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Medienhelden gegen Cyber-Mobbing

Programm für Schüler zeigt Wirkung

23.04.2012

„Cyber-Mobbing ist perfide“, sagt Herbert Scheithauer. Bei dieser Form von Mobbing beleidige man jemanden mithilfe mobiler Geräte. „Oft weiß das Opfer nicht einmal, wer der Täter ist“, sagt der Professor für Entwicklungspsychologie und Klinische Psychologie an der Freien Universität. „Studien haben ergeben, dass bereits jeder fünfte Schüler in Deutschland Opfer von Cyber-Mobbing war.“ Aus diesem Grund hat Scheithauer vor zwei Jahren das Programm „Medienhelden“ ins Leben gerufen. Es verfolgt zwei Ansätze: Zum einen werden Lehrer geschult, um mit ihren Schülern ein zehnwöchiges „Medienhelden-Curriculum“ durchlaufen zu können, das aus zehn 90-minütigen Unterrichtseinheiten besteht.

Zum anderen organisieren die Wissenschaftler Projekttage an Schulen, mit deren Hilfe Schüler der 7. bis 10. Klassen über den richtigen Umgang mit Cyber-Mobbing aufgeklärt werden. Zudem erscheint im Mai 2012 ein Buch, das Lehrern als Anleitung dienen soll. Auf diese Weise sollen möglichst viele deutsche Schulen von dem Anti-Mobbing-Programm profitieren. Bisher haben rund 900 Schüler aus 36 Berliner Klassen an einem der beiden Programmansätze mitgewirkt. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Empathie der Schüler mit Mobbing-Opfern durch das Training stark zugenommen hat.

„Wir müssten bereits im Kindergarten anfangen, Kinder im Umgang mit sozialen Medien zu schulen“, sagt Catarina Katzer. Die promovierte Psychologin macht darauf aufmerksam, dass viele Kinder schon in diesem Alter Kompetenzen in der Bedienung mobiler Geräte besäßen. „Viele wissen allerdings nicht, dass das, was einmal im Netz steht, dort auch bleibt“, sagt Katzer. Zu den Unterstützern des Programms „Medienhelden“ gehört neben dem Verein Weißer Ring, der sich für Opfer von Kriminalität einsetzt, auch die Website klicksafe.de, eine Initiative der Europäischen Union für mehr Sicherheit im Internet. Birgit Kimmel von klicksafe.de berichtet von Eltern, die häufig nicht wüssten, ob ihre Kinder Opfer von Cybermobbing seien oder Täter.

Die Forschung habe bisher ergeben, dass die Gefahr, Opfer von Cyber-Mobbing zu werden, mit der Intensität der Internetnutzung steige, sagt Herbert Scheithauer. Allerdings gebe es auch eine hohe Überschneidung von Opfern von Cyber- und konventionellem Mobbing. Catarina Katzer warnt davor, Cyber-Mobbing zu verharmlosen: „Es ist wie mit dem Stalking, das zuerst nicht ernst genommen wurde.“ Denn die Folgen von Cyber-Mobbing können verheerend sein. So warf sich im vergangenen Jahr ein 13-Jähriger in Österreich vor einen Zug, nachdem im Internet verbreitet worden war, er sei homosexuell.