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Tierische Emotionen

Von glücklichen Kühen, falsch verstandener Tierliebe und fürsorglichen Hyänen

12.06.2008

Bei niederen Tieren wie der Smaragdeidechse findet man lediglich ein zu einer Art „Gehirn“ geformtes verlängertes Rückenmark.

Bei niederen Tieren wie der Smaragdeidechse findet man lediglich ein zu einer Art „Gehirn“ geformtes verlängertes Rückenmark.
Bildquelle: iStockphoto, iChip

Empfinden Tiere Wut tatsächlich als Gefühl – oder ist es Instinkt?

Empfinden Tiere Wut tatsächlich als Gefühl – oder ist es Instinkt?
Bildquelle: iStockphoto, skilpad

Falsch verstandene Tierliebe führt zu einer nicht mehr artgerechten Haltung.

Falsch verstandene Tierliebe führt zu einer nicht mehr artgerechten Haltung.
Bildquelle: iStockphoto, biffspandex

Nach mehreren Tagen im Stall fühlen sich Kühe auf der Weide wieder sichtlich wohl.

Nach mehreren Tagen im Stall fühlen sich Kühe auf der Weide wieder sichtlich wohl.
Bildquelle: iStockphoto, wingmar

Füttert man Tiere jeden Tag zur gleichen Zeit, gewöhnen sie sich an diese Regelmäßigkeit.

Füttert man Tiere jeden Tag zur gleichen Zeit, gewöhnen sie sich an diese Regelmäßigkeit.
Bildquelle: iStockphoto, mdmilliman

Die Fürsorge von Hyänenmüttern für ihren Nachwuchs ist beeindruckend: Bis zu zwei Jungtiere werden 18 Monate lang gesäugt, eine Mahlzeit dauert oft eine halbe Stunde.

Die Fürsorge von Hyänenmüttern für ihren Nachwuchs ist beeindruckend: Bis zu zwei Jungtiere werden 18 Monate lang gesäugt, eine Mahlzeit dauert oft eine halbe Stunde.
Bildquelle: iStockphoto, bucky_za

Ein Schimpanse läuft verstört in der Gegend herum. Seine Gefährtin ist vor drei Tagen verendet. Trauert das Tier? Ein Hund empfängt seinen Zweibeiner schwanzwedelnd und munter kläffend. Ist der Vierbeiner glücklich darüber, nicht länger allein zu sein? Sieht das Rind in seinem Stall frustriert aus, ganz anders als auf der Weide? Inwieweit kann man Verhalten und Mimik von Tieren als Anzeichen für Gefühle interpretieren? Sind diese wissenschaftlich beweisbar? Oder neigen Menschen nicht doch dazu, Tiere – und vor allem Haustiere – zu vermenschlichen, in dem sie ihnen die eigenen Gefühle zuschreiben? Veterinärmediziner der Freien Universität Berlin haben sich mit dem komplexen Thema auseinandergesetzt.

„Eine Emotion ist ein psycho-physiologischer Prozess“, sagt Barbara Schöning, „wir haben also eine psychische Komponente, die für niemanden zugänglich ist – außer für denjenigen, der diese Emotion hat.“ Schöning, die an der Freien Universität Berlin studierte und promovierte, praktiziert derzeit als Fachtierärztin für Verhaltenskunde und Tierschutz in Hamburg. „Wir haben entsprechende Reaktionen in bestimmten Bereichen des Gehirns, die deutlich machen, dass dort Emotionen ausgelöst werden.“ Als Visiting Fellow am Department of Clinical Veterinary der Science University of Bristol ist Schöning auch in die aktuelle Forschung involviert. Eine Emotion entstehe als Folge von Sinneswahrnehmungen, wenn äußere Signale verarbeitet und im Gehirn interpretiert werden. Danach könne man zum Beispiel häufig eine physiologische Reaktion feststellen, etwa das Starten der Stressreaktion im Organismus. „Dass Tiere Emotionen haben, ist mittlerweile anerkanntes Wissen“, sagt Schöning.

