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Auf dem Weg der Besserung

Zu seiner Geburtsstunde gefeiert, dann lange genutzt, später fast abgeschrieben: Die wechselvolle Geschichte des Klinikums am heutigen Campus Benjamin Franklin

13.12.2013

Das Klinikum am heutigen Campus Benjamin Franklin (CBF) in Berlin-Steglitz hat eine wechselvolle Geschichte

Das Klinikum am heutigen Campus Benjamin Franklin (CBF) in Berlin-Steglitz hat eine wechselvolle Geschichte
Bildquelle: Bavaria Luftbild

Mit über 40 Jahren, da fängt das Leben nicht mehr an. Es ist aber auch noch lange nicht vorbei. Trotzdem spricht man bei Menschen, die 40 Jahre und älter sind, rein rechnerisch von der zweiten Lebenshälfte. In Deutschland sind das weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Über vier Millionen Menschen sind laut Statistischem Bundesamt sogar schon älter als 80 Jahre. Werden sie krank, stellen sie an die medizinische Versorgung oft andere Ansprüche als jüngere Patienten. Doch bisher sind noch nicht viele Krankenhäuser darauf eingestellt. Das Klinikum am heutigen Campus Benjamin Franklin (CBF) Steglitz, früher das Universitätsklinikum der Freien Universität, ist heute einer von drei großen Standorten der Charité – Universitätsmedizin, des gemeinsamen medizinischen Fachbereichs von Freier Universität und Humboldt Universität. Dort ist man gerade dabei, sich auf diese Patienten und „Erkrankungen der zweiten Lebenshälfte“ zu spezialisieren. Ziel ist es, nicht nur solche Krankheiten zu behandeln, die mit dem Alter in Verbindung gebracht werden, sondern darüber hinaus Menschen beim Älterwerden zu begleiten und sie beim Gesundbleiben zu unterstützen. Damit betreten die Wissenschaftler und Ärzte hier Neuland.

Und, wie geht es uns heute? Eigentlich ist es müßig, einer Klinik, einem Gebäude, diese Frage zu stellen. Trotzdem kann man sich beim Klinikum Steglitz gut vorstellen, wie die Antworten lauten könnten. Zum Beispiel: „Danke der Nachfrage – muss ja.“ Oder: „Es wird schon wieder besser.“ Beides wäre jedenfalls richtig. In den sechziger Jahren war das Haus der ganze Stolz West-Berlins, mit einer Reihe von Superlativen: das erste Großkrankenhaus Deutschlands. Mehr als 1400 Betten. Ausgestattet mit State-of-the-Art-Technik. Und einer Architektur, die damals wegweisend war. Die betongewordene Zukunftsphantasie eines modernen Gesundheitswesens.

Zumindest die Architektur, die seit Kurzem offiziell unter Denkmalschutz steht, fasziniert bis heute. Auch wenn mittlerweile wohl keiner mehr hoffen würde, dass die Gegenwart des Klinikums ein Ausweis für die Zukunft des Gesundheitswesens ist: Die Zierfassade aus Betonfertigteilen, die einen Teil des Gebäudes großflächig vor Sonne und neugierigen Blicken schützen sollte, ist beschädigt. Viele der Spitzen aus Beton sind abgebrochen. Was früher aussah wie ein luftiger Vorhang aus Stein, ganz im Stil der Zeit, ist nun teilweise von Fangnetzen überzogen. Zum Schutz der Passanten vor herabstürzenden Teilen der Verkleidung.

Ein gut durchdachtes Krankenhaus

Das Äußere blättert unübersehbar. Aber die inneren Werte haben sich erhalten, davon sind Ärzte und Mitarbeiter überzeugt. „Vom Aufbau und den Wegen her, die das Personal hier täglich zurücklegen muss, ist das Krankenhaus wirklich sehr gut durchdacht“, sagt Heinrich Audebert, „es funktioniert.“ Der Professor für Neurologie weiß, wovon er spricht: Als er 2008 in Berlin- Steglitz die ärztliche Leitung der Neurologie am Campus Benjamin Franklin übernahm, hatte er schon einige Gelegenheiten zum direkten Vergleich.

