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Multimedial, aktuell, international – der Erste Weltkrieg online

Bis 2014 entsteht am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität eine Online-Enzyklopädie mit internationaler Beteiligung

31.08.2011

Ein typisches Bild des Ersten Weltkrieges: Britische Soldaten bei einer Pause während der Schlacht an der Somme 1916. Die Online-Enzyklopädie "Erster Weltkrieg 1914-1918" strebt eine globale Perspektive an.

Ein typisches Bild des Ersten Weltkrieges: Britische Soldaten bei einer Pause während der Schlacht an der Somme 1916. Die Online-Enzyklopädie "Erster Weltkrieg 1914-1918" strebt eine globale Perspektive an.
Bildquelle: Royal Engineers No 1 Printing Company

Professor Oliver Janz ist Historiker am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität. Die Geschichte des Ersten Weltkriegs ist einer seiner Forschungsschwerpunkte.

Professor Oliver Janz ist Historiker am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität. Die Geschichte des Ersten Weltkriegs ist einer seiner Forschungsschwerpunkte.
Bildquelle: Gisela Gross

Professor Nicolas Apostolopoulos vom Center für Digitale Systeme (CeDiS) plant die technische Umsetzung der Online-Enzyklopädie.

Professor Nicolas Apostolopoulos vom Center für Digitale Systeme (CeDiS) plant die technische Umsetzung der Online-Enzyklopädie.
Bildquelle: Gisela Gross

„Im Westen nichts Neues“ – nicht nur Erich Maria Remarque konzentrierte sich in seinem Roman über den Ersten Weltkrieg auf diese Himmelsrichtung. Auch in der Forschung hatte man lange vor allem die endlosen Schützengräben der Westfront im Visier. Bis sich der Ausbruch des Krieges 2014 zum 100. Mal jährt, soll sich das geändert haben: Professor Oliver Janz, Historiker am Friedrich-Meinecke-Institut, und Professor Nicolas Apostolopoulos, Leiter des Center für Digitale Systeme (CeDiS), arbeiten in den kommenden drei Jahren an einer internationalen Online-Enzyklopädie.

Herr Professor Janz, Herr Professor Apostolopoulos, was gab den Ausschlag für das Online-Projekt?

Janz: Es ist dringend notwendig, den Ersten Weltkrieg umfassender darzustellen als das bislang in Enzyklopädien und Lehrbüchern der Fall ist. Traditionell liegt der wissenschaftliche Blick auf der Westfront. Die Vorstellung von industriellen Abnutzungsschlachten zwischen Deutschland, Frankreich und Großbritannien dominieren unser Bild dieses Krieges. Es war aber ein globaler Krieg, der auch für Osteuropa und andere Kontinente, wie Afrika und Asien, weitreichende Folgen hatte. Diese Tatsachen möchten wir zum 100. Jahrestag des Kriegsausbruchs ins öffentliche Bewusstsein rücken. Nach 2014 folgen weitere internationale Gedenktage, die eng mit dem Weltkrieg verbunden sind: vom Völkermord an den Armeniern über die Schlacht von Verdun und die Russische Revolution bis hin zum Versailler Vertrag.

Wie wird das online dargestellt werden?

Apostolopoulos: Unsere technische Basis ist mit einem Wiki vergleichbar, denn an dem Projekt sollen etwa 600 Wissenschaftler aus der ganzen Welt zeitgleich zu ihren jeweiligen Themen arbeiten können. Von anderen „konventionellen“ Online-Enzyklopädien unterscheiden wir uns insofern, als unsere Inhalte nicht auf den Strukturen eines gedruckten Buches basieren. Wir arbeiten vielmehr von Beginn an vernetzt. Dadurch können wir gezielt auf Inhalte von Bibliotheken, Museen und Archiven verweisen. Außerdem soll sich der Nutzer dem Thema auf unterschiedliche Weise nähern können: chronologisch, geografisch oder über thematische Aspekte. Der Vorteil des Online-Projekts ist, dass wir jederzeit ergänzen und weitere Quellen wie Filme oder Audioaufnahmen einbinden können. Die Erfahrung mit Videoarchiven an der Freien Universität wie Zwangsarbeit 1939-1945 oder dem Visual History Archive wird uns in diesem Bereich sehr nützlich sein.

Janz: Den Schwerpunkt der E-Humanities gibt es bereits seit einiger Zeit an der Freien Universität. Für unsere globale Kooperation ist das Medium ideal. Aber auch der Nutzer profitiert, wenn er zu einem Thema Kontexte vorfindet, die er vielleicht gar nicht explizit gesucht hat.

Insgesamt sind Forschungseinrichtungen aus 14 Nationen an „1914–1918-Online“ beteiligt – wie kamen die Partnerschaften zustande?

Janz: Zunächst haben wir Partner an der Freien Universität, die interdisziplinär mit uns zusammenarbeiten, die Sinologen etwa und die Wissenschaftler des Lateinamerika-Instituts. Durch die Kontakte der drei Gründungsherausgeber – Professorin Ute Daniel von der TU Braunschweig, Professor Alan Kramer vom Trinity College Dublin und ich – ist das internationale Netzwerk aus Experten zum Ersten Weltkrieg von führenden Universitäten und Forschungsinstitutionen entstanden, das wir nun koordinieren. Hinzu kommen eigens eingerichtete Stellen an den Deutschen Historischen Instituten in Moskau, Paris und Warschau. Mit der Bayerischen Staatsbibliothek haben wir außerdem einen starken Partner gewinnen können, der sich für die Archivierung und die langfristige Nutzbarkeit der Seiten einsetzen wird.

Wie wird das Projekt finanziert?

Janz: Zur Vorbereitung haben wir eine Anschubfinanzierung aus dem Initiativfonds der Freien Universität erhalten, der sich aus Mitteln der Exzellenzinitiative speist. Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) haben wir etwa eine Million Euro eingeworben, die durch Eigenmittel der externen Partner noch einmal um etwa 500.000 Euro aufgestockt wird.

Apostolopoulos: Die Herausforderung für uns besteht nun darin, dass es der Hauptredaktion gelingt, aus den Mosaiksteinchen, die die einzelnen Wissenschaftler beitragen, ein Gesamtbild herzustellen.

Die Fragen stellte Gisela Gross

Weitere Informationen

  • Prof. Dr. Nicolas Apostolopoulos, Center für Digitale Systeme (CeDiS) der Freien Universität Berlin, Tel.: 030 / 52050, E-Mail: napo@cedis.fu-berlin.de
  • Prof. Dr. Oliver Janz, Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, Tel.: 030 / 838-56765, E-Mail: janz@zedat.fu-berlin.de