Entstehung und Verarbeitung von Emotionen

Der Grund: Sowohl bei Tieren als auch bei Menschen sind es Teile des limbischen Systems, einer Funktionseinheit des Gehirns, die mit der Entstehung und Verarbeitung von Emotionen in Verbindung gebracht wird. Im Laufe der stammesgeschichtlichen Entwicklung bekam das Gehirn immer weitere Schichten, die morphologisch-anatomisch gegeneinander abgegrenzt sind: Bei niederen Tieren findet man lediglich ein zu einer Art „Gehirn“ geformtes verlängertes Rückenmark.

Bei den niedrigsten Wirbeltieren hat dieses sich zum Stammhirn entwickelt. Diese Strukturen besitzen auch höhere Tiere. Schon in diesen stammesgeschichtlich sehr alten Hirnregionen findet man neben Teilen, die für die grundsätzlich lebenserhaltenden Funktionen zuständig sind, auch simple Verbindungen, um Gefährliches zu meiden oder Wichtiges zu erkennen, zum Beispiel Futter. Die Schichten, die auf diesen Stammhirn-Bereichen aufsetzen, können das Verhalten sehr fein steuern. Dort wird eine Vielzahl von Hormonen produziert und Sinneseindrücke an andere Hirnregionen weitergeleitet, in denen sie verarbeitet werden. Im Gehirn sitzen rund um Thalamus, Hypothalamus und Hypophyse besonders viele Neuronen, die sich zu Kernbereichen zusammengeballt haben. Wegen der bandförmigen Struktur wurde dieser Bereich als limbischer Lappen und limbisches System bezeichnet. „Darauf aufgesetzt befindet sich der Neocortex, ein Teil der Großhirnrinde, von dem man früher annahm, er würde unser Menschsein ausmachen“, sagt Schöning, „letztendlich ist er lediglich so etwas wie eine riesige Festplatte.“ Insbesondere in der Amygdala (im Mandelkern) des limbischen Systems werden emotionale Zustände kreiert. „Beim Menschen konnte man zum Beispiel zeigen, dass dieser Hirnbereich besonders aktiv war, wenn man Versuchspersonen Bilder zeigte, die starke Emotionen auslösen.“ Die Probanden konnte man im Anschluss an solche Versuchsreihen zu ihren Empfindungen befragen. Bei Tieren ist eine solche verbale Bestätigung nicht möglich. Um dem abzuhelfen, begann man in den 1960er Jahren, an Tieren Versuche mit Hirnreizungen zu unternehmen.

Elektroden im limbischen System

Dafür wurden feine Elektroden im limbischen System der Versuchstiere implantiert. Nach einer Reizung zum Beispiel der Amygdala konnte man die Reaktion der Tiere beobachten, über Analogie zum Menschen Schlüsse ziehen und so die Existenz bestimmter Emotionen nachweisen. Heute arbeiten die Forscher auch mit der Positronen-Emissions-Tomografie (PET), um nichtinvasiv physiologische Vorgänge im Gehirn sichtbar zu machen. Mittlerweile geht man davon aus, dass Tiere zwischen Emotionen wie „Angst“ und entsprechenden Gegenspielern wie „Freude“ oder „Wohlgefühl“ unterscheiden können. Bei Gefühlsäußerungen wie Liebe oder Trauer scheiden sich die Geister: Einige Forscher vertreten die Meinung, dies seien zutiefst menschliche Empfindungen, die keine Entsprechung im Tierreich hätten. Andere vermuten, dass diese Emotionen auch bei Tieren vorkämen, jedoch nicht eindeutig zu beweisen seien. „In der jüngeren Vergangenheit befassen sich Forscher mit der Bewusstwerdung von Gefühlen. Sie versuchen herauszufinden, inwieweit Wut oder Trauer auch bei Tieren vorkommt“, sagt Schöning. Eine Möglichkeit, dies herauszufinden, seien Versuche, bei denen Tiere zwischen zwei unterschiedlich komfortablen Lebensräumen wählen können. Dadurch könne man prüfen, ob sich so etwas wie Optimismus oder Pessimismus auch bei Tieren findet.

