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Sehr geehrter Regierender Bürgermeister!

11.02.2015

Peter-André Alt ist Präsident der Freien Universität Berlin.

Peter-André Alt ist Präsident der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Mit der Übernahme Ihres neuen Amtes tragen Sie auch politische Verantwortung für den wichtigsten Wissenschaftsstandort Deutschlands. Berlin ist eine Forschungsmetropole von internationaler Strahlkraft. Allein die Zahlen sind eindrucksvoll: Rund 50 Hochschulen, mehr als 60 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und mehr als 200 000 Menschen aus dem In- und Ausland studieren, lehren, forschen, und arbeiten, im Berliner Wissenschaftssystem.

Ein nennenswerter Teil der in der Hauptstadt gebündelten Wirtschaftskraft wird über dieses System generiert, sei es durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, sei es durch Konsum. Zusätzlich zu dem Budget, das der Senat für die Hochschulen bereitstellt – jährlich knapp 1,2 Milliarden Euro –, fließen erhebliche Summen in die Berliner Wissenschaft: Die Universitäten und die Charité warben 2013 insgesamt rund 540 Millionen Euro Drittmittel für ihre Forschungsvorhaben ein. Diese Fakten verdeutlichen die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Berlin. Dessen Ansehen ist in den vergangenen Jahren spürbar gewachsen. Zwei Exzellenzuniversitäten sorgen für zusätzliche Reputation.

Die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und anderen Forschungsinstitutionen hat sich intensiviert. Wissenschaftsnachwuchs aus dem In- und Ausland drängt nach Berlin. Zahlreiche erfolgreiche Start-ups sind als Ausgründungen der Hochschulen entstanden und schaffen neue Arbeitsplätze. Als Studienort erfreut sich Berlin ungebrochener Beliebtheit – nur ein kleiner Teil aller Bewerbungen kommt zum Zuge.

Was ist aus politischer Sicht erforderlich, damit der Erfolgskurs sich fortsetzen kann? Mehr Geld für das Wissenschaftssystem wäre eine zu einfache Antwort. Natürlich geht es auch darum – um auskömmliche Bau-Etats, konkurrenzfähige Professorengehälter, Investitionen in technische Infrastrukturen. Wir werden auf dieses Thema im Laufe der Jahre zwangsläufig zurückkommen.

Heute aber, als Auftakt für eine gute, wissenschaftspolitisch ertragreiche Phase, einige Vorschläge, die sich jenseits der rein finanziellen Ebene bewegen. Wir brauchen mehr Initiativen, die das Zusammenspiel von Wirtschaft und Wissenschaft stärken. Wir benötigen besser abgestimmte Entscheidungsprozesse, die Technologieentwicklung und Forschung stärker verzahnen. Notwendig ist ein Masterplan für die Digitalisierung in der Wissenschaft, von der Ressourcensicherung über die Infrastruktur bis zur Koordination auf übergreifender Ebene. Geboten sind beschleunigte Abläufe bei der Personalgewinnung – gerade im Bereich der Professuren. Wir müssen mehr tun, um die Spitzencluster der Forschung – ob in der Medizin, der Mathematik, der Physik oder der Biologie – sinnvoll mit industriebasierter Entwicklung zu verbinden.

Und wir benötigen mehr dezentrale Technologiezentren in Hochschulnähe, um die Kooperation mit forschungsrelevanten Ausgründungen effizienter als bisher gestalten zu können. Um diese Ziele gemeinsam erreichen zu können, ist ein kontinuierlicher Kommunikationsprozess zwischen allen Beteiligten erforderlich. Wir wünschen uns einen Regierenden Bürgermeister, der die Anliegen der Berliner Wissenschaft versteht und sie mit politischem Nachdruck – auch nach außen – vertritt. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen!

Der Autor ist Präsident der Freien Universität Berlin.