Die Neurologische Station ist eine von 22 Kliniken, die zum CBF zählen. Und sie ist wahrscheinlich die Station, in der man sich die Zukunft der Universitätsmedizin am Standort schon jetzt am ehesten vorstellen kann: Vor drei Jahren wurden die Zimmer auf den Stationen 4a und 4b modernisiert. Die 4b mit der angeschlossenen Stroke- Unit ist als Spezialstation ganz auf die Behandlung von Schlaganfallpatienten eingerichtet. Die Wände sind hellgelb gestrichen, entlang der Flure bieten Holzgeländer bei Bedarf Halt. In den meisten Zimmern stehen ein oder zwei Betten, es gibt eigene kleine Badezimmer und Platz für Geräte und Pflege. Direkt am Eingang zur Station 4b steht den Ärzten ein hochmoderner Magnetresonanztomograf (MRT) zur Verfügung: Damit können Durchblutungsstörungen im Kopf der Patienten in kürzester Zeit erfasst und gezielt behandelt werden.

Schon als Modell beeindruckte das erste Großkrankenhaus Deutschlands.

Schon als Modell beeindruckte das erste Großkrankenhaus Deutschlands.
Bildquelle: U.S. Mission Berlin, Quelle: Universitätsarchiv der Freien Universität Berlin

Wenn Heinrich Audebert Besuchern die Station und den MRT zeigt, weiß er, dass das Krankenhaus den Vergleich zu anderen Kliniken nicht scheuen muss: „Unsere Stroke Unit zählt zu den am besten ausgestatteten Schlaganfalleinrichtungen – auch international.“ Mittlerweile wurde das Angebot zur Behandlung der Schlaganfallpatienten noch weiter ausgebaut. Und zwar um die neurologische Früh-Rehabilitation. „Bei Schlaganfallpatienten geht es immer wieder um Zeit – auch und gerade bei der Rehabilitation. Im Idealfall schließt die Rehabilitation direkt an die Behandlung der Patienten hier in der Stroke-Unit an“, sagt Audebert. Patienten mit besonders schweren Schädigungen, die nach einem Schlaganfall kaum noch in der Lage sind, sich zu verständigen oder zu bewegen, müssten nicht erst das Ende der Behandlung im Krankenhaus abwarten. Sie könnten bereits in der Klinik zeitnah mit speziellen – über die normale Stroke-Unit-Behandlung hinausgehenden Rehabilitationsmaßnahmen beginnen.

Bald soll es dafür einen eigenen Physiotherapiebereich geben. Bisher stehen in den dafür eingeplanten Räumlichkeiten leere Krankenhausbetten. Professor Ulrich Frei, der Ärztliche Direktor der Charité, ist jedoch sicher, dass die neue Strategie schon jetzt nachvollziehbare Formen annimmt: „Nicht nur in der Neurologie, auch in anderen medizinischen Disziplinen geht es bei der Versorgung von Patienten der zweiten Lebenshälfte um ineinander übergreifende Behandlungen.“

Das Krankenhaus positioniert sich neu

Ein Schlagwort ist die Integrierte Versorgung – die optimale Verzahnung von Fachabteilungen und Rehabilitation an der Klinik und auch darüber hinaus, um zum Beispiel Patienten nach einem Schlaganfall nicht nur möglichst schnell wieder zu entlassen, sondern gemeinsam mit den Hausärzten dafür zu sorgen, dass sie sich nicht genauso schnell erneut als Patienten im Krankenhaus wiederfinden.

Dass man das frühere Vorzeigekrankenhaus mit einem Schwerpunkt auf der medizinischen Versorgung älterer Menschen wieder zu alter Größe bringen könnte, diese Überlegung gibt es schon seit einiger Zeit. Spätestens seit 2001 um die Fusion der Universitätsmedizin der Freien Universität und der Humboldt-Universität zur geGrundideemeinsamen Charité gerungen wurde, stand auch die Zukunft des Klinikums Steglitz immer wieder zur Debatte. Mal war von Schließung, dann von Privatisierung und dem Verlust der Universitätsmedizin die Rede. 2009 war die Abwicklung zwar vom Tisch. Das Klinikum musste jedoch auf einige Fachgebiete verzichten – etwa die Geburtsmedizin.