Auch die Frage, von welcher Entwicklungsstufe an Tiere fühlen können, wird kontrovers diskutiert. Früher waren viele Forscher der Ansicht, dass alle Tiere mit Strukturen eines limbischen Systems Emotionen haben – also auch Reptilien. Allerdings zeigen auch Tiere ohne diese Strukturen ein Lernverhalten und verfügen über entsprechende morphologische Substrate wie Neurotransmitter, sodass man von einem internen Belohnungssystem sprechen kann. Sie weichen etwa schädigenden Signalen aus und suchen aus ihrer Sicht positive Situationen auf. „Letztendlich denke ich, dass alle Wirbeltiere auf verschiedene Arten und Weisen zu Emotionen und zu reflektiertem Schmerzempfinden fähig sind“, fasst Schöning zusammen. Um die Beobachtungen von Verhaltensweisen bei Tieren besser beurteilen zu können, ist es wichtig, möglichst viele Einzelbeobachtungen zu sammeln und das System zu standardisieren, in dem die einzelnen Beobachtungen stattfinden. Über statistische Auswertungen dieser Standards kann man dann Aussagen treffen, die mit großer Wahrscheinlichkeit zutreffen. „Im Moment ist es zum Beispiel wieder sehr interessant, das Verhalten von Hunden zu erforschen“, sagt Schöning.

Der Border Collie aus „Wetten, dass“

Und sie erinnert an den auch durch die Fernsehsendung „Wetten dass“ bekannt gewordenen Border Collie Rico, der 200 Begriffe auseinanderhalten und neue Begriffe nach dem Ausschlussprinzip lernen konnte. Die Untersuchungsergebnisse hatten Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig als Nachweis für kognitive Vorgänge im Hundegehirn gewertet. Kritiker beurteilten Ricos Fähigkeiten eher als assoziatives Lernen – inwieweit man tatsächlich von bewussten Fähigkeiten sprechen kann, müssten weitere Versuche dieser Art zeigen, bei denen die Hunde unter jeweils vergleichbaren Bedingungen aufwachsen und trainiert werden. „Da würde ich mir zum Beispiel wünschen, dass es helmartige, transportable Positronen-Emissions-Tomografen gäbe. Nachdem die Hunde an diese Geräte langsam gewöhnt wären, könnte man schauen, welche Gehirnregionen etwa beim Lernen aktiv sind“, sagt die Verhaltensforscherin. Wichtig ist ihr, sich deutlich gegen „falsche Tierliebe“ abzugrenzen. „Es gibt Menschen, die behandeln ihr Tier wie einen Menschen. Das kann im Einzelfall dazu führen, dass Tiere nicht mehr artgerecht gehalten werden.“ Wenn der Mensch davon ausgeht, dass sein Hund Liebe, Wut oder Eifersucht empfindet wie ein Mensch, kann er ihm auch Schaden zufügen. Indem er das Rudeltier Hund zum Beispiel von Artgenossen fernhält, weil er der Ansicht ist, dass sein Hund ihn nicht genügend „liebt“. Tiere haben Emotionen und Bedürfnisse – wer sein Haustier verstehen will, so Barbara Schöning, sollte sich mit dessen Lebensgewohnheiten auseinandersetzen und dem Tier auch zugestehen, sich zurückzuziehen oder knurrend seinen Knochen zu verteidigen.

Angst als Überlebenshelfer

Auch Gerd Schlenker, Professor und Geschäftsführender Direktor am Institut für Tier- und Umwelthygiene des Fachbereichs Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin, ist überzeugt, dass Tiere Emotionen haben. „Diese Frage wird schon im Tierschutzgesetz berücksichtigt, in dem Begriffe wie Leiden, Wohlbefinden und Schmerzen vorkommen“, argumentiert er. So sind Angst und Schmerz überlebenswichtige Gefühle, die dafür sorgen, sich vom Auslöser zurückzuziehen, dagegen lösen positive Gefühle Annäherung aus. Tiere zeigen durch ihr Verhalten, wenn sie sich nicht wohl fühlen. Schweine etwa leiden als soziale Tiere, wenn sie sich nicht in einer Gruppe bewegen können. Werden sie allein in engen Ställen gehalten, versuchen sie zunächst auszubrechen. Gelingt das nicht, nehmen die Tiere eine Haltung ein, die als „Trauern“ bezeichnet wird: Sie sitzen apathisch in ihrer Box, mit hängendem Kopf und halb geschlossenen Augen – sie geben irgendwann auf und zeigen eine Form von Hilflosigkeit, die man in der Humanmedizin als Depression bezeichnen würde. Auch einzeln gehaltene Pferde zeigen oft stereotype Bewegungsmuster einer Verhaltensstörung, bei der Endorphine im Gehirn ausgeschüttet werden, die dazu führen, dass sie die Situation nicht mehr als unangenehm empfinden. „Tiere, die in einer Art Partnerschaft leben, leiden tagelang darunter, wenn der Partner stirbt“, sagt Schlenker.

