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Die Ozeane werden wärmer

26.09.2013

Bodenverlust: Der Klimawandel lässt nicht nur den Lebensraum der Eisbären schmelzen. Zwar verlangsamt sich zurzeit der Temperaturanstieg in der Atmosphäre, dafür erwärmen sich die Ozeane, beschreibenWissenschaftler im neuenWeltklimareport.

Bodenverlust: Der Klimawandel lässt nicht nur den Lebensraum der Eisbären schmelzen. Zwar verlangsamt sich zurzeit der Temperaturanstieg in der Atmosphäre, dafür erwärmen sich die Ozeane, beschreibenWissenschaftler im neuenWeltklimareport.
Bildquelle: Sepp Friedhuber, iStockphoto

Das Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin ist federführend am neuen Bericht des Weltklimarates beteiligt.

Gestern hat der Weltklimarat (IPCC) den ersten Teil seines fünften Berichts zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels veröffentlicht – eine Bestandsaufnahme über den Treibhauseffekt und die Ursachen der Erderwärmung. Bianca Schröder sprach mit Ulrich Cubasch, Professor für Meteorologie und einer derAutoren des aktuellen IPCC-Berichts. Der Wissenschaftler der Freien Universität Berlin hat auch an den vier vorhergehenden Berichten mitgeschrieben, für die der UN-Klimarat 2007 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden ist.

An dem Bericht wirken Hunderte von Autoren mit.Wie ist Ihr Institut daran beteiligt?

ULRICH CUBASCH: Wir sind für das erste der 14 Kapitel verantwortlich, die Einleitung. Darin überprüfen wir, ob die Vorhersagen aus früheren Berichten tatsächlich eingetroffen sind. Die Arbeit des Weltklimarates war immer Kritik von zwei Seiten ausgesetzt: Zum einen der der „Klimaskeptiker“, die sagen, wenn es überhaupt eine Erderwärmung gibt, dann sei diese ein natürliches Phänomen; zum anderen der der „Alarmisten“, die sagen, der IPCC sei zu vorsichtig, er müsse die Entwicklungen eigentlich viel drastischer darstellen. Wir balancieren dazwischen.

Und wie sieht Ihre Bilanz aus?

CUBASCH: Wir stellen fest, dass die Entwicklung des Klimas zwar von den Vorhersagen abweicht, jedoch nur in einem Maße, das wir Klimaforscher als natürliche Schwankungen bezeichnen. In diesem Zusammenhang muss auch die Entwicklung der für die Forschung genutzten Technologie berücksichtigt werden: Mit den alten Modellen konnten Ereignisse wie Vulkanausbrüche noch nicht berücksichtigt werden, die für ein Absinken der Temperatur sorgen. Vulkane schleudern nämlich Schwefel in die Atmosphäre, und dieser bildet Aerosole, also Gase mit Schwebeteilchen, die die Sonnenstrahlen in die Atmosphäre zurückwerfen. Heute gibt es mehr Messungen, zum Beispiel durch Satelliten und automatische Messbojen, und auch bessere Methoden, um die Entwicklung des Klimas zu bestimmen.

Aufgrund einer Indiskretion kursiert eine frühere Version des Berichts schon seit Monaten im Internet. Ein Blogger hatte sich als „externer Gutachter“ angemeldet und Zugang zu dem Bericht erhalten. Zwar muss man seine Qualifikation als externer Gutachter mit Publikationen nachweisen, doch streng kontrolliert wird das nicht. Was sind Ihrer Ansicht nach die Konsequenzen aus dem Vorfall?

CUBASCH: Ich denke, solche Indiskretionen kann man kaum verhindern. Noch stärkere Geheimhaltungsmaßnahmen würden wohl auch den Ansporn vergrößern, trotzdem an die Dokumente zu gelangen. Damit will ich allerdings nicht dafür plädieren, schon die Rohversionen an die Öffentlichkeit zu geben. Denn darin kommt es häufiger zu Brüchen in den Formulierungen und Darstellungen – schließlich arbeiten rund 800 Forscher in verschiedenen Ländern an dem Bericht. Es ist schon wünschenswert, dass man in Ruhe arbeiten kann und erst die Endversion an die Öffentlichkeit gibt.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem neuen Bericht?

CUBASCH: Eine umwerfende neue Erkenntnis gibt es nicht, vielmehr werden die bisherigen Ergebnisse verfeinert. Interessant ist sicherlich, dass die Temperatur der Atmosphäre im Augenblick nicht so stark ansteigt wie am Ende des 20. Jahrhunderts. Gleichzeitig nehmen die Ozeane mehr Wärme auf als in den Jahren davor. Die Gründe für diese Entwicklung sind unzureichend erforscht. Wir wissen allerdings, dass die Sonnenstrahlung in den vergangenen Jahren abgenommen hat und dass Vulkanstaub einen Teil des Sonnenlichtes zurückhält. Für Flora und Fauna der Ozeane hat die Erwärmung des Wassers natürlich Konsequenzen. Damit setzt sich dieser Teil des Weltklimarat- Berichtes allerdings nicht auseinander. Das wird im zweiten Teil näher beleuchtet, der etwa in einem halben Jahr veröffentlicht wird.

Was halten Sie von Deutschlands Energiewende?

CUBASCH: Im Vergleich zu anderen Industrieländern wird in Deutschland schon viel getan, um den Ausstoß von Kohlendioxid einzudämmen und damit das Klima zu schützen. Von drastischen Maßnahmen wie einem gesetzlich vorgeschriebenen Gemüsetag in Kantinen halte ich nichts. Problematisch sind derzeit Länder wie China und Indien, die sich rasch entwickeln und denen die Erhöhung des Lebensstandards wichtiger ist als der Klimaschutz. Da ist es schwierig, ins Gespräch zu kommen, wie die Verhandlungen für ein Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls deutlich zeigen.