Die Architektur des Klinikums am heutigen Campus Benjamin Franklin in Berlin-Steglitz steht unter Denkmalschutz

Die Architektur des Klinikums am heutigen Campus Benjamin Franklin in Berlin-Steglitz steht unter Denkmalschutz
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

2010 einigten sich Charité-Vorstand und Politik auf eine entsprechende Strategie. Die Grundidee: in Abgrenzung zu den anderen beiden großen Standorten der Charité – Universitätsmedizin Berlin, dem Campus Charité (CCM) Mitte und Campus Virchow-Klinikum (CVK) im Wedding – soll sich der Campus Benjamin Franklin (CBF) als Spezialist für Erkrankungen, die mit dem Alter in Verbindung stehen, positionieren. „Dazu haben wir am CBF, wie bei den anderen Häusern der Charité, genau nachgesehen: Welche Fachabteilungen gibt es, welche Schwerpunkte – und welche Anknüpfungspunkte“, sagt Ulrich Frei.

In Steglitz sprachen gleich mehrere Gründe für den Fokus auf die Krankheiten in der zweiten Hälfte des Lebens. Nicht nur wegen der Bevölkerung in Steglitz- Zehlendorf. Mit einem Durchschnittsalter von mehr als 46 Jahren ist es laut Statistischem Landesamt aktuell der Stadtteil mit Berlins ältesten Einwohnern. Auch die fachliche Ausrichtung des Krankenhauses im Berliner Süden legte einen solchen Schwerpunkt nahe, sagt Frei. Ein Beispiel: der bevorstehende Umzug der Psychiatrie von Charlottenburg in den Berliner Süden, mit einem besonderen Fokus auf psychiatrischen Problemen alter Menschen. „Außerdem gibt es über Jahre gewachsene Verbindungen zur Freien Universität – etwa zum Bereich Altersforschung oder Public Health. Das alles erschien uns als ein sehr geeignetes Setting für einen ausbaufähigen Schwerpunkt,“ sagt Ulrich Frei.

Krankenhäusern fehlen spezielle Angebote für hochbetagte Patienten

Was der demografische Wandel und immer mehr ältere Patienten für das Gesundheitswesen bedeuten, damit beschäftigt sich Professorin Adelheid Kuhlmey. Die Direktorin des Instituts für Medizinische Soziologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin ist überzeugt, dass ein Fokus auf Patienten und Krankheiten der zweiten Lebenshälfte für das CBF wichtige Akzente setzen könnte: „Nötig wäre eine ‚Gerontologisierung‘.“ Dazu gehörten zwar auch Dinge wie speziell ausgestattete Notaufnahmen, etwa für Demenzkranke. Mit einer schlichten Anpassung der Akutversorgung im Krankenhaus an hochbetagte Patienten sei es jedoch nicht getan. Alte Patienten hätten oft mehr und andere Krankheiten mit anderen Verläufen als jüngere. Doch genau für Kound Multimorbidität und einen entsprechend größeren Pflegeaufwand seien Krankenhäuser nicht gerüstet. „Die Pflege etwa dementer Patienten erfordert einen viel größeren Zeitaufwand – und diese Zeit ist im Krankenhausalltag meistens nicht da.“

Noch problematischer sei allerdings der Übergang von der Versorgung alter Patienten im Krankenhaus hin zur Pflege und Versorgung zu Hause. Oft fehlten entsprechende Angebote, um bestimmte Therapien im heimischen Umfeld fortzuführen oder den Patienten im Alltag zu helfen. Die Folge sei gerade bei den alten Patienten ein „Drehtüreffekt“: Kaum sind die Patienten aus dem Krankenhaus entlassen worden, werden sie erneut ins Krankenhaus eingewiesen. „Bei betagten Patienten müssen Krankenhäuser eine viel größere Verantwortung übernehmen, vor allem für die Zeit nach der Entlassung“, sagt Adelheid Kuhlmey.

