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Mit künstlicher Intelligenz auf Torejagd

12.06.2014

Können Roboter im Jahr 2050 Menschen im Fußball schlagen?

Können Roboter im Jahr 2050 Menschen im Fußball schlagen?
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Informatiker der Freien Universität trainieren Roboter im Fußball und haben einen Simulator für die Weltmeisterschaft entwickelt

Emmy schaut nach links und rechts, sie beugt ihren Kopf nach unten und oben. Dann tapst sie zielsicher auf den orangefarbenen Ball zu, schießt ihn ins Tor – und fällt hin. Mit dem Aufstehen tut sie sich schwer. "Leider hat sie sich vor Kurzem im Iran einen Arm gebrochen, deshalb kommt sie jetzt nicht mehr hoch", sagt Daniel Seifert, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Mathematik und Informatik der Freien Universität. In solch einem Fall hilft er dem kleinen Roboter ausnahmsweise auf die Beine. Ansonsten agiert Emmy, die nach der Mathematikerin Emmy Noether benannt ist, vollkommen autonom. Und ausgesprochen erfolgreich: Mit ihrem Team, den FUmanoids, hat sie gerade die RoboCup Iran Open gewonnen. Außerdem sind die Fußball-Roboter der Freien Universität zweifache Vize-Weltmeister und amtierende deutsche Meister.

Am diesjährigen RoboCup Worldcup in Brasilien kann das Team nicht teilnehmen. Zu teuer kämen für seine "Trainer" die Flug- und Hotelkosten. "Aber bei den Robotern gibt es jedes Jahr Fußball-Weltmeisterschaften, dann sind wir nächstes Mal wieder dabei", sagt Informatik-Professor Raúl Rojas. Er leitet die Arbeitsgruppe Künstliche Intelligenz, an der die Arbeit mit den Robotern angesiedelt ist. Sie sei keine reine Spielerei, betont er: "Dahinter steckt die Idee, Wissen für künftige Dienstleistungsroboter zu sammeln, die zum Beispiel im Haushalt oder in der Industrie helfen können. Viele Herausforderungen sind ähnlich, etwa ein Team zu koordinieren, Situationen mittels Kameras zu erkennen und Aktivitäten zu planen."

Es ist ein großes Problem, das Gleichgewicht zu halten

Die erste Weltmeisterschaft organisierten japanische Forscher im Jahr 1997, zwei Jahre später spielte erstmals ein Team von der Freien Universität mit. Die FU-Fighterswaren kleine Roboter auf Rädern, die keine Ähnlichkeit mit Menschen hatten. Sie wurden 2004 und 2005 Weltmeister.

2007 wurden sie abgelöst durch die 65 Zentimeter großen FUmanoids, die auf zwei Beinen laufen und die Forscher vor ganz neue Probleme stellten. "Das Gleichgewicht ist bei humanoiden Robotern ein großes Thema. Ein Roboter hat ja kein Körpergefühl und keine Sensoren in den metallischen Teilen. Deshalb muss der Prozessor ständig die Verteilung der Maße berechnen, wo die Arme und Beine sind, und ob der Schwerpunkt korrigiert werden muss", sagt Rojas. Eine weitere Herausforderung ist die Videokamera auf dem Kopf der humanoiden Roboter, mit deren Hilfe sie sich auf dem Spielfeld orientieren. Da sowohl die Roboter als auch der Ball sich bewegen, ist das keine leichte Aufgabe.

Ein Sicherheitsmechanismus verhindert Eigentore

So dauert es immer wieder eine Weile, bis Emmy den Ball und das gegnerische Tor gefunden hat. Aber sie macht keine Fehler, und darauf ist die Arbeitsgruppe stolz. "Noch im vergangenen Jahr hatten die beiden Tore unterschiedliche Farben, nun sind sie beide gelb. Für die Roboter ist es dadurch schwierig, das eigene und das gegnerische Tor zu unterschieden", sagt Daniel Seifert. Die FUmanoids haben dieses Jahr noch keine Eigentore geschossen, dank eingebauter Sicherheitsmechanismen. So ist der Stürmer so programmiert, dass er nicht in Richtung des eigenen Torwarts läuft. Und während in schwächeren Teams alle Spieler gleichzeitig dem Ball hinterherjagen, ist das Zusammenspiel der FUmanoids schon recht weit entwickelt.

Von dem Ziel, sich mit Menschen zu messen, sind Fußballroboter dennoch weit entfernt. Die Teilnehmer des ersten RoboCups im Jahr 1997 setzten sich zum Ziel, dass bis zum Jahr 2050 eine Robotermannschaft den amtierenden Weltmeister besiegen soll. "Das ist nicht realistisch, weil die Roboter bis dahin nicht intelligent und wendig genug sein werden", sagt Raúl Rojas. Der Informatik-Professor ist dennoch motiviert, die Arbeit mit den FUmanoids fortzusetzen. Seine Studierenden freut es.

Der Fußball beschäftigt Rojas und seine Mitarbeiter auch in anderer Hinsicht. So haben sie einen WM-Simulator entwickelt, den Fußball-Fans auf der Webseite www.worldcup-simulator.de nutzen können. Das Programm ermittelt die Wahrscheinlichkeiten, mit denen die Teams in die jeweils nächste Runde kommen. "Es gibt schon diverse Simulationen der Weltmeisterschaft, zum Beispiel von der FIFA und dem Fernsehsender ESPN. Aber unser Angebot ist insofern neu, als jeder Nutzer sein eigenes Ranking der Teams erstellen und damit seine eigene Simulation ausführen kann", erläutert Rojas. Er selbst hat das Turnier schon mit verschiedenen Rankings durchgespielt und einen klaren Favoriten ermittelt: das Gastgeberland Brasilien.