Wegen der Übereinstimmung des Nervensystems geht der Veterinärmediziner davon aus, dass alle Wirbeltiere eine dem Menschen ähnliche Gefühlswelt haben, die sich auch in Verhaltensreaktionen äußert. So sollen Hunde und Katzen die Stimmungslage des Menschen empfinden können und die Fähigkeit zur Empathie besitzen. „Vielleicht sind bestimmte Emotionen bei Tieren sogar ausgeprägter als beim Menschen“, gibt Professor Schlenker zu bedenken. Während der Stammesgeschichte seien Gefühle vermutlich von größerer Bedeutung gewesen als höhere Nervenleistungen. Sie versetzten Tiere in die Lage, einen auslösenden Reiz schneller danach zu beurteilen, ob er lebensbedrohend oder angenehm ist. Gefühle entstehen im stammesgeschichtlich ältesten Teil des Gehirns. Experimente, in denen sich Tiere mit positiven Gefühlen belohnen, indem sie bestimmte Hirnareale über Elektroden selbst reizen, sind bekannt. Am Institut für Tier- und Umwelthygiene beschäftigt sich Schlenker auch mit Problemen der Nutztierhaltung: „In der modernen Massentierhaltung muss die Gefühlswelt der Tiere in die Schaffung einer tiergerechten Haltung einbezogen werden.“

Gefühle in der Massentierhaltung

Wohlbefinden könne man beispielsweise bei Kühen beobachten, die nach Tagen im Stall auf die Weide geführt werden: Sie vollführen regelrechte Freudensprünge. „Auf einem Schlachthof kann man dagegen beobachten, wie Tiere fürchterliche Ängste ausstehen“, sagt Schlenker. In der Nutztierhaltung müsse zwar vermieden werden, dass Tiere chronisch leiden und chronische Schmerzen ertragen, ein dauerhaftes Wohlbefinden der Nutztiere hält Schlenker dagegen für unrealistisch – der wirtschaftliche Aspekte könne nicht ignoriert werden, es sei denn, der Fleischkonsum werde halbiert.

Ein Hormon macht Männchen fürsorglich

Physiologische Vorgänge bei Haus- und Nutztieren sind mittlerweile mehr oder weniger invasiv analysiert. Einen anderen, eher evolutionsbiologischen Ansatz verfolgen Forscher, die sich mit dem Verhalten von Wildtieren beschäftigen. Wie Heribert Hofer, Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung und Professor für Interdisziplinäre Zoo- und Wildtierkunde der Freien Universität: „Wenn ich mir die Frage stelle, welche zuverlässigen Indikatoren ich nutzen kann, um Hinweise auf Emotionen zu bekommen, dann weiß ich, dass das schon beim Menschen schwierig ist.“ Es sei anzunehmen, dass Tiere Emotionen haben – schließlich hätten sich die Menschen aus ihnen entwickelt. „Wir können zwar Aktivität im limbischen System nachweisen, ob das aber bedeutet, dass tatsächliche Freude empfunden wird, ist damit noch nicht bewiesen“, sagt Hofer. Die Tatsache, dass es bei solchen Versuchen eine gewisse Kontinuität zwischen den verschiedenen Arten gebe, könne aber zumindest einen Hinweis liefern. Emotionen bei Tieren könnten auch ein genetisch verankertes Merkmal sein, das während der Evolution einen Überlebensvorteil bot, etwa wenn das Erinnerungsvermögen mit Emotionen verbunden ist. „Dinge, die uns fürchten lassen, sind Dinge, an die wir uns gut erinnern können“, erklärt Hofer, „ein Tier, das gelernt hat, bestimmte bedrohliche Zustände mit Angst zu assoziieren und rechtzeitig flüchtet, hat einen Selektionsvorteil gegenüber anderen.“ Ein Indiz, dass bei Wildtieren mit physiologischen auch psychische Veränderungen einhergehen, zeigen Versuche an Nagetieren mit dem Hormon Prolaktin, ein Hormon, das bei Säugetieren im Verlauf der Stillzeit zur Milchproduktion führt. „Man hat festgestellt, dass die Abgabe von Prolaktin die Fürsorglichkeit männlicher Tiere bei der Aufzucht von Nachkommen extrem erhöht.“

