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Vereinigung möglich?

Am Institut für Koreastudien wird zu den beiden koreanischen Staaten geforscht

18.05.2015

Nord- und Südkorea befinden sich in einer Art Kaltem Krieg – so wie einst die DDR und die Bundesrepublik. Lange Zeit hielt niemand eine deutsche Vereinigung für wahrscheinlich, und dennoch ist sie 1990 vollzogen worden. Nun ist die Frage: Könnte Vergleichbares auch in Korea geschehen?

Mit dieser Frage beschäftigt sich Professorin Eun-Jeung Lee am Institut für Koreastudien der Freien Universität Berlin. In der Lehre vermittelt sie Bachelor- und Masterstudierenden die Kulturund Ideengeschichte beider Staaten vom 6. Jahrhundert bis heute. Aber Forschungsprojekte zur deutschen Einheit liegen ihr ebenso am Herzen: Die in Deutschland promovierte und habilitierte Leiterin des Instituts untersucht hierbei gemeinsam mit ihrem Forschungsteam die Strukturen der deutschen Vereinigung, um daraus Rückschlüsse für ihr Heimatland ziehen zu können. Deutschland sei das einzige Land, das als Vergleichsmodell für Korea infrage komme, sagt die Wissenschaftlerin. Außerdem handle es sichum eine Erfolgsgeschichte. „Im Rahmen des Projekts habe ich eine große Bewunderung entwickelt für das deutsche Beamtentum“, sagt die Wissenschaftlerin. „Die Vereinigung war ein Meisterstück. Sie ist auch auf kleinster Ebene vollzogenworden. Papiere, Formulare, Geldwechsel – all das musste neu organisiert werden. Und das in kürzester Zeit.“

Aber nicht nur dieses Themenfeld untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an dem Institut, das 2005 an der Freien Universität gegründet wurde und seither kontinuierlich wächst. Zu den Forschungsinteressen von Juniorprofessor Hannes Mosler, der an der Seoul National University promoviert wurde, gehören Entwicklungen in der Erinnerungskultur, Wandel im politischen System und kulturelle Übersetzungen von rechtlichen Normen in Südkorea. So spielte zum Beispiel beim jüngsten Parteiverbot des südkoreanischen Verfassungsgerichts die aus dem deutschen Grundgesetz bekannte „freiheitliche demokratische Grundordnung“ eine prominente Rolle.

„Ich habe eine Bewunderung für das deutsche Beamtentum entwickelt“

„Es ist faszinierend zu sehen, wie Begriffe und Konzepte aus anderen Kontexten kooptiert werden, manchmal für gänzlich andere und manchmal wiederum für fast identische Zwecke“, sagt der  Wissenschaftler. In seiner Lehre geht es um politische Fragen des modernen Koreas, die regionale Perspektive auf die koreanische Halbinsel und  sozialwissenschaftliche Methoden zur Koreaforschung.

Vom Enthusiasmus und dem breiten Forschungsspektrum der beiden Professoren profitieren auch die Studierenden. Sie erhalten nicht nur eine sprachliche und sozialwissenschaftliche Ausbildung, sondern werden auch für die gesellschaftlichen Konflikte der Gegenwart sensibilisiert.

„Wir legen großen Wert darauf, dass die Studierenden lernen, sich in interkulturellen Räumen souverän zu bewegen“, betont Professorin Eun-Jeung Lee und ergänzt: „Dazu gehört nicht nur eine ordentliche Sprachausbildung, sondern auch fundiertes Fachwissen mit den entsprechenden Anwendungsfähigkeiten.“