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Chinesischer Rap aus Berliner Schnauze

12.06.2014

Rappende Botschafter: Die zwei Berliner Arseny Knaifel (links) und JacquesWecke sind mit ihrem Liebeslied für Peking sehr populär in China.

Rappende Botschafter: Die zwei Berliner Arseny Knaifel (links) und JacquesWecke sind mit ihrem Liebeslied für Peking sehr populär in China.
Bildquelle: privat

Zwei Berliner Jungs feiern Erfolge als chinesische Boygroup: Arseny Knaifel startete mit Jacques Wecke vor vier Jahren in Peking das Musikprojekt „Feichang Fresh“

Eine Boyband ins Leben zu rufen, ist schon an sich ein ausgefallener Einfall. Wenn diese dann auch noch aus Deutschen besteht, die auf Chinesisch rappen, stellt sich erst recht die Frage, wie solch eine Idee zustande kommt. Experten, die hier eine Antwort liefern könnten, sind Jacques Wecke, Student im Master Business Development an der Leuphana-Universität Lüneburg und Arseny Knaifel, der als Sinologie-Student an der Freien Universität Berlin seine Liebe für China entwickelte. Denn als „Feichang Fresh“ feiern die Berliner im Reich der Mitte Erfolge. Mehr als vier Millionen Mal wurden ihre Videos seit 2010 auf dem chinesischen Youtube-Pendant youku angeklickt.

Dabei hat alles ganz klein angefangen: „Unser erstes Musikvideo war A Beijing Love Song, eine Hommage an Peking und die unvergessliche Zeit, die wir dort hatten“, erzählen die Bandmitglieder. Die damaligen Studenten wollten 2010 während eines Auslandsstudiums an der University of International Business and Economics in der chinesischen Hauptstadt mit Freunden ihre „Liebe zu Peking verewigen“, wie die beiden 26-Jährigen erzählen. Sie schrieben einen Text, griffen zu Kamera und Stativ und machten sich an den Videodreh. „Feichang Fresh war ein spontaner Einfall und kein geplantes Projekt. „Wir hatten einfach Spaß“, lautet der simple Gründungsmythos der Band. Klar, dass da auch der Ansturm auf ihren kurzen Film nicht unbedingt erwartet kam. „Wir haben das Video auf deutschen und chinesischen Videoplattformen hochgeladen, vor allem, um es unseren Freunden zu zeigen“, sagt Jacques, „24 Stunden später saßen wir bei Arseny im Wohnzimmer und haben fassungslos dabei zugesehen, wie unsere Klickzahlen in die Höhe schossen.“

Schnell standen beide sogar auf der Startseite der Internet-Plattform youku; bis heute wurde ihr Debüt mehr als 650 000 Mal angesehen. „Die Resonanz hat uns überglücklich gemacht – jetzt mussten wir einfach weitermachen“, sagen Arseny und Jacques. Und so wurde aus den Berliner Studenten quasi über Nacht eine erfolgreiche Boyband. Sechs weitere Songs mit dazugehörigen Musikvideos haben sie bis heute produziert.

Aber Feichang Fresh ist nicht nur im Internet ein Hit: Sogar im chinesischen Fernsehen hatten die Neu-Stars einen Auftritt, deutsche, chinesische und andere ausländische Medien interviewten die Musiker aus Berlin. Sei es für die Deutschen zu Beginn ihrer Musikkarriere noch die größte Herausforderung gewesen, „10 000 chinesische Schriftzeichen zu lernen und sie dann selbstständig zu einem Songtext zu machen“, haben sie sich heute in deutschen Klassenräumen als Lernhilfe etabliert: „Wir sind offizielles Lehrmaterial für den Chinesisch-Unterricht in Deutschland geworden.“ Nicht verwunderlich, schließlich sind die nach eigener Auskunft „echten Berliner Jungs“ ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche Verknüpfung von deutscher und chinesischer Kultur. 

Dies hat ihnen auch ihren neuesten Coup eingebracht: Zur Feier des 20-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Peking singt Feichang Fresh mit dem Lied „FFBB“, also „Feichang Fresh Berlin Beijing“, eine Lobeshymne auf beide Metropolen. „Die Städte sind auf den ersten Blick nicht sehr ähnlich“, sagen die Musiker, „Berlin ist etwa ein Dorf im Vergleich zu Peking. Aber das Gefühl, ständig etwas Einzigartiges erleben oder mitgestalten zu können, dieses Gefühl haben wir nirgendwo sonst so gespürt wie in Peking und Berlin.“

Genau darum geht es auch bei Feichang Fresh – was übrigens übersetzt so viel heißt wie „außerordentlich frisch“. Nicht das große Geld im Musikgeschäft zähle, sondern einen Kulturaustausch mitzugestalten: „Wir glauben, dass wir dazu beitragen können, dass sich sowohl Deutsche als auch Chinesen mehr zutrauen und auf die jeweils andere Seite zugehen“, ist das Credo der Band. Und so soll vor allem ihr neuester Song „FFBB“, der teils auf Chinesisch, teils auf Deutsch gerappt wird, dafür sorgen, dass Fernost weniger fern erscheint. „Vor zehn Jahren kannten wir Ente kross und Jackie Chan. China war noch sehr weit weg. Heute ist Feichang Fresh wahrscheinlich die ungewöhnlichste Geschichte, die wir zu erzählen haben“, sagt Freie Universität-Alumnus Arseny Knaifel. „Es ist eine Erfahrung, die uns durch ihre Einzigartigkeit enorm weitergebracht hat. Wir haben Freunde fürs Leben gewonnen und Seiten von China kennengelernt, die andere nur selten zu Gesicht bekommen.“

Gerne nehmen er und Jacques Wecke diese Erfahrungen mit zurück nach Deutschland und geben sie weiter. So traten sie während der diesjährigen Langen Nacht der Wissenschaften im Konfuzius-Institut an der Freien Universität auf, um ihre Liebe zu Peking und zur chinesischen Kultur mit ihrem Publikum zu teilen.

Auch die Freie Universität pflegt eine Zusammenarbeit mit der Hauptstadt des Reichs der Mitte: Das Verbindungsbüro der Universität in Peking bringt Studierende und Wissenschaftler beider Länder zusammen; mit der Peking University besteht bereits seit 1981 ein Partnerschaftsvertrag. Die Sänger von Feichang Fresh sind musikalische Botschafter dieser Verbindung zwischen Berlin und Peking, die beide Städte lieben und es sich zum Ziel gemacht haben, Menschen aus beiden Kulturen zu verbinden. Und so wird aus einem ausgefallenen Einfall eine einzigartige Initiative.