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Fit für Europa?

In einem internationalen Forschungsverbund untersuchen Wissenschaftler, wie die Europäische Union mit ihrer Erweiterung und den Beitrittskandidaten umgeht

Der Verbund „Maximizing the integration capacity of the European Union: Lessons and prospects for enlargement and beyond (MAXCAP )“erforscht,  wie sich die vergangenen Erweiterungen auf die Integrationsfähigkeit der EU ausgewirkt.

Der Verbund „Maximizing the integration capacity of the European Union: Lessons and prospects for enlargement and beyond (MAXCAP )“erforscht, wie sich die vergangenen Erweiterungen auf die Integrationsfähigkeit der EU ausgewirkt.
Bildquelle: photocase/xenia_gromak http://www.photocase.de/foto/737129-stock-photo-mensch-sommer-sonne-gefuehle-spielen-feste-feiern

Unter Wissenschaftlern, Politikern und Ökonomen war sie umstritten: die Ost-Erweiterung der Europäischen Union vor zehn Jahren. Als „Big Bang“, als großer Knall, wurde der Wachstumsschub um zehn Mitgliedsstaaten bezeichnet, darunter Polen, Tschechien und das Baltikum.

Viele der Ängste von damals hätten sich als unbegründet herausgestellt, sagt Professorin Tanja Börzel, Leiterin der Arbeitsstelle Europäische Integration am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität: „Die mittel- und osteuropäischen Länder haben sich wider Erwarten bislang sehr gut in die Europäische Union integriert.“

Beleg dafür sei etwa die überdurchschnittlich gute Einhaltung europäischen Rechts in vielen Ländern. Auch die Sorge der „Armutszuwanderung“ aus den neuen Mitgliedsstaaten sei „empirisch nicht belegbar“, sagt die Professorin, die sich mit der Frage der EU-Beitritte auch als Leiterin des internationalen Forschungsverbunds MAXCAP befasst.

Das Kürzel des 2013 ins Leben gerufenen Verbunds steht für „Maximizing the integration capacity of the European Union: Lessons and prospects for enlargement and beyond“(Maximierung der Integrationsleistung der Europäischen Union: Lehren aus der Erweiterung für künftige Beitritte und darüber hinaus).

Schwerpunkt der Forschungsarbeit ist die Frage, wie sich die vergangenen Erweiterungen auf die Integrationsfähigkeit der EU ausgewirkt haben. Das Projekt läuft bis 2016. Neun Partnereinrichtungen sind an dem von der EU geförderten Verbund beteiligt. Neben Universitäten aus Budapest, Florenz, Istanbul, Leiden, London, Sofia und Zürich ist auch ein zivilgesellschaftliches Netzwerk aus dem Balkan beteiligt.

Zu den ersten Ergebnissen von MAXCAP zählt die Erkenntnis, dass die EU in den verschiedenen Erweiterungsrunden ihre Strategien geändert hat, um Beitrittsländer auf die Mitgliedschaft vorzubereiten. Zur Ost-Erweiterung hatte die EU umfassende sogenannte Vorbeitrittsprogramme geschaffen, um den oft schwierigen Strukturwandel bereits vor der Aufnahme zu unterstützen.

Die Aussicht auf den Beitritt war ein wichtiger Anreiz für die Kandidaten, politische und wirtschaftliche Reformen innenpolitisch umzusetzen, erläutert Julia Langbein, promovierte Politologin und wissenschaftliche Koordinatorin bei MAXCAP. Während der Süd-Erweiterung in den 1980er Jahren war dagegen erst nach dem Beitritt der Länder begonnen worden, deren Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, sagt die Wissenschaftlerin.

„Der neue Ansatz könnte ein Grund dafür sein, weshalb sich die neuen Mitgliedsstaaten aus Mittel- und Osteuropa besser als erwartet integriert haben“, sagt Börzel. Die Forschergruppe hat auch Probleme benannt. So ist die EU trotz Sanktionsklauseln offenbar machtlos, wenn Reformen bei neuen Mitgliedern wieder rückgängig gemacht werden.

So etwa in Ungarn, wo die Pressefreiheit nach dem EU-Beitritt stark eingeschränkt wurde. Dass der im Sommer noch designierte Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker für einen fünfjährigen „Aufnahmestopp“ plädiert hat, ändere aber nichts an der Anziehungskraft der EU auf andere Länder, sagt Tanja Börzel: „Als eine Region von Frieden, Freiheit und Wohlstand hat Europa trotz Krise international immer noch eine große Strahlkraft.“