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„Den Berg gemeinsam besteigen“

Sie helfen über die ersten Hürden: Studienanfänger lernen an der Freien Universität von erfahrenen Kommilitonen

26.09.2013

Viel Neues erwartet Studienanfänger. An der Freien Universität wird der Einstieg durch ein breites Angebot erleichtert.

Viel Neues erwartet Studienanfänger. An der Freien Universität wird der Einstieg durch ein breites Angebot erleichtert.
Bildquelle: David Ausserhofer

Wenn sich Jenny Stumper an ihre ersten Tage an der Freien Universität erinnert, muss sie ein wenig schmunzeln: Ängstlich und unsicher sei sie gewesen, sagt sie heute, ein Jahr danach. „Damals konnte ich nicht einschätzen, ob dieses Gefühl zum Studium dazugehört oder ob es irgendwann vorbeigehen würde“, sagt die 21-Jährige.

Wie ihr geht es vielen, die mit dem Studium beginnen: Wie stelle ich meinen Stundenplan zusammen? Welche Kurse mache ich lieber später? Was ist, wenn ich bei einer Prüfung durchfalle? Das sind einige der Fragen, die die Erstsemester umtreiben.

Während die einen bei ihrem Start an der Universität noch nicht einmal volljährig sind, fangen immer mehr Menschen erst im höheren Alter an zu studieren. Wieder andere haben schon Kinder und eine Arbeit, beides muss zeitlich mit dem Lernen vereinbart werden.

Um Studienanfänger in ihrer jeweiligen Lebenssituation „abzuholen“, setzt ein Großteil der Fachbereiche der Freien Universität seit dem Wintersemester 2012/2013 auf ein Mentoring-Programm. Es sieht vor, dass sich Studierende vom dritten Semester an zu Mentorinnen und Mentoren ausbilden lassen können, um kleine Gruppen von Studienanfängern während der ersten beiden Semester an der Universität zu begleiten. Das Angebot ist Teil der Initiative „SUPPORT – Qualitätspakt für die Lehre“, die mit elf Millionen Euro vom Bund gefördert wird.

Im Jahr 2012 hat sich mehr als die Hälfte der Studienanfänger für das Programm angemeldet. Bekannt gemacht wurde es vor allem während der Orientierungswochen an den Fachbereichen der Universität – so auch bei Jenny Stumper, die nicht lange zögerte und in ihrer Gruppe auf andere relativ junge Studierende traf. Eingeteilt werden die Gruppen von den Mentoring-Referaten der Fachbereiche, die auch die künftigen Mentoren auswählen.

„Das wichtigste ist, Lust darauf zu haben“, sagt Vito Dabisch, der sich als Student der Erziehungswissenschaft zum Start des Programms 2012 zum Mentor ausbilden ließ. „Bei meiner Gruppe lag der Schwerpunkt darauf, Arbeit und Studium zu vereinbaren“, erzählt der Student, der selbst neben dem Studium jobbt.

Wer Mentor werden will, muss nicht nur seine Motivation begründen, sondern sollte auch erste Erfahrungen mit Gruppen nachweisen können und sich mit Studienstruktur und Prüfungsordnung des jeweiligen Fachs auskennen. Die angehenden Mentorinnen und Mentoren durchlaufen vorbereitend auf ihre Tätigkeit sechs inhaltlich aufeinander aufbauende eintägige Workshops, die von Trainerinnen und Trainern mit Erfahrungen in Mentoring-Programmen geleitet werden.

Die Kenntnis verschiedener Lerntypen, Rede- und Motivationstechniken stehen auf dem Stundenplan, aber auch das Moderieren und Anleiten von Gruppenarbeit. Konzeption und Koordination der Mentoring-Qualifizierung liegen im Rahmen des Projekts SUPPORT beim Career Service der Freien Universität. „Die Kurse bringen die Teilnehmer der verschiedenen Fachbereiche auf einen gemeinsamen Wissensstand“, erläutert Vito Dabisch.