Interessant ist auch, wie Tiere auf Überraschungen reagieren. Sie haben, so Hofer, durch regelmäßige Wiederkehr bestimmte Erwartungen an ihre Umwelt. „Wenn die Tierpfleger im Zoo jeden Tag um 11 Uhr füttern, warten die Tiere zu dieser Zeit.“ Was passiert aber, wenn diese Regelmäßigkeit unterbrochen wird, das Futter also nicht pünktlich angeboten wird? „Dann sind die Tiere enttäuscht“, sagt der Wissenschaftler. Eine der wichtigsten Emotionen – auch Antriebsfeder bei menschlichem Verhalten – sind Enttäuschungen. Weil diese vermieden werden sollen, sind sie ein Element der Organisation von Verhaltensweisen. Daran, sagt Hofer, knüpft auch die These an, dass Hierarchie ein wichtiges Element sozialer Gesellschaften sei: Durch Dominanz wird in sozialen Beziehungen, in denen Aggressionen eine Rolle spielen, Kämpfe und somit herbe Enttäuschungen bei verlorenen Kämpfen weitgehend vermieden.

Für den Unterlegenen seien die Schwierigkeiten überschaubar, wenn er in einem ritualisierten Akt offensiv anzeigt, dass er seinen Status des Unterlegenen dem anderen gegenüber anerkennt. So kann die Situation kontrolliert und die Enttäuschung vermieden werden. Es gibt in diesem Zusammenhang bei verschiedenen Wirbeltieren Trainingseffekte, die bis heute nicht erklärt, aber eindeutig messbar sind.

Loser- und Winnereffekte

„Man spricht von Loser- und Winner-Effekten, die mittelbar mit Emotionen verbunden sind“, erläutert Hofer. Man könne einem Tier mit einer Folge von fünf leichten Gewinnen ein bestimmtes Selbstbewusstsein geben. Dieses Tier wird eine neue Herausforderung besser meistern als ein anderes, das man zuvor durch zu schwere Aufgaben demotiviert hat. Seit rund 20 Jahren beschäftigt sich Hofer auch mit Tüpfelhyänen in der Serengeti. „Bei den Tüpfelhyänen, die in größeren Gruppen von 25 Weibchen zusammenleben, gibt es normalerweise eine stabile Dominanzhierarchie“, berichtet er.

Es kommt allerdings zu Auseinandersetzungen, wenn rangniedrigere Linien die höheren aktiv aushebeln wollen. Dann kann bei den Tieren eine extreme Anspannung beobachtet werden. Bei den Hyänen ist der Fortpflanzungserfolg klar an die Dominanzstufe gebunden. Hochrangige Weibchen haben ein Vorrecht beim Fressen, Jungtiere dieser Mütter wachsen schneller und haben damit auch eine bessere Überlebenschance. „Wir wissen durch unsere Messungen im Freiland, dass die beteiligten Weibchen in dieser Phase unter einem unglaublichen Stress stehen“, sagt Hofer. Messbar ist dieser Stress über die Konzentration der Kortisolmetaboliten in den Exkrementen der Tiere. Die Erregung der Tiere kann man auch ihrem Mienenspiel ansehen, das dem der Hunde ähnelt. Faszinierend ist auch die Fürsorge von Hyänenmüttern für ihre ein bis zwei Jungen. Sie werden 18 Monate lang gesäugt, wobei eine Mahlzeit oft eine halbe Stunde dauert. Selbst wenn die Mutter 40 Kilometer weit gelaufen ist und offene Wunden am schweren Gesäuge hat, lässt sie sich vom „weaning tantrum“, dem Geräuschkonzert, das ihre Jungen während der Entwöhnung veranstalten, immer wieder weichklopfen und säugt den Nachwuchs trotz Schmerzen. Die Frage, ob Tiere Emotionen haben, bejaht auch Hofer. „Aber nachzuweisen, dass sie wirklich in einer solch komplexen Form vorkommen, wie sie beim Menschen existieren – das konnte man bislang nicht zeigen.“ Einfache Vorstufen von Emotionen, wie wir sie bei Menschen kennen, haben sie aber mit Sicherheit.