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Mobilität in Stichpunkten

Kurz-fundiert

08.12.2010

Fit und mobil bis ins hohe Alter – Sportarten wie Nordic Walking eignen sich dafür ganz besonders.

Fit und mobil bis ins hohe Alter – Sportarten wie Nordic Walking eignen sich dafür ganz besonders.
Bildquelle: iStockphoto/blyjak deutsch.istockphoto.com/stock-photo-13750223-nordic-walking-race-motion-blur.php?st=33e07ac

Tempo, Tempo! Bewegung gehört zur menschlichen Natur, schreibt der Mathematiker und Physiker Blaise Pacal, „die vollkommene Ruhe ist der Tod“. Weniger dramatisch sieht es der Sänger Tom Waits: „Man muss in Bewegung bleiben. Immerhin hat noch kein Hund ein fahrendes Auto angepinkelt.“ Doch welche Bewegung ist gemeint? Die Beiträge in diesem Heft bewegen sich von Völkerwanderungen bis zum Römischen Reich. Auf den letzten Seiten bleiben wir mobil und suchen weiter nach Mobilitäts-Notizen, die nicht fehlen sollten.

Woher stammt das Wort Mobilität? Biegsam und beweglich, das ist die Bedeutung des lateinischen Wortes mobilis – die Herkunft des Adjektivs mobil. Meyers Konversationslexikon von 1885 liefert die Synonyme „beweglich, rüstig, kriegsbereit“. Letzteres zeigt sich auch in den Wörtern Mobilmachung und Mobilisierung. Den beweglichen Hausrat nennen wir noch heute Mobiliar oder ganz einfach: Möbel. Bewegliche Güter heißen Mobilien, ein Wort, das nicht mehr ganz so gebräuchlich ist wie das Gegenteil Immobilien für unbewegliche Güter, etwa Grundstücke und Häuser. Das Substantiv Mobilität beschreibt mittlerweile ein ganzes Bündel unterschiedlichster Beweglichkeiten – etwa in der Medizin die Fähigkeit, den eigenen Körper zu bewegen. Oder in den Sozialwissenschaften die Möglichkeit, gesellschaftlich auf- und abzusteigen.

Für Raketenfritz galt kein Tempolimit

Höher, schneller, weiter – mit wem begann der Geschwindigkeitsrausch? „Raketenfritz“ nannten sie den Mann, der Stillstand hasste und alles liebte, was sich bewegt: Fritz von Opel strampelte sich schon als Jugendlicher bei Fahrradrennen ab, fuhr in jungen Jahren Motorrad, raste mit dem Auto über Splitterpisten. Mit seinem Motorboot überschlug er sich einmal auf dem Templiner See, bewusstlos zog man ihn an Land. Geschwindigkeit, Beschleunigung, das faszinierte ihn – und ebenso das ganze Land. 1923 führte Opel als erster deutscher Autohersteller das Fließband ein, das Arbeitsleben beschleunigte sich, riesige Rohrpostnetze wurden verlegt, Briefe rasten von einer Firma zur anderen. Hauptsache, es ging schnell. Und „Raketenfritz”, der schon als 22-Jähriger den „Großen Avus-Preis“ gewonnen und mit 131 Kilometern pro Stunde den Rekord in seiner Fahrzeugklasse aufgestellt hatte, wollte weiter voranpreschen, beruflich und privat. Er träumte von Flugzeugen, die sich mit 400 Kilometern pro Stunde fortbewegen, und von Raumschiffen. Zusammen mit Kollegen konstruierte er den „RAK 2“, einen Raketenwagen, den er am 23. Mai 1928, wenige Wochen nach ersten geheimen Probefahrten, auf der „Avus“ 3.000 geladenen Gästen präsentierte: ein schwarz glänzendes Gefährt mit Stummelflügeln und hinten herausragenden Stahlhülsen, gefüllt mit Pulver, insgesamt mehr als 100 Kilogramm Sprengstoff. Die Ladungen ließen sich einzeln per Pedal zünden. Als Opel in den Wagen klettert und das Pedal durchtritt, beschleunigt er bis auf damals unvorstellbare 238 Kilometer pro Stunde, rast 24 Kilometer weit. „Die Beschleunigung ist ein Rausch“, sagte er später. „Ich überlege nicht mehr. Die Wirklichkeit verschwindet.“ Mit der Raketenfahrt macht sich Opel zum Pionier der Geschwindigkeit.

Wie mobil ist der Berliner – und womit?

