Krieg, Körper, Vergangenheit und Zukunft: Der ukrainische Tanzkünstler Viktor Ruban übernimmt Valeska-Gert-Gastprofessur an der Freien Universität Berlin
Auftaktveranstaltung am 15. April 2025 in der Akademie der Künste, Berlin
Nr. 052/2025 vom 08.04.2025
Der renommierte ukrainische Künstler, Choreograf, Wissenschaftler und Kulturaktivist Viktor Ruban übernimmt im Sommersemester 2025 die Valeska-Gert-Gastprofessur an der Freien Universität Berlin. Ruban prägt seit Jahren den europäischen Tanzdiskurs – künstlerisch wie politisch – und zählt zu den prägenden Stimmen der ukrainischen Tanzszene. Als Gastprofessor an der Freien Universität Berlin wird Viktor Ruban im Masterprogramm „Critical Dance Studies“ lehren. Die Auftaktveranstaltung zur Gastprofessur findet am 15. April um 19 Uhr in der Akademie der Künste Berlin (AdK) am Hanseatenweg statt. In seinem Vortrag (in englischer Sprache) wird der Künstler unter anderem über die Bedeutung ukrainischer Kunst- und Aktivismuspraktiken für das Überleben der Künste in Europa sprechen. Eine Abschluss-Perfomance gemeinsam mit Studierenden findet am 17. Juli 2025 in der AdK am Pariser Platz statt. Zu beiden Veranstaltungen ist die Öffentlichkeit herzlich eingeladen.
Die Arbeit des renommierten ukrainischen Künstlers, Choreografen und Wissenschaftlers Viktor Ruban prägt – künstlerisch wie politisch – seit Jahren den europäischen Tanzdiskurs.
Bildquelle: Alex Dolovov
Viktor Rubans Engagement gilt der Stärkung des zeitgenössischen Tanzes als gesellschaftlich wirksame Praxis. Seine Arbeit ist zugleich tief geprägt von den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, seiner Heimat. Seit dem Einmarsch Russlands 2014 und dem Angriff ab 2022 setzt sich Ruban von Kyjiw aus für Reformen in Kultur und Bildung ein und hebt die essenzielle Rolle von Tanz, Kunst und Körperbewusstsein für die Resilienz demokratischer Gesellschaften hervor.
Als Mitbegründer zahlreicher Plattformen für ukrainische Künstler:innen und Forscher:innen engagiert er sich unermüdlich für den interkulturellen Austausch in Europa und darüber hinaus. Dabei setzt er sich für eine stärkere Sichtbarkeit ukrainischer Künstler*innen ein und eröffnet der jüngeren Generation neue berufliche Perspektiven. Seit 2024 ist er zudem als Dozent an der Nationalen Universität für Körperkultur und Sport der Ukraine tätig.
Neben seiner künstlerischen und kuratorischen Praxis befasst sich Ruban seit Beginn der russischen Invasion auch mit somatischen Zugängen zur Verarbeitung von Kriegserfahrungen. Gemeinsam mit der Psychologin und Choreografin Liudmyla Mova entwickelte er ein Programm zur psycho-emotionalen Stabilisierung, das somatische Praktiken mit künstlerischen Methoden verbindet. Teil dieses Programms ist auch die Vermittlung von Tanz- und somatischen Techniken, die Soldaten, Ausbildern und Kommandeuren helfen, die außergewöhnlichen physischen und psychischen Belastungen des Krieges in einem drei- bis fünftägigen Intensivprogramm zu bewältigen.
Im Zentrum von Rubans Tätigkeit an der Freien Universität Berlin steht die forschende Auseinandersetzung mit Tanzgeschichte, Erinnerungskultur und Zukunftsperspektiven des Mediums. Als Theoretiker und Tanzhistoriker widmet er sich einer zeitgenössischen Relektüre ukrainischer Tanztraditionen. In seiner Lehrveranstaltung im Masterprogramm „Critical Dance Studies“ untersucht er gemeinsam mit Studierenden, wie historische Arbeiten, etwa von Bronislava Nijinska, heute performativ rekonstruiert und in aktuelle Kontexte übertragen werden können. Die berühmte Balletttänzerin des frühen 20. Jahrhunderts entwickelte zwischen 1917 und 1921 im revolutionären Kyjiw einen radikal neue choreografische Sprache, die ästhetische und politische Prozesse miteinander verband.
Zur Valeska-Gert-Gastprofessur:
Die Valeska-Gert-Gastprofessur besteht seit dem Wintersemester 2006/2007 am Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin und wird in Kooperation mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und der Akademie der Künste Berlin vergeben. Benannt nach der Tänzerin und Avantgardekünstlerin Valeska Gert (1892–1978), fördert sie den Austausch zwischen künstlerischer Praxis und wissenschaftlicher Forschung. Im Zentrum steht die Arbeit mit Studierenden des Masterstudiengangs Tanzwissenschaft, bei der Theorie und Praxis in gemeinsamen Projekten miteinander verbunden werden. (lg)
Weitere Informationen
- Termin: Auftaktveranstaltung: 15. April 2025, 19.00 Uhr, Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, 10557 Berlin
- Termin Abschlussperformance: 17. Juli 2025, 19 Uhr, Akademie der Künste, Pariser Platz 4, 10117 Berlin
- Mehr zur Veranstaltung: https://adk.de/de/programm/?we_objectID=67635&date=2025-04-15
- Mehr zur Valeska-Gert-Professur: https://www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/fachbereich/gastprof/gert/index.html sowie unter: https://adk.de/de/akademie/sektionen/darstellende-kunst/valeska-gert-gastprofessur.htm
Kontakt
- Dr. Lindsey Drury, Freie Universität Berlin, Institut für Theaterwissenschaft, Grunewaldstr.35, 12165 Berlin, E-Mail: l.drury@fu-berlin.de