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Physikerinnen und Physiker untersuchen die Magnetisierungsdynamik von seltenen Erden im Hinblick auf ihre Eignung zur ultraschnellen Datenspeicherung

Nr. 167/2020 vom 24.09.2020

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Konstanz, der Universität Prag und der Universität Uppsala sowie der Freien Universität Berlin ist ein Beitrag zum grundlegenden Verständnis der Magnetisierungsdynamik in einem Material mit hoher magnetischer Anisotropie gelungen. Die Forscherinnen und Forscher verglichen in ihrer Arbeit mittels aufwendiger Experimente und Computersimulationen die seltenen Erden Gd und Tb. Sie konnten einen neuen Mechanismus nachweisen der zur Entmagnetisierung führt. Die Ergebnisse wurden im Rahmen des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Transregio Sonderforschungsbereich 227 der Freien Universität Berlin und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg erzielt. Ziel dieses Forschungsverbundes ist es, ein fundamentales Verständnis der ultraschnellen Spindynamik zu entwickeln und somit die Grundlagen für eine spinbasierte Informationstechnologie zu legen, die bei THz-Taktraten arbeitet. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Science Advances (DOI: 10.1126/sciadv.abb1601) publiziert.

„Die seltenen Erdmetalle sind eigentlich gar nicht so selten wie zur Zeit ihrer Namensgebung gedacht, und sie haben ganz besondere Eigenschaften“, erläutert Professor Martin Weinelt vom Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin und einer der Autoren der Studie. „Mischt man seltene Erden in einer Legierung mit Eisen und Kobalt, so kann man die Magnetisierung dieses Metalls mit einem einzigen Laserpuls umschalten.“ Dieser Vorgang werde als all-optical switching bezeichnet und sei im Besonderen für die Massenspeicherung von Daten relevant, da er eintausendmal schnelleres Schalten als in herkömmlichen magnetischen Massenspeichern verspreche. „Dieser neuartige Prozess wird quasi durch die hohe Anisotropie getrieben, die Ausdruck der starken Kopplung zwischen Gitter- und Spinanregungen ist“, sagt Martin Weinelt. Es sei aber noch ein weiter Weg, bis dieser Effekt tatsächlich für ultraschnelle Datenspeicherung genutzt werden könne, erklärt der Physiker, denn es werde noch erforscht, warum welches Material geeignet oder ungeeignet sei.

„Materialien mit sehr hoher magnetischer Anisotropie werden bereits verwendet, um Bits in magnetischen Festplatten mit immer größerer Speicherdichte zu stabilisieren“, sagt Martin Weinelt. Um diese Bits zu schalten, werde eine Technik mit der Abkürzung HAMR benötigt. Bei diesem sogenannten heat-assisted magnetic recording erhitzt ein Laserpuls lokal das Material, sodass ein Bit im angelegten Feld geschaltet werden kann.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konzentrierten sich in ihrer Forschung auf die seltenen Erden Gd und Tb. „In diesen magnetischen Materialien wird die magnetische Ordnung von den stark lokalisierten 4f-Elektronen getragen“, erklärt Martin Weinelt. „Diese treten über die Momente der freibeweglichen Valenzelektronen in Wechselwirkung und richten sich aus.“ Gd habe sieben, Tb acht 4f-Elektronen. Den Forscherinnen und Forschern zufolge ist das der Schlüssel für das unterschiedliche Verhalten beider Materialien: Gd zeigt kaum magnetische Anisotropie, Tb extrem starke.

„Die bevorzugte Orientierung der Magnetisierung in Tb entlang einer Kristallachse rührt von einer besonders starken Kopplung der magnetischen Momente an das Kristallgitter her“, erklärt Professor Weinelt. Rege man nun den Kristall mit einem Laser an, so reagierten die 4f-magnetischen Momente besonders stark auf das heiße Gitter. Die Kopplung zwischen Gitter und Spinsystem sei so stark, dass sie nach der Laseranregung innerhalb von wenigen Picosekunden zum Zusammenbruch der Magnetisierung führe. Bei Gd mit einer viel schwächeren Kopplung sei das anders. „Es hängt also vom Material ab, wie gut der HAMR zuschlägt“, resümiert Martin Weinelt.

Pressefoto

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Ultraschnelle Anregung der Spinmomente gegenüber der Bahnmomente in 4f-Ferromagneten
Bildquelle: A. Donges

Weitere Informationen

Die Publikation

Frietsch et al. (2020): The role of ultrafast magnon generation in the magnetization dynamics of rare-earth metals. In: Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.abb1601

Kontakt

Prof. Dr. Martin Weinelt, Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin, Telefon: 030/838-56060, E-Mail: weinelt@physik.fu-berlin.de