Wie solche Übergänge aussehen könnten, dazu haben Kuhlmey und ihre Mitarbeiter verschiedene Modelle entworfen und ihre Wirksamkeit in Studien belegt. Im Rahmen des Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum Schlaganfall der Charité Berlin (CSB) untersuchen sie zum Beispiel, wie ältere Schlaganfallpatienten nach einer Rehabilitation ihren Alltag meistern. Dazu befragten sie mehr als 600 Patienten, sowie Pflegekräfte und Angehörige, wie die Versorgungssituation betagter Patienten auch lange nach einem Krankenhausaufenthalt aussieht. Besser verzahnte Versorgungskonzepte vom Krankenhaus bis zur Pflege zu Hause ließen sich auch bei anderen Krankheiten anwenden, ist Professorin Kuhlmey überzeugt. Und es gebe bereits eine große Zahl an erprobten Strategien. „Wir haben, was den Umgang mit diesen Pati-enten angeht, keine Wissens- oder Forschungslücke. Es fehlt bisher an der breitenwirksamen Umsetzung.“

Heinrich Audebert sieht das Problem ähnlich. Innerhalb des CSB forschen er und seine Mitarbeiter nicht nur zu Themen der Akutversorgung von Schlaganfallpatienten, sondern auch dazu, welche Art der Versorgung Menschen nach einem Schlaganfall wirksam vor Rückfällen schützt. Sie begleiteten mehr als 1000 Patienten in der Zeit nach ihrem Krankenhausaufenthalt, etwa mit speziellen Gesprächsrunden für Angehörige oder einer engmaschigen Kontrolle der Gefäß-Risikofaktoren – komplementär zum Hausarzt. Ziel ist es, das Risiko, erneut einen Schlaganfall zu erleiden, um etwa 30 Prozent zu senken. Von solchen übergreifenden Ansätzen könnten in Zukunft nicht nur die Patienten profitieren – sie könnten dem Krankenhaus auch dabei helfen, an Profil zu gewinnen: „Wir haben verschiedene Ansatzpunkte, nicht nur in der Neurologie. Jetzt müssen konkrete Projekte zeigen, wie wir uns auf dem Campus die ‚Medizin für die zweite Lebenshälfte‘ vorstellen.“

Die Klinik wagt einen Neuanfang

Der Neuanfang am Klinikum Steglitz wird wohl einer auf Raten sein. Da ist sich auch der Ärztliche Direktor Professor Ulrich Frei sicher. Das Konzept bedeute für das Haus eine Transformation des Versorgungsangebotes, inklusive baulicher Anpassungen, die mittlerweile dringend notwendig sind. „In den sechziger Jahren bedeutete Intensivmedizin noch: ein Zimmer mit genug Platz für einen Tropf neben dem Bett. Die Apparatemedizin von heute war damals noch nicht absehbar.“ Ein Patientenzimmer des Benjamin Franklin hat im Schnitt 25 Quadratmeter und ist für 3 Betten konzipiert. Mit heutigen Komforterwartungen der Patienten und dem Platzbedarf für fachgerechte Pflege sei das kaum mehr vereinbar.

Auf einigen Stationen sei eine „Standardanhebung“ – etwa durch weniger Betten auf dem Zimmer, bereits erfolgt. Gerne wäre man schon weiter. Doch das gesamte Haus zu renovieren, würde rund 200 Millionen Euro kosten. Geld, das die Universitätsmedizin nicht hat. Der circa eine Million teure Umbau der Neurologie wurde unter anderem mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket II finanziert. Jetzt steht die dringend notwendige Sanierung der Operationssäle auf dem Plan. Vermutlich werde es noch Jahre dauern, bis das ganze Haus Zug um Zug saniert sei, sagt Frei.

Neurologieprofessor Audebert hofft, dass einige Dinge trotzdem schneller geändert werden können, um das Haus den Bedürfnissen der älteren Patienten anzupassen: zum Beispiel eine vereinfachte Orientierung im Haus durch ein Farbleitsystem. Oder eine nachvollziehbare Nummerierung der Stationen nach Stockwerken. „Das verwirrt im Moment sogar diejenigen Patienten, die sich noch in der ersten Lebenshälfte befinden, für ältere Patienten ist es doppelt schwierig, weil sie Wege oft doppelt gehen müssen.“ Bis das ehemalige UKBF zum zweiten Mal in seiner Geschichte zum Vorzeigeklinikum wird, gibt es noch einiges zu tun. Ein Arzt würde vermutlich dennoch sagen: Der Patient ist auf dem Weg der Besserung.

Das Universitätsklinikum Benjamin Franklin: Vom „Best Teaching Center of Europe“ zum Baudenkmal

Willi Brandt, damals Regierender Bürgermeister West-Berlins, legte mit Eleanor Dulles, Schwester des ehemaligen amerikanischen Außenministers John Foster Dulles, den Grundstein des Klinikums am heutigen Campus Benjamin Franklin.

