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„Ich wollte gar nicht mehr weg“

Der Student Lukas Hofmann verbrachte acht Monate in Kairo.

13.12.2012

Die Rolle der ägyptischen Studentenvertretungen im Arabischen Frühling ist das Thema von Lukas Hofmanns Bachelorarbeit. Er recherchierte in Kairo.

Die Rolle der ägyptischen Studentenvertretungen im Arabischen Frühling ist das Thema von Lukas Hofmanns Bachelorarbeit. Er recherchierte in Kairo.
Bildquelle: Gisela Gross

Am Anfang ahnte er nicht, was kommen würde: Noch vor dem Ausbruch des Arabischen Frühlings im Dezember 2010 bewarb sich der Bachelorstudent Lukas Hofmann um einen Platz im Direktaustauschprogramm der Freien Universität Berlin mit der American University in Cairo (AUC). „Durch Arabischkurse an der Universität hat sich mein Interesse für den Nahen Osten entwickelt“ , erzählt der Student, der damals im dritten Semester studierte. „Eine Dozentin hatte mir das Programm empfohlen.“ Husni Mubarak war noch nicht gestürzt, als Hofmann sich in einem Auswahlgespräch beweisen musste. „Als Politikwissenschaftler kann einem nichts Besseres passieren“, antwortete er souverän auf die Frage der Auswahlkommission, warum er denn angesichts der aktuellen Situation ein Semester in Ägypten verbringen wolle.

Weniger leicht überzeugte er seine Eltern: Diese hätten natürlich Bedenken gehabt, erzählt Hofmann.

Nach acht Monaten ist er mittlerweile wohlbehalten zurückgekehrt nach Berlin und schreibt an der Freien Universität seine Bachelorarbeit. „Am Ende wollte ich gar nicht mehr weg", sagt der Student. Da Hofmann in Ägypten für seine Arbeit recherchierte – er widmet sich der Rolle der ägyptischen Studentenvertretungen seit dem Arabischen Frühling –, lernte er Florian Kohstall kennen, den Leiter des Verbindungsbüros der Freien Universität in Kairo. Als das Semester vorüber war, begann er bei ihm ein Praktikum. In dieser Zeit entwickelte Hofmann etwa eine Broschüre, die künftigen Austauschstudierenden die Orientierung an der AUC erleichtern soll. Als Vertreter der Freien Universität hatte er aber auch die Aufgabe, studieninteressierten Ägyptern weiterzuhelfen oder Veranstaltungen wie die „Cairo Talks on Transformation and Change“ zu organisieren, Podiumsdiskussionen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen, die das Verbindungsbüro regelmäßig veranstaltet. „Da wir nur zu zweit im Büro waren, konnte ich viel Verantwortung übernehmen“, sagt Hofmann, „und wir haben uns sehr häufig über unsere Erfahrungen im Alltag ausgetauscht.“ Denn der war aufregend: Lukas Hofmann wohnte zunächst mit einem Kommilitonen der Freien Universität in der Nähe des Innenministeriums, nicht weit vom Tahrir-Platz entfernt. Als im Winter wieder Proteste aufkamen, entschied er sich zum Umzug in das ruhigere Botschaftsviertel, in dem auch das Verbindungsbüro liegt. Doch auch dort war die Umbruchsituation spürbar, etwa als die Polizei unter anderem die Räume der Konrad-Adenauer-Stiftung durchsuchte. „In dieser Zeit gab es auch bei uns eine gewisse Unsicherheit“, erinnert er sich, „aber in der ägyptischen Bevölkerung hat man als Deutscher generell einen sehr großen Vertrauensvorsprung.“ Den Kontakt zu studentischen Aktivisten etwa suchte Hofmann auch wegen seiner Bachelorarbeit – alle seien froh gewesen, sagt er, als sich die Lage beruhigt habe und in den Cafés der Kairoer Altstadt wieder politische Unterhaltungen möglich waren. Durch Kontakte des Verbindungsbüros konnte im Februar dieses Jahres eine Gruppe ägyptischer Studentenvertreter die Freie Universität besuchen. Da Lukas Hofmann später „in einem internationalen Zusammenhang“ arbeiten will und ein Interesse an Transformationsprozessen entwickelt hat, rückt für ihn nach dem Nahen Osten und nach seinem Bachelorabschluss in Politikwissenschaft die nächste Region in den Blick: „Es gibt einen interdisziplinären Masterstudiengang am Lateinamerika-Institut, für den ich mich interessiere.“