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Rundflug mit der „Mars Express“

Die Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität forscht seit 14 Jahren den Roten Planeten

26.06.2017

Eisiger Nordpol: Selbst in den Sommerhalbjahren, aus denen die Aufnahmen für dieses Mosaikbild überwiegend stammen, herrschen am Marsnordpol Temperaturen von unter minus 50 Grad Celsius.

Eisiger Nordpol: Selbst in den Sommerhalbjahren, aus denen die Aufnahmen für dieses Mosaikbild überwiegend stammen, herrschen am Marsnordpol Temperaturen von unter minus 50 Grad Celsius.
Bildquelle: ESA/DLR/FU Berlin, NASA MGS MOLA Science Team

Die Raumsonde „Mars-Express“ ist seit 14 Jahren unterwegs – mit ihr die HRSC-Kamera, die neun Kanäle gleichzeitig aufnimmt.

Die Raumsonde „Mars-Express“ ist seit 14 Jahren unterwegs – mit ihr die HRSC-Kamera, die neun Kanäle gleichzeitig aufnimmt.
Bildquelle: ESA - Illustration by Medialab

Dunkle Gräben, in denen sich Dünen aus schwarzem Sand angesammelt haben, schlängeln sich durch eisbedeckte Hügel. Die Raumsonde „Mars Express“ nimmt uns mit auf einen Rundflug über die Eiskappe des Marsnordpols sowie durch Schluchten und Täler, vorbei an Kratern und hinweg über karge Landschaften – Vulkane, Sanddünen und Eisfelder.

Dass wir diese beeindruckenden Bilder vom zweitkleinsten Planeten des Sonnensystems aus nächster Nähe, in Farbe und 3D, ansehen können, ermöglicht die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene Hochleistungskamera High Resolution Stereo Camera (HRSC). Nie zuvor gab es so detaillierte Aufnahmen der Marsoberfläche. Seit fast 14 Jahren umkreist die Spezialkamera den Roten Planeten an Bord der Raumsonde „Mars Express“ der europäischen Raumfahrtagentur ESA (European Space Agency). „Die Mission war ursprünglich für zwei Jahre ausgelegt“, sagt Heike Balthasar. „Dass die Sonde so lange fliegt, die Instrumente noch funktionieren und vor allem die Kamera immer noch gute Bilder aufnimmt, ist wirklich erstaunlich.“

Die Diplom-Geografin ist Mitarbeiterin der Projektgruppe „Mars Express/ HRSC-Experiment“ der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung am Institut für Geologische Wissenschaften der Freien Universität Berlin. Dort werden seit Missionsbeginn aus den von der Kamera gesendeten Daten unter anderem dreidimensionale Bilder und Filme erstellt. Mittlerweile sind 76 Prozent der Marsoberfläche mit einer Auflösung von weniger als 20 Metern pro Bildpunkt kartiert. „Das große Ziel ist ein globales Mosaik der gesamten Marsoberfläche“, sagt Balthasar. „Daran wird mit Hochdruck gearbeitet, und wir hoffen, dass die Kamera noch so lange läuft, bis auch die letzten Lücken gefüllt sind.“

Die Bilder vom Nordpol, eines Vulkans oder großen Einschlagbeckens werden aus vielen einzelnen Aufnahmen zusammengesetzt. Problematisch sei es, dass es Bildlücken von Gebieten gebe, in denen die Raumsonde noch nicht war, oder dass das Bildmaterial unterschiedliche Qualität habe, sagt Stefanie Musiol. Die promovierte Geophysikerin ist ebenfalls Mitarbeiterin der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung und hat ihre Dissertation über Marsvulkane auf der Grundlage von Bilddaten der HRSC geschrieben.

„Es gibt auf dem Mars Staub, Staubstürme und Wolken. Manchmal herrscht Eis- oder Schneebedeckung, manchmal ist die Oberfläche vollkommen frei. Aber auch durch verschiedene Sonnenstände und Jahreszeiten erhalten wir unterschiedliche Bilder von demselben Gebiet. Zudem gibt es Oberflächenveränderungen beispielsweise durch wandernde Dünen. Aber es macht unsere Arbeit auch spannend, dass wir nach so vielen Jahren immer noch tolle neue Bilder vom Mars erhalten.“

Gestartet ist „Mars Express“ im Juni 2003 mit einer Soyuz-Fregat-Rakete vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan. Sie erreichte den Planeten sechs Monate später. Seitdem umkreist die Sonde ihn auf einer elliptischen Umlaufbahn. Ihre minimale Entfernung zur Marsoberfläche beträgt rund 270 Kilometer, die maximale etwa 11.000. Für eine komplette Umrundung des Mars braucht sie zirka sieben Stunden.

Die High Resolution Stereo Camera an Bord wurde am DLR unter der Leitung von Professor Gerhard Neukum entwickelt und in Kooperation mit Partnern aus der Industrie gebaut. Gerhard Neukum war von 2002 bis 2012 Professor für Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität. Die HRSC ist das erste Aufnahmesystem, das die Marsoberfläche zugleich hochauflösend, farbig und dreidimensional abbilden kann. Ihre Rohdaten durchlaufen am Institut für Planetenforschung des DLR in Berlin-Adlershof eine mehrstufige Vorprozessierung, bevor sie an der Freien Universität weiter verarbeitet werden.

Erst Anfang des Jahres wurde das Vorhaben High Resolution Stereo Camera an der Freien Universität Berlin zum fünften Mal verlängert. Bis Ende 2019 wird es mit knapp 2,7 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert, unterstützt durch das DLR Raumfahrtmanagement. Voraussichtlich noch in diesem Monat will die ESA entscheiden, ob es danach eine weitere Missionsverlängerung geben wird. „Treibstoff ist noch genug da“, sagt Stefanie Musiol. „Aber das kann sich auch von heute auf morgen ändern, wenn doch zusätzliche Manöver geflogen werden müssen, um die Umlaufbahn anzupassen.“

Weitere Informationen

  • Heike Balthasar, Projekt Mars Express / HRSC-Experiment, Fachrichtung Planetologie, Freie Universität Berlin, Tel.: +49 30 838-70-555, E-Mail: heike.balthasar[at]fu-berlin.de
  • Dr. Stefanie Musiol, Project Mars Express / HRSC-Experiment, Fachrichtung Planetologie, Freie Universität Berlin, Tel.: +49 30 838-70-551, E-Mail: stefanie.musiol[at]fu-berlin.de