Willi Brandt, damals Regierender Bürgermeister West-Berlins, legte mit Eleanor Dulles, Schwester des ehemaligen amerikanischen Außenministers John Foster Dulles, den Grundstein des Klinikums am heutigen Campus Benjamin Franklin.
Bildquelle: U.S. Mission Berlin, Quelle: Universitätsarchiv der Freien Universität Berlin

Der Anspruch war von Anfang an groß. Als das amerikanische State Department 1958 von Gutachtern prüfen ließ, welche Art von Krankenhaus der Berliner Süden idealerweise bräuchte, kamen die Experten zu dem Ergebnis, dass ein Krankenhausbau vor allem Teil eines medizinischen Lehrzentrums für die Freie Universität sein sollte. Weil gut ausgebildete Ärzte in West-Berlin fehlten, sollte das neue Klinikum in Steglitz die medizinische Ausbildung auf eine neue Stufe heben. Es sollte „The Best Teaching Center of Europe“ werden. Schon ein Jahr später wurde der Grundstein gelegt.

Über das Engagement der USA freute sich nicht nur die West-Berliner Bevölkerung und ihr damaliger Bürgermeister Willy Brandt. Vor allem die Freie Universität begrüßte die Unterstützung, hatte sie doch seit ihrer Gründung 1948 zwar eine medizinische Fakultät, jedoch keine eigene Universitätsklinik. Als Notlösung waren die Medizinstudenten an anderen städtischen Krankenhäusern ausgebildet worden. Auf Initiative von Eleanor Dulles, der Schwester des ehemaligen amerikanischen Außenministers John Foster Dulles, die von 1952 bis 1959 das Berlin-Ressort im damaligen Bureau of German Affairs des amerikanischen Außenministeriums leitete, griffen die USA der klammen Stadt beim Bau kräftig unter die Arme. Etwa 60 Millionen D-Mark, ein Drittel der Baukosten, stellte die Benjamin-Franklin-Stiftung bereit.

Auch das architektonische Konzept für das neue „Teaching Hospita“‘ kam aus den USA – das nach den neuesten Standards der Kliniklogistik gebaut würde, war eine Bedingung der Geldgeber. Beauftragt wurden die Architekten Curtis und Davis aus New Orleans. Von deutscher Seite kam der Berliner Architekt Franz Mocken hinzu, der bereits beim Bau der Kongresshalle, einem weiteren deutsch-amerikanischen Prestigeprojekt, beteiligt war. Die Medizinische Fakultät der Freien Universität wollte die Gelegenheit des Klinikneubaus nutzen, um sich in den USA Anregungen für eine Neuausrichtung und für Reformen in der Lehre zu holen. 1958 besuchte eine Delegation etwa die Harvard-Medical School, die Yale School of Medicine und das National Institute of Health.

Das Ziel war es, ein Klinikum für Forschung, Lehre und interdisziplinäre Zusammenarbeit aufzubauen. Tatsächlich vereinte das Haus später alle drei Funktionen unter einem Dach und galt damit als wegweisend für die Universitätsmedizin. 1968 wurde das Klinikum als modernstes Krankenhaus Europas mit mehr als 1.400 Betten eröffnet. Bis heute ist es für seine durchdachte Kompaktheit und kurzen Wege bekannt. 1994 wurde das Krankenhaus umbenannt in „Universitätsklinikum Benjamin Franklin“ – ein Ausdruck der Dankbarkeit für die amerikanische Unterstützung.

Die vergangenen 20 Jahre waren keine ruhigen Zeiten für den „Grauen Riesen“, wie die Steglitzer den Bau angeblich auch nannten. Mehrmals stand das Haus als Universitätsklinikum vor der Schließung: erst durch die Neuordnung der Berliner Universitätsmedizin nach der Wende, 2002 dann durch Sparpläne des damaligen rot-roten Senats. Doch die Pläne scheiterten am berlinweiten Protest. 2003 fusioniert das UKBF mit der Charité. Das Ergebnis war die Charité – Universitätsmedizin Berlin, und ein neuer Name für das Krankenhaus in Steglitz: Campus Benjamin Franklin. Heute verfügt das Klinikum über etwa 850 Betten in 20 Fachrichtungen. Seit 2013 steht es als eines der jüngsten Baudenkmäler Berlins unter Denkmalschutz.