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Ein Herz für Bruchpiloten

19.02.2014

Oberärztin Kerstin Müller (li.) zeigt Berlins Justizsenator Thomas Heilmann und der Abgeordneten Cornelia Seibeld einen verletzten Habicht.

Oberärztin Kerstin Müller (li.) zeigt Berlins Justizsenator Thomas Heilmann und der Abgeordneten Cornelia Seibeld einen verletzten Habicht.
Bildquelle: Verena Blindow

Selbst Höckerschwäne wurden schon in der Kleintierklinik behandelt.

Selbst Höckerschwäne wurden schon in der Kleintierklinik behandelt.
Bildquelle: Verena Blindow

Tiermediziner in Berlin-Düppel versorgen verletzte Wildtiere. Der Berliner Senat unterstützt die Arbeit in den kommenden zwei Jahren mit jeweils 100 000 Euro.

Aus dem Nest gefallene Waldkäuze, junge Habichte, die bei ihren ersten Jagdversuchen verunglückt sind, oder verletzte Eichhörnchen und Igel – in der Kleintierklinik der Freien Universität Berlin werden pro Jahr etwa 1200 bis 1500 Wildtiere eingeliefert und medizinisch versorgt. Ende des Jahres 2013 erhielt die Kleintierklinik ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk: Der Berliner Senat hatte beschlossen, die Tiermediziner bei der Versorgung von Wildtieren in den kommenden zwei Jahren mit 100 000 Euro pro Jahr zu unterstützen. Die habilitierte Veterinärin und Oberärztin Kerstin Müller ist für die Versorgung der Wildtiere zuständig.

Tierische Patienten aus aller Welt werden behandelt

Frau Müller, welche Wildtiere betreuen Sie in der Kleintierklinik?

Vor allem Wildtiere, die unter Naturschutz stehen, die verletzt sind oder einer tiermedizinischen Betreuung bedürfen: Singvögel, Entenvögel, Greifvögel und Eulen, aber auch Eichhörnchen, Igel und Fledermäuse. Tiere, die gejagt werden dürfen, versorgen wir nur, wenn es uns möglich ist. Aber in der Regel kümmern wir uns um jedes Tier, das zu uns gebracht wird.

Welche Tiere gehören zu Ihren häufigsten Patienten?

Mauersegler waren 2012 die häufigste Vogelart in der Kleintierklinik, dicht gefolgt von Ringeltauben und Mäusebussarden. Die Zahlen zu den einzelnen Arten schwanken jedes Jahr stark, je nach Nahrungsangebot und Umweltbedingungen. Im vorletzten Sommer war die starke Hitze für Mauersegler ein großes Problem. Für die Jungtiere war es in den Nestern zu heiß, sodass viele den Nistplatz verlassen haben, obwohl sie noch nicht fliegen konnten. Unter den Säugetieren sind Igel und Eichhörnchen unsere häufigsten Patienten.

Welche Tiere behandeln Sie aktuell?

Während der kalten Tage im Januar wurden mehrere Höckerschwäne in die Klinik gebracht. Manche der Tiere waren sehr geschwächt, da durch die niedrigen Temperaturen die Nahrung und die offenen Wasserstellen knapp wurden. Nun haben sich die Tiere erholt und können wieder freigelassen werden. Ein anderer Patient ist ein Stockentenweibchen, das sich einen Unterarmknochen gebrochen hat. Das Tier muss vermutlich noch zwei bis drei Wochen bei uns ausharren, bis der Knochen so weit verheilt ist, dass eine Auswilderung möglich ist.

Das Berliner Abgeordnetenhaus unterstützt Ihre Arbeit in den nächsten zwei Jahren mit hunderttausend Euro jährlich. Wofür werden Sie das Geld verwenden?

Mit diesem Geld werden die Materialien und die Leistungen für die tiermedizinische Versorgung sowie die Unterbringung und Fütterung der verletzten Wildtiere sichergestellt. Die Versorgung eines Tieres kostet uns etwa hundert Euro – mit der Unterstützung durch den Senat ist also ein Großteil der Kosten gedeckt, worüber meine Kollegen und ich uns sehr freuen.

Gibt es einen Fall, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Das Berliner Seeadlerweibchen, das im Januar 2009 zu uns in die Klinik gebracht wurde. Es war das Weibchen des damals einzigen Seeadlerpaares in Berlin, und ein Förster hatte es geschwächt auf einem Waldweg gefunden. Das Tier hatte eine Bleivergiftung erlitten, weil es über die Nahrung bleihaltige Munitionsreste aufgenommen hatte. Leider ist der Vogel trotz intensiver Pflege gestorben – deswegen gab es 2009 auch keine erfolgreiche Berliner Seeadlerbrut.

Kommen auch Nicht-Berliner-Patienten in Ihre Klinik?

Die Intensität der tiermedizinischen Versorgung von Wildtieren in Berlin ist einzigartig in Deutschland, vielleicht sogar in Europa. Darum werden einige Arten auch aus anderen Bundesländern zu uns gebracht. Wir hatten auch schon einen Schreiadler aus Malta bei uns. Das kommt wiederum unseren Studierenden zugute, die in der Ausbildung einiges über Wildtiere erfahren. Wir sind außerdem in vielen Fällen Ansprechpartner für andere Wildtierstationen aus Deutschland.

Weitere Informationen

Im Internet: www.vetmed.fu-berlin.de