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Keine Angst vor Chemie & Co.

23.04.2012

Eigentlich sind es Schüler, denen man Angst vor Physik, Chemie & Co. unterstellt. Doch auch Grundschullehrer können betroffen sein, sagt Professor Jörg Ramseger, Leiter der Arbeitsstelle Bildungsforschung Primarstufe. Nur 20 Prozent der Lehrkräfte an deutschen Grundschulen hätten ein naturwissenschaftliches Studium absolviert, doch 75 Prozent von ihnen müssen die Inhalte im Rahmen des Sachunterrichts vermitteln. „Sie fühlen sich in den Naturwissenschaften oftmals schlecht qualifiziert, vermeiden Themen aus Physik und Chemie, fürchten Fragen der Kinder und klammern sich an Vorlagen oder Arbeitsblätter“, berichtet Ramseger.

Die Erfahrung, dass es auch anders ablaufen kann, machte er mit einem Team von Wissenschaftlern der Internationalen Akademie für Innovative Pädagogik, Psychologie und Ökonomie an der Freien Universität, als sie die Initiative „prima(r)forscher“ der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und Deutsche Telekom Stiftung begleitend evaluierten.

Erklärtes Ziel des Projekts war es, den naturwissenschaftlichen Unterricht an Grundschulen zu verbessern. Die 35 beteiligten Schulen in Brandenburg, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen erhielten von den Stiftungen kaum Vorgaben, dafür Geld für Materialien sowie pro Bundesland eine Moderatorin zur Seite gestellt, die das Weiterbildungsprogramm an den einzelnen Standorten mit den Lehrern gemeinsam entwickelte. Zwischenberichte der Berliner Wissenschaftler ermöglichten es den Teilnehmern, ihr Handeln immer wieder anzupassen.

„Zunächst waren die Lehrer verwundert, dass ihnen thematisch und didaktisch niemand vorschrieb, was sie im Unterricht machen sollten“, sagt Ramseger. Doch nach und nach hätten sie ihre fachdidaktischen Kompetenzen ausgeweitet und gelernt, mit den Erfahrungen und Argumenten der Kinder zu arbeiten. Fazit nach vier Jahren: „Das Verhalten der Lehrer hat sich im Laufe des Projekts vollständig gewandelt. Sie haben ein messbar höheres professionelles Selbstwirksamkeitsempfinden entwickelt.“ Dies habe sich auch positiv auf andere Unterrichtsfächer ausgewirkt.

Die Erfahrungen aus „prima(r)forscher“ sollen nun weiteren Schulen zugutekommen. In allen drei Bundesländern geben beteiligte Schulen ihr neu erlangtes Wissen weiter, und Lehrkräfte bieten regional Fortbildungen an. „Das Projekt prima(r)forscher wird auch auf die drei Bundesländer als Ganzes wirken, weil die Lehrkräfte die bestehenden Rahmenlehrpläne als ungünstig bewertet haben“, sagt Jörg Ramseger. Die Anregungen aus dem Projekt sollen in der nächsten Lehrplanreform berücksichtigt werden.