Mehr, es wird immer mehr. Zwar wohnen in Berlin weniger Menschen als vor 20 Jahren, auch ist die Zahl der Arbeitsplätze zurückgegangen. Doch eines nimmt zu: der Verkehr. Dem Senat zufolge gehört zu jedem zweiten Haushalt noch immer ein eigenes Auto, 40 Prozent aller Wege legen die Berliner mit dem Wagen zurück – und das obwohl sie nur relativ langsam vorankommen: Wer Auto fährt, schleicht mit durchschnittlich 24 Kilometern pro Stunde durch die Stadt. Was allerdings immer noch schneller ist als ein Londoner Autofahrer, der im Schnitt nur 19 Kilometer pro Stunde schafft. Laut Prognosen könnte der Autoverkehr Berlin binnen fünf Jahren sogar noch zunehmen, Mobilitätsforscher rechnen mit fast 20 Prozent. Rund ein Drittel ihrer Wege legen die Berliner schon jetzt zu Fuß oder mit dem Rad zurück, 27 Prozent mit Bussen und Bahnen. Der „Stadtentwicklungsplan Verkehr“ des Senats strebt eine „nachhaltige Befriedigung der Mobilitätsbedürfnisse“ an, wie es wolkig heißt. „Verkehrsexperten halten das Papier jedoch nur für den Versuch, es allen recht zu machen: hier ein paar neue Straßen, dort ein paar Radwege, dazu mehr Schienen und Schilder“, schreibt das Wissensmagazin der „Zeit“. Tritt in die Pedale: Wie lassen sich Stadtbewohner vom Radfahren überzeugen? Mit ganz unterschiedlichen Konzepten und Projekten versuchen Verkehrsplaner in den Großstädten der Welt, aus Autofahrern Radfahrer zu machen. Kopenhagen hat beispielsweise auf einer stark befahrenen Strecke eine grüne Welle für Radfahrer geschaltet. Was dazu führte, dass sie jetzt schneller vorankommen: Die Geschwindigkeit der Radler stieg im Schnitt um mehr als 30 Prozent auf 20 Kilometer pro Stunde. Chicago wiederum stellt Radfahrern beheizte Parkhäuser zur Verfügung: Hier gibt es Duschen für verschwitzte Biker und Werkstätten für lahme Drahtesel. In Tokio beherbergt ein vollautomatisiertes Parkhaus an der meistgenutzten U-Bahn-Station bis zu 9.400 Räder. Und in immer mehr Städten setzen sich Miet- und Leihangebote durch. In Paris etwa verleiht eine Firma 20.000 Räder für gerade mal einen Euro pro Tag und Rad beziehungsweise 29 Euro pro Jahr. Die erste halbe Stunde ist kostenlos, dafür klebt auf Rädern und Leihstationen Werbung. Das Angebot kommt ziemlich gut an: Mittlerweile hat ein Zehntel der Pariser ein Abo.

Deutschland altert – wie bleiben wir mobil?

Die Zahlen sind eindeutig: Laut Statistischem Bundesamt wird im Jahr 2060 jeder dritte Deutsche mindestens 65 Lebensjahre durchlebt haben, jeder Siebte wird sogar 80 Jahre und älter sein. An der Freien Universität arbeiten Wissenschaftler und Studenten ganz unterschiedlicher Disziplinen daran, die Gesellschaft aufs Altern vorzubereiten – und daran, dass auch ältere Menschen mobil bleiben. Zu den bedeutendsten Projekten, die auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden, gehört zum einen die „Förderung lebenslanger Autonomie und Ressourcen in Europa“, zum anderen „Personale Ressourcen von älteren Menschen mit Mehrfacherkrankungen: Stärkung effektiven Gesundheitsverhaltens“. Die Abkürzungen sind etwas eingängiger, FLARE und PREFER. Für beide Studien kooperiert die Freie Universität mit dem Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA). Der Leiter von FLARE, Jochen Philipp Ziegelmann, sagt: „Ich möchte ältere Menschen unterstützen, ihre gesundheitlichen Absichten zu verwirklichen und dauerhaft motiviert zu bleiben.“ Deswegen hat er zusammen mit Paul Gellert vom Graduiertenkolleg „Multimorbidität im Alter“ ein Trainingsprogramm für ältere Menschen entwickelt, die ihr körperliches Aktivitätsniveau im Alter behalten oder sogar ausbauen möchten. Hunderte älterer Menschen haben daran teilgenommen, haben Fragebögen und Trainingshefte ausgefüllt, die wissenschaftlich ausgewertet werden. Das Ziel: Daraus konkrete Tipps abzuleiten, wie man sich dauerhaft zum Spazierengehen, Wandern oder zum Kraftsport motiviert. Demnach hilft es, eventuell auftretende Probleme bereits im Vorfeld zu durchdenken. Ein Beispiel: Wer regelmäßig laufen geht und irgendwann Knieprobleme bekommt, könnte sich schon früh vornehmen, in dem Fall auf Schwimmen umzuschwenken oder auf Nordic Walking – alles nur, um mobil zu bleiben.