Gegründet 1948 im Westen der geteilten Stadt Berlin, wurde die Freie Universität geprägt durch die Menschen, die dort arbeiteten, lehrten und studierten und die ihr in wechselvollen Zeiten ein eigenes Gesicht verliehen haben. Wie eng die Geschichte der Universität mit der Nachkriegsgeschichte Berlins und der Bundesrepublik verwoben ist, wird in den eindrücklichen Berichten der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen anschaulich, die im Rahmen des Oral-History-Projekts „Erlebte Geschichte“ seit Anfang 2019 aufgezeichnet wurden: 75 lebensgeschichtliche Video-Interviews mit ehemaligen und noch aktiven Universitätsangehörigen dokumentieren bewegte Jahrzehnte der Universitätshistorie in individuellen Erinnerungen. Entstanden ist daraus eine in der deutschen Hochschullandschaft bisher einzigartige Sammlung biographisch-narrativer Interviews, die auf vielfältige Weise die Wechselwirkung zwischen Biographie und Geschichte der Institution veranschaulicht.

Das entstandene Interview-Archiv (ab 30.11. unter https://archiv.erlebte-geschichte.fu-berlin.de), in dem die ungeschnittenen Video-Interviews in voller Länge transkribiert, umfassend inhaltlich erschlossen sowie mit zusätzlichen Dokumenten und Materialien angereichert sind, bietet insbesondere für wissenschaftliches Arbeiten eine reiche Quellensammlung, die Forschenden und historisch Interessierten nach einer Registrierung zugänglich ist.

Ohne Registrierung zugänglich ist die Online-Ausstellung „Erlebte Geschichte. Menschen erzählen – Leben mit der Freien Universität Berlin“ (ab 30.11. unter https://www.erlebte-geschichte.fu-berlin.de): 25 biografische Porträtfilme laden dazu ein, die Entwicklung der Freien Universität anhand einer Vielzahl individueller Erzählungen nachzuerleben; 75 kuratierte Themenfilme nehmen wichtige Stationen und Aspekte der Universitätsgeschichte in den Fokus – von der Gründungszeit über die Jahre des Mauerbaus, die Studentenbewegung der 1960er Jahre oder die Lage nach der deutschen Wiedervereinigung bis zur internationalen Exzellenz-Universität von heute. Ein Zeitstrahl setzt die Entwicklung an der Freien Universität in den Kontext historischer Ereignisse deutschland- und weltweit.

Die Auswahl der Interviewpartnerinnen und -partner für das Projekt „Erlebte Geschichte“ orientiert sich daran, möglichst vielfältige Facetten der Geschichte der Freien Universität Berlin zu beleuchten und Perspektiven von Menschen unterschiedlicher Fachdisziplinen, Gruppen und Hierarchieebenen abzubilden. So gehören ehemalige Universitätspräsidenten und Mitglieder der Hochschulleitung ebenso zu den Interviewten wie ehemalige Studierende, Lehrende, wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Mitarbeitende diverser Fachbereiche, Zentralinstitute und Zentraleinrichtungen, Bibliotheksbeschäftigte oder Angehörige der Universitätsverwaltung. Ein besonderer Fokus liegt auf den Angehörigen der Gründungsgeneration der Freien Universität, von denen etliche für ein Interview gewonnen werden konnten. Sie alle berichten von ihrem Leben an und mit der Freien Universität, davon, wie sie die Hochschule mitgestaltet haben und wie diese im Gegenzug zu einem wesentlichen Bestandteil ihres Lebens wurde.

Erarbeitet wurde das Projekt „Erlebte Geschichte“ durch das Team der Digitalen Interviewsammlungen an der Freien Universität, das auf langjährige Expertise zurückgreifen kann: Bereits seit 2006 widmet sich das Team der Arbeit mit Oral-History-Interviews und hat in diesem Zeitraum eine Reihe bedeutender Interview-Sammlungen veröffentlicht, darunter solche zum Themenfeld Nationalsozialismus und Holocaust, zum DDR-Grenzregime oder zu der deutschen Sektensiedlung „Colonia Dignidad“ in Chile. Die Expertise deckt dabei den gesamten Prozess von der Interviewführung über das Sammlungsmanagement, die wissenschaftliche Erschließung bis zur digitalen Bereitstellung und didaktischen Aufbereitung von Oral-History-Interviews in multimedialen Bildungsangeboten wie eigenen Lernapplikationen ab. Seit 2018 gehören die Digitalen Interviewsammlungen zur Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin.