Springe direkt zu Inhalt

Pilotprojekt im Praxistest

Fortbildungsangebot für Lehrer, die ausbilden

Praxiserfahrung – in der Diskussion über die Vorbereitung von Studierenden auf den Lehrerberuf sei das fast schon ein Zauberwort, sagt Diemut Ophardt, Geschäftsführerin des Zentrums für Lehrerbildung (ZfL) der Freien Universität. Anfang des Jahres hat der Berliner Senat beschlossen, dass vom Wintersemester 2015/2016 an Master-Lehramtsstudierende ein Praxissemester belegen müssen. Um auf die neue Ausbildungsphase vorbereitet zu sein, haben Wissenschaftler des ZfL eine Mentorenqualifizierung für Lehrkräfte entwickelt: FUMQua steht für "Freie Universität – Mentorenqualifizierung" und ist der Name des Pilotprojektes, durch das Lehrerinnen und Lehrer auf die professionelle Betreuung von Studierenden vorbereitet werden sollen. 36 Lehrer haben von Februar bis April an einem ersten Durchgang teilgenommen.

Schulpraxis für angehende Lehrkräfte sei allerdings kein Selbstläufer, sagt Diemut Ophardt. Entscheidend für die Qualität der Ausbildungsphase seien die Rahmenbedingungen an den Schulen, vor allem die Betreuung der Studierenden, sagt die promovierte Erziehungswissenschaftlerin. "Wir wollen Brücken bauen zwischen der universitären Ausbildung, den Mentorinnen und Mentoren an den Schulen und den Studierenden." Für die Mentoren müsse transparent sein, welche fachlichen Anforderungen von Seiten der Universität an das Praktikum gestellt werden und wo die Studierenden hinsichtlich ihrer Lehrkompetenz fachdidaktisch stehen.

Zu der Qualifizierung gehöre auch, die Mentoren für die Probleme der angehenden Lehrer zu sensibilisieren. An sieben Terminen, jeweils drei bis sechs Stunden lang, arbeiten die Mentorinnen und Mentoren dazu mit Fachdidaktikern und Erziehungswissenschaftlern der Freien Universität zusammen.

"Mit dem Pilotprojekt wollten wir ein übertragbares Qualifizierungskonzept entwickeln und es auf seine Tauglichkeit testen. Von 2015 an soll eine gemeinsame Berliner Mentorenqualifizierung auf den Weg gebracht werden", sagt Ophardt. Sie und ihr Team vom Zentrum für Lehrerbildung hätten von denTeilnehmern des ersten Durchgangs eine "sehr positive Rückmeldung" bekommen. Insbesondere das "fachspezifische Unterrichts-Coaching", ein Ansatz der Schweizer Erziehungswissenschaftlerin und FUMQua-Dozentin Professorin Annelies Kreis, sei bei den Teilnehmern gut angekommen. Ein Element dieses Ansatzes ist die "ko-konstruktive Unterrichtsbesprechung" zwischen Mentor und Studierenden: "Dabei wird vor dem Unterricht eine Schulstunde gemeinsam mit Mentor und Student entwickelt. Bislang ist es häufig so, dass der Student in der Klasse etwas ausprobiert, und der Mentor im Anschluss daran ein Feedback gibt", sagt Ophardt. Studien belegen, dass Studierende von den Vorbesprechungen wesentlich mehr profitieren als von Nachbesprechungen. Besonders positiv hoben die teilnehmenden Lehrer hervor, dass der Ansatz mit "echten Praktikanten" der Freien Universität trainiert werden konnte – wovon auch die Studierenden begeistert waren.

Wegen des Lehrermangels in Berlin sei das Praxissemester für die Schulen besonders interessant, sagt Diemut Ophardt: "Sie erhoffen sich, gute Leute kennenzulernen und langfristig an die Schule binden zu können." Bislang gibt es neben einem vorgeschriebenen Praktikum im Bachelorstudium nur zwei vierwöchige Unterrichtspraktika während des Masterstudiums. Zu wenig Zeit, um alle Facettendes Schulalltags – vom Unterricht über Elternabende bis hin zu Klassenfahrten – kennenzulernen, sagt Ophardt. Mit dem Praxissemester, das an der Freien Universität im Wintersemester 2016/17 startet und im dritten Mastersemester absolviert wird, soll diese Leerstelle gefüllt werden.

Einige gesetzliche Rahmenbedingungen sind noch ungeklärt. Offen ist, ob die Mentorenqualifizierung für Lehrer verpflichtend oder freiwillig ist und ob Lehrer mit Mentorentätigkeit in ihrer Unterrichtspflicht entlastetwerden. Zumindest die Zukunft von FUMQua ist beschlossene Sache: Bis 2016 wird das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Projekt laufen. Ein neuer Durchgang startet im Herbst dieses Jahres.