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Originale archivieren und dauerhaft sichern

Im Universitätsarchiv der Freien Universität lagern bisher unveröffentlichte Fotografien, die die Ereignisse rund um den Besuch des persischen Schahs von 1967 dokumentieren. Jetzt werden sie restauriert

23.02.2022

Mit der Pinzette am Werk. Fotorestauratorin Stefanie Pfeifer. Ziel ist es, die Aufnahmen zu digitalisieren, um sie Interessierten zugänglich zu machen.

Mit der Pinzette am Werk. Fotorestauratorin Stefanie Pfeifer. Ziel ist es, die Aufnahmen zu digitalisieren, um sie Interessierten zugänglich zu machen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Es ist der 2. Juni 1967. Vor dem Schöneberger Rathaus in West-Berlin warten knapp 2000 Menschen auf die Ankunft von Schah Mohammad Reza Pahlavi, der gemeinsam mit seiner Frau Farah auf Staatsbesuch ist und sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen will. Zwischen den vielen schaulustigen Berlinerinnen und Berlinern, die gekommen sind, um einen Blick auf das Schah-Ehepaar zuwerfen, stehen auch Hunderte Studentinnen und Studenten, die mit lautstarken Rufen und auf Transparenten zum Ausdruck bringen, was sie von dem persischen Herrscher halten: „Mörder!“ oder „Welcome Mr. Dictator“ ist dort zu lesen.

Ebenfalls in der Menge stehen etwa 150 sogenannte Jubelperser – Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes und von diesem angeworbene Landsleute, die den Besuch des Schahs lautstark feiern. Als der Schah und seine Frau im Rathaus verschwunden sind, prügeln die „Jubelperser“ plötzlich mit Holzlatten und Stahlruten auf die Gegendemonstranten ein – unter den Augen der Berliner Polizei.

Bei einer weiteren Anti-Schah-Demonstration am Abend kommt es in Charlottenburg vor der Deutschen Oper zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstrierenden, die im gewaltvollen Tod Benno Ohnesorgs gipfeln: Der 26-jährige unbewaffnete Student der Freien Universität wird vom Polizisten Karl-Heinz Kurras aus nächster Nähe erschossen.

Die Restaurierung der Fotos erfordert viel Geduld und Präzision.

Die Restaurierung der Fotos erfordert viel Geduld und Präzision.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Der 2. Juni 1967 wird zum Symboldatum der Studentenbewegung. Fotografisch festgehalten sind die Ereignisse vor dem Schöneberger Rathaus und in Charlottenburg unter anderem auf 137 bisher unveröffentlichten Abzügen, die im Universitätsarchiv der Freien Universität lagern. Doch wie gelangten sie dorthin?

„2004 haben wir das APO-Archiv – das Archiv Außerparlamentarische Opposition und soziale Bewegungen – übernommen“, erklärt Birgit Rehse, Leiterin des Universitätsarchivs. Darin sei auch ein großer Bestand des damaligen „Allgemeinen Studentenausschusses“, des AStA, enthalten gewesen. „Der AStA der Freien Universität leitete zeitnah einen Untersuchungsausschuss zu den Ereignissen des 2. Juni1967ein, mit Zeugenaussagen und Fotografien, die diese belegten“, sagt Birgit Rehse.

54 Jahre später werden die Fotografien nun restauriert – eine teure und zeitintensive Arbeit. Ein Wasserschaden hat unter anderem zu starkem Schimmelbefall auf den Bildern geführt. 57 der 137 Bilder sind so massiv betroffen, dass sie gesundheitsgefährdend und daher nicht einsehbar sind.

Mindestens 150 Arbeitsstunden wird die vom Universitätsarchiv beauftragte Fotorestauratorin Stefanie Pfeifer benötigen, um die Bilder in einen Zustand zu versetzen, der es erlaubt, sie zu digitalisieren: Schimmelsporen müssen abgenommen, Klebstoff- und Faserrückstände entfernt, Risse und Knicke stabilisiert, Fehlstellen mit Japanpapier hinterlegt werden. Außerdem müssen die Objekte in passgenauen Einschlägen aus säurefreier Archivkartonage neu verpackt werden, damit Interessierte die Fotos betrachten können, ohne sie aus ihrer stabilisierenden Hülle zu entnehmen.

Digitalisiert werden sollen die Bilder, um sie der Forschung und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies ist jedoch nur ein Grund für die Restaurierung. „Es ist vielmehr auch ein ideelles Anliegen“, betont Birgit Rehse. „Archivieren bedeutet, auf Dauer zu sichern. Es ist unser Credo, Originale so lange wie möglich zu erhalten und zu verwahren, dazu gehört eben auch, uns um eine Schutzdigitalisierung zu kümmern, die den Inhalt der Archivalien in neuem Format bewahrt und zugleich Interessierten einen Zugang ermöglicht.“


Weitere Informationen

Der Text ist zuerst im „WIR-Magazin“ der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien niversität Berlin e.V. erschienen.

Das Archiv der Freien Universität Berlin steht Interessierten bei Anfragen zu Überlieferungen der Hochschule zur Verfügung. Weitere Infos und Ansprechpersonen: www.fu-berlin.de/uniarchiv