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Grüne Kraftwerke

Ein Biologinnen-Team hat einen neuen Regelkreis entdeckt, der wichtig ist für die Lichtanpassung von Pflanzen

10.11.2014

Für Pflanzen sind Chloroplasten lebenswichtige, aber auch nicht ganz ungefährliche „Zellmieter“. Das Forscherteam untersucht, wie die Kommunikation zwischen beiden funktioniert.

Für Pflanzen sind Chloroplasten lebenswichtige, aber auch nicht ganz ungefährliche „Zellmieter“. Das Forscherteam untersucht, wie die Kommunikation zwischen beiden funktioniert.
Bildquelle: Smileus/fotolia www.fotolia.com

Mikroskopische Aufnahme von Keimblättern der Modellpflanze Arabidopsis mit Chloroplasten (rot) und dem SIG5-Protein (grün).

Mikroskopische Aufnahme von Keimblättern der Modellpflanze Arabidopsis mit Chloroplasten (rot) und dem SIG5-Protein (grün).
Bildquelle: Freie Universität Berlin

Pflanzen können sich wechselnden Lichtverhältnissen anpassen. Ermöglicht wird dies durch Photorezeptoren, die Licht unterschiedlicher Wellenlänge wahrnehmen und in Signale – die Sprache der Zelle – übersetzen. Wie die Lichtsignale die grünen Kraftwerke der Pflanzenzellen, die Chloroplasten, beeinflussen, haben Biologinnen der Freien Universität und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gemeinsam erforscht.

Dabei entdeckten sie einen neuen Regelkreis, der Lichtanpassung ermöglicht und der gleichzeitig die Pflanze vor Über-Reaktionen bei starker Lichteinstrahlung bewahrt.

Pflanzen betreiben Photosynthese: Sie nutzen die Energie des Sonnenlichts, um Kohlenstoffdioxid und Wasser in Zucker zu verwandeln und Sauerstoff freizusetzen. Diese Reaktionen finden in der Pflanzenzelle in speziellen Organellen, den Chloroplasten statt.

Chloroplasten waren ursprünglich eigenständige, bakterienähnliche Lebewesen, die bei der Entstehung der ersten Pflanzen quasi als nützliche „Untermieter“ in „Wirtszellen“ aufgenommen wurden. Chloroplasten beherbergen die Reaktionszentren der Photosynthese: Sie wandeln Licht in Energie um und versorgen letztendlich die Pflanze mit Nahrung. Damit dieses System funktioniert, ist die Kommunikation und Abstimmung zwischen Chloroplasten und “Wirtszelle“ überlebenswichtig.

Wichtige aber gefährliche Untermieter

Chloroplasten sind wichtige und gleichzeitig nicht ganz ungefährliche „Zellmieter“: Bei der Photosynthese können auch Radikale und Peroxide entstehen. Diese gehen chemische Reaktionen mit anderen Stoffen ein und können dadurch Zellbestandteile schädigen.

Die Pflanze muss also ihre Chloroplasten einerseits unterstützen, andererseits in Schach halten – sie dürfen nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig aktiv sein. Wie Kommunikation und Kontrolle zwischen Pflanzenzellen und Chloroplasten funktioniert, untersucht die Arbeitsgruppe um Professorin Margarete Baier am Dahlem Centre of Plant Sciences der Freien Universität Berlin. Zusammen mit ehemaligen Arbeitsgruppenmitgliedern an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ist es gelungen, einen neuen Regelkreis innerhalb dieses bislang nur teilweise verstandenen Kommunikations- und Kontrollnetzwerkes zu beschreiben. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal Plants veröffentlicht.

Kommunikation in beide Richtungen

Bei ihrer Suche nach Genen, die durch Lichtintensität und Lichtqualität unterschiedlich stark reguliert werden, erkannten die Biologinnen die Bedeutung des Gens SIG5. Das SIG5-Protein wandert in die Chloroplasten und bewirkt dort, dass vermehrt Komponenten für die Photosynthese bereitstehen. Die Produktion von SIG5 ist lichtabhängig. Je mehr Licht vorhanden ist, umso mehr wird die Photosynthese gefördert. So kann die vorhandene Lichtenergie optimal in chemische Energie und letztlich in die Synthese energiereicher organischer Verbindungen umgesetzt werden.

Gleichzeitig konnten die Forscherinnen zeigen, dass Pflanzen durch Inaktivierung von SIG5 über eine Art Bremse verfügen, die ein „Überhitzen“ der grünen Kraftwerke und eine Beschädigung der Chloroplasten verhindert. Wenn durch zuviel Licht ein „Elektronenstau“ im Chloroplasten entsteht, signalisiert dieser, dass die Photosynthese-Maschinerie überlastet ist und schaltet im Zellkern das SIG5-Gen ab. Daraufhin werden weniger SIG5 und damit weniger Bestandteile der Photosynthese-Reaktionszentren produziert.

Dieses Wechselspiel von Aktivierung und Inaktivierung zeigt, dass SIG5 bei der Lichtanpassung der Pflanzen eine zentrale Rolle spielt: Als smarter Vermittler ist es in der Lage, Signale aus verschiedenen Quellen und mit unterschiedlicher Wirkung zu integrieren und weiterzugeben.

Weitere Informationen

Dr. Diana Mutz, Dahlem Centre of Plant Sciences, Freie Universität Berlin, Tel. +49 30 838-56214, E-Mail: diana.mutz(at)fu-berlin.de