.“ Beides wurde aus dem Kreis der Studierenden initiiert und vorgenommen.

Zeit und Ort der Ausstellung

  • montags bis sonntags 10 Uhr bis 18 Uhr
  • Live-Ausgrabungen donnerstags und freitags 14 Uhr bis 17 Uhr (außer an Feiertagen)
  • Neues Museum, Bodestraße 1–3, 10178 Berlin

Weitere Informationen zur Ausstellung

www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/neues-museum/ausstellungen/detail/berlins-groesste-grabung.html

Kontakt

Dr. Morten Hegewisch, Institut für Prähistorische Archäologie, Freie Universität Berlin, E-Mail: hegewisc@zedat.fu-berlin.de, Telefon: 030 / 838-55596