Für seine acht Mentees hat er insgesamt sechs Sitzungen zu verschiedenen Themen angeboten, aber auch zwischendurch stehen die Mentoren „ihren“ Erstsemestern bei Fragen zur Seite. Inhaltlich gingen sie auf die Anliegen der Erstsemester ein, etwa auf das Üben von Präsentationen, erzählt der Student. Wie Befragungen unter den Mentees ergeben haben, wünschen sie sich vor allem Hilfe bei der Studienorganisation und der Orientierung an der Freien Universität.

Sorgenfrei an der Uni. Studentin Jenny Stumper hat ihr erstes Semester im Fach Erziehungswissenschaft gemeistert. Mentor Vito Dabisch hat sie dabei unterstützt.

Sorgenfrei an der Uni. Studentin Jenny Stumper hat ihr erstes Semester im Fach Erziehungswissenschaft gemeistert. Mentor Vito Dabisch hat sie dabei unterstützt.
Bildquelle: Gisela Gross

Von Treffen in lockerer, informeller Runde berichtet Jenny Stumper: „Oft haben Ereignisse aus unserem Uni-Alltag eine Rolle gespielt“, sagt sie. „Auch wenn ich anfangs niemanden aus der Gruppe kannte, sind wir schnell ins Gespräch gekommen.“ Es sei nicht nur darum gegangen, gemeinsam über Probleme wie ein zu großes Lesepensum in bestimmten Seminaren zu sprechen, sondern auch darum, konstruktive Lösungen zu finden: „Dozenten seine eigene Position zu vermitteln, erfordert eine gewisse Erfahrung“, sagt die Studentin.

Das bestätigt Vito Dabisch: „Mir war es wichtig weiterzugeben, dass man Kritik ruhig äußern sollte.“ In den Gruppen auch über das eigene Lernverhalten und über Blockaden zu sprechen, gehöre dazu: „Wir haben mit unserem Mentor zum Beispiel systematisch überlegt, warum man sich eigentlich so leicht durch bestimmte Dinge – etwa das Internet – vom Lernen abhalten lässt“, erzählt Jenny Stumper.

Zeit gut einzuteilen, sei ein großes Thema, wie die beiden Studierenden erzählen: Neben Studium, Arbeit, ehrenamtlichem Engagement und Privatleben sei es nicht selbstverständlich, dass jeder zusätzlich Zeit für das Mentoring findet. „Das Angebot ist natürlich freiwillig, aber es ist trotzdem schade, wenn Mentees nicht zu den Treffen kommen“, sagt Vito Dabisch, „geradeweil Zeitmanagement ein Thema im Mentoring ist.“

Jenny Stumper ist ihrer Gruppe trotz des vollen Terminkalenders treu geblieben:„ Am Ende waren wir ein eingeschworenes Team“, sagt sie. Wie auch Vito Dabisch zieht sie eine positive Bilanz: „Der Berg, den man anfangs vor sich sieht, lässt sich gemeinsam leichter besteigen.“ Probleme hätten sich manchmal schnell durch die Einschätzung des Mentors relativiert. Dessen Hilfe in Anspruch zu nehmen, falle vielen Studierenden leichter als Dozenten anzusprechen oder etwa eine der offiziellen Beratungseinrichtungen der Freien Universität aufzusuchen.

Ihre erste Aufregung hat sich längst gelegt. Für sie sei es daher keine Frage gewesen, sich selbst zur Mentorin ausbilden zu lassen, sagt Jenny Stumper. Da sie sich für das Thema Auslandsaufenthalte interessiert, würde sie besonders gern Erasmus-Studierenden den Einstieg in Dahlem erleichtern. Vito Dabisch hingegen geht im Wintersemester selbst als Austauschstudent nach Frankreich: Dass er auch dort unbürokratisch Hilfe bei den ersten Schritten bekommt, bleibt zu wünschen.

Weitere Informationen

Erstsemester können sich zu Beginn des Wintersemesters 2013/2014 für das Mentoring anmelden. Weitere Informationen zu jeweiligen Terminen erteilen die Mentoring-Referate der einzelnen Fachbereiche.

Im Internet:

www.fu-berlin.de/qualitaetspakt/mentoring